Werbe-Expertin Eva Jung: „Weihnachten ist jeden Tag aktuell“
"Natürlich wird Weihnachten nicht unterm Baum entschieden". Auch die Werbe-Expertin Eva Jung ist über die großangelegte Werbekampagne der Kette "Media Markt" nicht begeistert. Doch sie sieht eher die Kirchen in der Pflicht, Weihnachten wieder "zu ihrem Fest" zu machen. Von einem Boykott gegen "Media Markt" hält Jung nichts.
Von PRO
Foto: gobasil
"Weihnachten wird unterm Baum entschieden." So lautet der aktuelle Werbeslogan der Elektrofachmarkt-Kette "Media Markt" für ihr Weihnachtsgeschäft. Im Fernsehspot jubeln Menschen über Elektronikartikel. Die Werbung suggeriert, dass es bei Weihnachten ausschließlich auf das richtige Geschenk ankomme.
Mehrere Christen haben gegen die Kampagne protestiert, weil sie den Konsum in den Mittelpunkt des Weihnachtsfestes rücke und den eigentlichen Anlass, die Geburt Jesu Christi, ignoriere. Auf Facebook hat die katholische Pastoralassistentin Melanie Zink eine Veranstaltung gestellt: "Weihnachten wird in der Krippe entschieden". Termin ist der 24.12.2011, Ort: "überall!!!". Über 35.000 Nutzer unterstützen die Aktion bereits. Andere veröffentlichen Videos, schreiben Texte über den Werbeslogan und betonen, dass Weihnachten wegen der Geburt Jesu gefeiert werde und nicht wegen der Geschenke. Der Diözesanvorsitzende des Familienbundes der Katholiken, Stephan Schwär, rief sogar zu einem Boykott der Einzelhandelskette auf.
"Boykottaufrufe sind der falsche Ansatz"
Die mehrfach ausgezeichnete Kommunikationsdesignerin Eva Jung, die bereits in verschiedenen Werbeagenturen gearbeitet hat, selbst welche gründete und leitete und derzeit Geschäftsführerin der Hamburger Agentur "gobasil" ist, schließt sich als gläubige Christin der Abneigung gegen den Slogan von "Media Markt" grundsätzlich an. "Natürlich wird Weihnachten nicht unterm Baum entschieden", schreibt sie in ihrem Weblog "Paulsenplatz 11". "Weil wir an diesem Fest nicht den heiligen Tannenbaum feiern, weil dieses Ereignis, das wir mit Weihnachten feiern, alles andere als die Verherrlichung des Konsums im Mittelpunkt hat."
Doch sie merkt an, dass die Werbung im Grunde den wunden Punkt treffe: Sie sage immerhin klar, "wo der Hase im Pfeffer liegt – oder vielmehr der Weihnachtsmann im Kamin stecken bleibt. Sie befördert ungeschminkt ans Tageslicht, was in so manchen Wohnzimmern in diesen Tagen los ist oder vielmehr sein wird". Sie fügt hinzu, andere Firmen setzten mit ihrer Werbung am Ende genauso auf den "allgegenwärtigen Geschenkewahn". Doch gegen die werde nicht protestiert.
Die Werbefrau, die unter anderem auf ihrer Webseite www.godnews.de christliche Grußkarten anbietet, sagte am Freitag in einem Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) zum Facebook-Aufruf: "Natürlich kann man das Internet nutzen, um sein Veto dagegen einzulegen. Aber offen gestanden, finde ich das Ganze eher peinlich." Sie gibt zu Bedenken: "Die Werbung von solchen Konzernen war immer schon etwas, woran man sich reiben konnte. Ich frage mich eher, warum die Kirche nicht stärker ihre eigene Botschaft in den Vordergrund stellt." Sie könne sich "ganz selbstbewusst hinstellen und sagen: Das ist unser Fest!" Warum sie gegen ein Boykott gegen "Media Markt" ist, schreibt sie auch in ihrem Weblog: "Diese Antihaltung kennt man ja von uns Christen. Immer schön die anderen auf ihren Splitter im Auge aufmerksam machen."
Sie selbst stellte bereits vor vier Jahren die Seite www.menschjesus.de ins Netz. Sie erzählt dort in 50 Motiven Geschichten, die hinter der Person Jesus stecken. Wenn sie eine Kampagne für eine der beiden großen Kirchen machen würde, dann würde sie es wahrscheinlich mit dem Motto angehen "Wir verlegen Weihnachten und fangen nochmal bei Null an!" Jung: "Es gäbe viele Möglichkeiten, unsere Gesellschaft wieder auf die richtige Spur von Weihnachten zu setzen. Meines Erachtens sind Boykottaufrufe allerdings der falsche Ansatz." Jung betreut inzwischen mehrere Projekte der evangelischen Kirche. Ihre für die Deutsche Bibelgesellschaft konzipierte "Basisbibel" gewann beim weltweit wichtigsten Festival für Kommunikation in Cannes in diesem Jahr einen "Goldenen Löwen".
"Weihnachten ist jeden Tag aktuell"
Jung bezeichnet sich selbst als "Weihnachtsmuffel". Als Gründe dafür nennt sie etwa "Übersättigung an Kitschigem, überschwängliche Gefühlsduselei, die ungehemmte Konsumgeilheit, die stressigen Materialschlachten und den alljährlichen Geschenkezwang". Auch sie kritisiert, dass dieses Fest mittlerweile sehr weit entfernt von dem sei, was es einmal aussagen sollte, nämlich dass da jemand seine "herrschaftliche Gottessohn-Stellung" aufgab, um "hier auf der Erde als echter, verletzlicher Mensch aufzutauchen, um zu zeigen, dass wahre Freundschaft, Treue, Vertrauen, Verlässlichkeit, Nähe, Geborgenheit um Gottes Willen möglich ist". In einer animierten Grußkarte auf ihrer Webseite heißt es: "Der ganze Weihnachtsaufwand nur wegen dieses Christkindes? Nein. Alles für Dich!"
Zum Motto der Kritiker, "Weihnachten wird in der Krippe entschieden", sagt Jung: "Weihnachten wurde sicher nicht vor 2011 Jahren entschieden. Weihnachten ist nicht dieses ewiggestrige Ereignis, als das es auch die Kirchen gern immer wieder zelebrieren. Weihnachten ist jedes Jahr (noch besser: jeden Tag!) topaktuell. Wenn wir uns schon an das erinnern, was damals geschah, sollten wir es auf dem realen Boden der heutigen Wirklichkeit tun. An Weihnachten wird die Hoffnung geboren – Weihnachten wurde ein Licht angezündet, das Ausblick gibt auf ein besseres Morgen und nicht auf ein beschauliches Gestern. Wenn Weihnachten irgendwo entschieden wird, dann in unseren Herzen. Heute." (pro)
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