Wenn Pfarrerskinder sich treffen…

Erwachsene Pfarrerskinder haben in Berlin über ihre Jugend und den Einfluss des Protestantismus auf die Gesellschaft gesprochen. Die einen prophezeiten das Ende der Prägekraft des Pfarrhauses, die anderen glauben an den Einfluss der Kirchen auch auf Jüngere.

Von PRO

Christoph Markschies, der Vorsitzende der Kammer für Theologie der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), ist sich sicher: Der Einfluss des Protestantismus wird besonders dann sichtbar, wenn in der Politik über ethische Fragen wie die der Reproduktionsmedizin gesprochen wird. Das sagte er am Donnerstag im Rahmen der Luther-Konferenz der Internationalen Martin Luther Stiftung in Berlin. Nun überrascht es nicht, wenn ein Kirchenfunktionär derlei feststellt. Spannender war es da, dass die Stiftung ein Podium zum Thema „Mythos Pfarrhaus. Die Wirkung des Protestantismus auf Gesellschaft und Wirtschaft“ zusammengestellt hatte, das gänzlich aus ehemaligen Pfarrerskindern bestand.

„Bio-Gütesiegel Pfarrhaus“

Der Schauspieler Franz Dinda erinnerte sich an seine Jugend: „Der Pfarrerssohn hatte anständig zu sein.“ Im Laufe der Zeit habe er gelernt, seine Kindheit kritisch zu hinterfragen. „Kirche und Schauspiel sind nicht unbedingt weit auseinander“, sagte er und verwies auf extralange Tischgebete der Mutter, wenn hochrangiger Besuch zu Gast war. Dennoch sei der christliche Hintergrund einer Person bis heute eine „Art Bio-Gütesiegel“, besonders in der Politik. Und das, obwohl seiner Meinung nach der Umstand, dass jemand aus gläubigem Hause komme, keine Rückschlüsse auf den Wahrheitsgehalt seiner Aussagen zulasse.

Die Journalistin Christine Eichel, die bereits ein Buch über das Phänomen Pfarrerskind geschrieben hat, erklärte den derzeitigen Erfolg von Politikern mit christlichem Hintergrund wie Angela Merkel oder Joachim Gauck mit dem Wunsch der Bürger nach Aufrichtigkeit. Die Menschen sähen im Politiker eine Art „stellvertretenden Pfarrer“, das habe die Debatte um den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff gezeigt oder jene um Peer Steinbrücks Aussage, er trinke keinen Wein unter fünf Euro. Man wünsche sich einen aufrichtigen und bescheidenen Volksvertreter. Nicht zufällig seien als Nachfolger Wulffs vor allem Politiker mit kirchlichem Hintergrund gehandelt worden: Neben Gauck etwa Wolfgang Huber oder Katrin Göring-Eckardt. Gerade in Krisenzeiten wie der jetzigen klagten die Deutschen bei ihren Vertretern Demut ein. So erklärte Eichel die breite Berichterstattung um Limburgs Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst.

Protestanten besser als Katholiken?

Die katholische Kirche neige zum „Gepränge“, stellte der Journalist Christoph Diekmann fest. Für schwer denkbar hält er es, dass Skandale wie in Limburg auch im evangelischen Kontext passierten. Auch den Einfluss des Protestantismus auf das Ende der DDR schätzte er positiv ein. Zwar wäre die Wende auch ohne Pfarrhäuser möglich gewesen. „Aber es wäre manches vielleicht nicht so friedlich abgelaufen.“ Christoph Matschie, SPD-Kultusminister des Freistaates Thüringen, stimmte zu: Die Demonstrationen hätten ihren Anfang in den Pfarrhäusern genommen. „Es macht einen Unterschied, ob man wutentbrannt mit einem Knüppel in der Hand losläuft oder mit einer Kerze. Damals waren es eben Kerzen.“

Der Schauspieler Dinda prophezeite das langfristige Ende der Vertrauensinstitution Pfarrer. Die Evangelische Kirche spare sich zu Tode, der Pfarrer vor Ort kenne die Menschen nicht mehr, weil er zu viele Gemeinden betreuen müsse. Die Journalistin Eichel hingegen glaubt fest daran, dass sich die Identifikation junger Menschen mit Kirche und Pfarrhaus auch langfristig nicht verliert. „Die Integrationskraft ist noch da.“ Auch heute läuteten 20-Jährige noch die Glocken oder spielten Orgel im Gottesdienst.

Luther-Rose an Peter Gauweiler

Im Rahmen der Luther-Konferenz vergab die Internationale Martin Luther Stiftung zum wiederholten Male die sogenannte Luther-Rose. Die Auszeichnung ging in diesem Jahr an den CSU-Politiker Peter Gauweiler. Die Stiftung würdigt damit dessen „Unternehmercourage“ und sein Handeln in der „reformatorischen Tradition von Freiheit und Verantwortung“. (pro)

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