Weltweit gibt es derzeit jährlich 1,5 Millionen Behandlungen zur künstlichen Reproduktion. Zwei von 100 Kindern in Deutschland werden assistiert gezeugt. Mit diesen Zahlen eröffnete der Mediziner Georg Griesinger die Jahrestagung des Deutschen Ethikrates in Berlin. Die moderne Fortpflanzungsmedizin bietet neue Möglichkeiten zur Familiengründung – auch für Alleinstehende oder homosexuelle Paare, stellte Christiane Woopen, die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, fest. Dieses „Mittel zur Verwirklichung des individuellen Lebensentwurfs“ leiste zugleich einen Beitrag dazu, die traditionelle Familie in Frage zu stellen. „Das verändert die Gesellschaft“, erklärte Woopen.
Der katholische Theologe Eberhard Schockenhoff, Mitglied des Deutschen Ethikrates, sprach von „Umbruchtendenzen“ in Familienfragen. Dennoch könne keine Rede vom „Auslaufmodell“ Familie sein. Nach wie vor gingen zwei Drittel aller Deutschen eine Ehe ein. Es seien keine alternativen Lebensformen in Sicht, die die Familie als Ort unbedingter Verlässlichkeit für das Aufwachsen von Kindern auf Dauer ersetzen könne. „Die Familie stellt das einzige soziale System dar, in dem die Mitglieder nicht aufgrund bestimmter Fertigkeiten, sondern aufgrund der Person Anerkennung finden“, sagte Schockenhoff. Eine Gesellschaft, die nicht mehr bereit sei, die Familie zu fördern, schwäche sich selbst.