Wenn Atheisten Missionare sind

Atheisten betreiben eine Art Mission, „wenn auch in umgekehrter Richtung“. Diese Meinung vertritt der deutsche Publizist Henryk M. Broder. In einem Kommentar für Die Welt wundert sich Broder darüber, dass der Leiter der „Giordano-Bruno-Stiftung“ und bekennende Atheist Michael Schmidt-Salomon in einem Interview ein Verbot des Zentralrates der Juden in Deutschland als unnötig erachtet.
Von PRO
Das Online-Magazin „Telepolis“ hatte in der vergangenen Woche den Philosophen Michael Schmidt-Salomon interviewt und ihn unter anderem gefragt: „Mehrere islamische Organisationen in Deutschland wurden verboten, weil sie zur Unterstützung von Gewalt aufriefen. Müsste so ein Verbot nicht auch für andere Organisationen, etwa für den Zentralrat der Juden in Deutschland, gelten, der doch öffentlich die Unterstützung für Rassismus und gezielte Tötungen in Israel fordert?“ Der Atheist antwortete: „Ich bin zwar mit manchen Verlautbarungen des Zentralrats der Juden ganz und gar nicht einverstanden und denke auch, dass er die liberalen und säkularen Juden in Deutschland nur höchst unzureichend vertritt, sehe aber beim besten Willen keinen vernünftigen Grund dafür, den Zentralrat zu verbieten …“.

Broder, der seit etwa zwei Jahren in der Tageszeitung Die Welt kommentiert, schrieb am Samstag unter der Überschrift „Wir brauchen einen Zentralrat der Atheisten!“, schon allein die Frage von „Telepolis“ sei „dumm“. Doch die Antwort des Religionskritikers Schmidt-Salomon sei ebenso unbefriedigend. Anstatt klarzustellen, dass man islamische Organisationen, die zur Unterstützung von Gewalt aufrufen, nicht mit dem Zentralrat der Juden vergleichen könne, sei er „voll in die Falle“ getappt. Der Leiter der Giordano-Bruno-Stiftung „zur Förderung des evolutionären Humanismus“ und „führender atheistischer Vordenker der Bundesrepublik“ schwinge sich zum Fürsprecher der liberalen und säkularen Juden auf, die offenbar nicht in der Lage seien, für sich selbst zu sprechen, „obwohl es neben dem Zentralrat auch andere ‚Dachverbände‘ gibt, z. B. die Union progressiver Juden in Deutschland“.

Der Welt-Kommentator schreibt weiter: „Wer sich heute zum Atheismus bekennt, riskiert allenfalls eine Einladung zum Evangelischen Kirchentag, Seite an Seite mit Margot Käßmann. Und der Atheismus selbst ist eine Glaubensgemeinschaft geworden, deren Angehörige nicht Ostern, sondern das ‚Hasenfest‘ feiern, indem sie dazu aufrufen, am Gründonnerstag ‚den Kirchen öffentlich den Rücken zu kehren‘. Soll heißen: auszutreten. Sie betreiben eine Art Mission, wenn auch in umgekehrter Richtung.“

Offenbar sei für Schmidt-Salomon „und seine Freunde“ die Freiheit von der Religion wichtiger als die Religionsfreiheit. „Das ist legitim, aber auch nicht besser als die Überzeugung, dass man an irgendetwas glauben sollte: Die globale Klimakatastrophe, die Einheit Europas, dass es einen Gott gibt oder dass es keinen Gott gibt. Mag sein, dass diese Austauschbarkeit der Kern des ‚evolutionären Humanismus‘ ist. Ich kann darin keinen Fortschritt erkennen. Beim besten Willen nicht.“ (pro)
http://www.welt.de/kultur/article116068163/Wir-brauchen-einen-Zentralrat-der-Atheisten.html
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