Werbe-Profi Turner: Persönliche Begegnung ist stärkste Form der Kommunikation

Sebastian Turner, einer der bekanntesten Werbeprofis Deutschlands, hält mit seiner Kritik an der Öffentlichkeitswirksamkeit von Kirche und Christen selten hinterm Berg. Das war auch am Montag auf einer Veranstaltung der Bertelsmann Stiftung und der EKD in Berlin so. Wir haben Sebastian Turner gefragt, wie die Christen seiner Ansicht nach ihre Botschaft besser vermitteln sollten.
Von PRO

Auf der Tagung, die gemeinsam von der Bertelsmann Stiftung und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), veranstaltet wurde, debattierten am Montag in Berlin bekannte Medienschaffende über den Einfluss von Kirche und die Präsenz von Christen in der Öffentlichkeit. Neben Sebastian Turner, Partner der Werbeagentur „Scholz & Friends“ in Berlin, attestierte auch der Chefredakteur des Politikmagazins „Cicero“, Wolfram Weimer, den Kirchen einen enormen Aufholbedarf, was die Verbreitung der christlichen Botschaft und die Präsenz in den Medien betrifft. Zwar fragten die Menschen wieder vermehrt nach dem Glauben, doch werde die Kirche nur unzureichend überhaupt wahrgenommen, so Weimer.

Sebastian Turner forderte die Teilnehmer der Tagung auf, sich verstärkt in so genannten Social Communities zu engagieren. Dort seien die jungen Menschen präsent, dort müsse auch Kirche und Glauben vorkommen.

Sebastian Turner im pro-Interview

Wir haben den Werbe-Profi gefragt, wie Kirche ihre Botschaft besser vermitteln kann – und welche Defizite Christen bei der Verbreitung des Glaubens in der Öffentlichkeit haben. Die Fragen an Sebastian Turner stellte Wolfgang Baake, der an der Tagung ebenfalls teilgenommen hat.

pro: Herr Professor Turner, was sind Ihrer Ansicht nach die größten Herausforderungen für die Kirche im 21. Jahrhundert?

Sebastian Turner: Die Frage ist jedenfalls schon einmal nicht zu klein. Hier in Deutschland ist es vermutlich der schleichende Bedeutungsverlust.

pro: Wie wird Ihrer Meinung nach die Kirche mit ihren unterschiedlichen Aktivitäten heute von der Mehrheit der Menschen wahrgenommen?

Turner: Der Religionsmonitor, den die Bertelsmann Stiftung erarbeitet und vorgestellt hat, zeigt, dass es hierauf nicht die eine Antwort gibt. Je nach Grundeinstellung sind die Aktivitäten der Kirche willkommen, Folklore oder irrelevant.

pro: Was muss die Kirche ändern, um auch in Zukunft gesellschaftsrelevant zu sein?

Turner: Sie muss ihre Stärken besser ausspielen. Dafür gehört für mich nicht nur der abstrakte gesellschaftliche Diskurs, sondern noch mehr die alltägliche menschliche Hilfe.

pro: In welchen Bereichen muss die Kirche stärker vertreten sein?

Turner: Im Osten und bei den Jungen sind die größten Chancen.

pro: Als Leiter der Kommunikationsagentur „Scholz & Friends“ sind Sie einer der bekanntesten und profiliertesten Werbeprofis in Deutschland. Wie kann Kirche die Mittel der Werbung für ihre Botschaft nutzen? Tut sie das bislang ausreichend?

Turner: Die Kirche hat geworben, lange bevor das Wort Werbung gebräuchlich war. Die stärkste Form der Kommunikation, die persönliche Begegnung, das Erlebnis, kann von der Kirche einfacher und besser genutzt werden, als von den meisten anderen Institutionen. Ganz grundsätzlich gilt für den Kommunikationsstil, dass der Wurm dem Fisch und nicht dem Angler schmecken muss. Da tut sich die Kirche naturgemäß schwer – auch weil sie sich nicht anbiedern will und darf.

pro: In einem Interview haben Sie einmal den Reformator Martin Luther als „einen der größten Kommunikationsrevolutionäre“ bezeichnet. Was können Christen fast 500 Jahre nach Luther von dem Reformator lernen?

Turner: Er hat von modernster verfügbarer Kommunikationstechnik Gebrauch gemacht – dem Druck mit beweglichen Lettern – und hat – wenn die Formulierung richtig überliefert ist – dem Volk aufs Maul geschaut. Darum geht es: Alle sinnvollen Möglichkeiten menschennah nutzen.

pro: Vielen Dank!

Zur Person: Sebastian Turner, 1966 geboren, ist Partner der Scholz & Friends Gruppe und Aufsichtsrat der Scholz & Friends Holding Commarco. Seit 1990 ist er für die Agentur tätig, war zunächst Geschäftsführender Gesellschafter der Büros in Dresden und Berlin. Von 2001 bis 2008 war er gemeinsam mit Thomas Heilmann Vorstandsvorsitzender der Agenturgruppe. Seit April 2008 ist er Aufsichtsratsmitglied. Turner ist seit 1998 im Vorstand des Art Directors Club für Deutschland (ADC), von 2000 bis 2004 war er Vorstandssprecher. Er lehrt als Honorarprofessor an der Universität der Künste in Berlin und gehört dem Präsidium des Evangelischen Kirchentages an. (PRO)

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