Wenn Atheisten dem Glauben den Kampf ansagen

H a m b u r g (PRO) - Immer mehr erklärte Atheisten sagen insbesondere dem Christentum den Kampf an. Das Hamburger Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtet in seiner aktuellen Ausgabe über die Bestseller von Richard Dawkins – "ein glühender Anhänger der Evolutionstheorie" – und sein Ziel: den Menschen den Glauben auszutreiben. Sein neuestes Buch trägt den Titel "The God Delusion" – "Die Wahnvorstellung von Gott".
Von PRO

„In dem Christenstaat USA bilden Atheisten inzwischen eine geächtete Minderheit. Doch nun wehren sich Evolutionsbiologen und wollen den Menschen den Glauben austreiben. Ihre These: Religionen sind das eigentliche Übel unserer Zeit“, so „Spiegel“-Autor Jörg Blech. Er zitiert aus einem Vortrag Dawkins, in einer Kirche, in der Buchautoren regelmäßig Lesungen halten. Der Zoologe von der Oxford University sagt: „Der Gott aus dem Alten Testament ist ein frauenfeindlicher, homophober, rassistischer, völkermordender, sadomasochistischer, unberechenbar bösartiger Tyrann.“ Weiter heißt es: „Mit der Beflissenheit eines Naturwissenschaftlers legt Dawkins dar, warum es ‚fast sicher keinen Gott geben kann‘, und fordert eine Abkehr vom Glauben: ‚Sie können ein Atheist sein, der glücklich, ausgeglichen, sittlich und geistig ausgefüllt ist.'“

„Kampfschrift wider den Glauben“

Richard Dawkins ist Autor des Buches „The God Delusion“, zu deutsch: „Die Wahnvorstellung von Gott“. Laut „Spiegel“ landete das Werk auf Anhieb in den Bestsellerlisten in Großbritannien, Kanada und den USA. Dawkins‘ „Kampfschrift wider den Glauben“ treffe einen Nerv: „Sie erscheint in einer Zeit, in der sich die Weltreligionen feindselig gegenüberstehen.“ Zudem gebe es in den USA für den Professor „zu missionieren wie in keinem zweiten Land der westlichen Welt. Einer aktuellen Umfrage der Zeitschrift ‚Newsweek‘ zufolge glauben 92 Prozent der US-Amerikaner an einen Gott. Zugleich ist die Präsidentschaft George W. Bushs die ‚erste glaubensorientierte Regierung in der amerikanischen Geschichte‘, wie es der Historiker Arthur Schlesinger ausgedrückt hat.“

Mit seiner „Kampfschrift wider den Glauben“ ist Dawkins nicht allein. Auch andere erklärte Atheisten, die sich als geächtete Minderheit sehen, ziehen gegen den Glauben zu Felde. Einer davon ist laut „Spiegel“ der Autor Sam Harris. Dessen Buch „The End of Faith“ („Das Ende des Glaubens“) sei ebenfalls ein Bestseller in den USA. „Im soeben erschienenen Nachfolgebuch (Titel: „Brief an eine Christliche Nation“), das ebenfalls in den US-Bestsellerlisten geführt wird, stichelt Harris weiter. Organisierte Religionen vergleicht er mit Vergewaltigungen. Wenn es in seiner Macht läge, die Welt von einem dieser zwei Dinge zu befreien, erklärt Harris, dann ‚zögerte ich nicht, die Religion abzuschaffen'“.

Überflüssige Religion?

Denn, so die Glaubensgegner, die Religion sei für die Menschheit schlicht überflüssig. „Spiegel“-Autor Blech schreibt: „Die beiden Darwinisten belassen es nicht dabei, Gott die Existenzgrundlage abzusprechen. Sie geißeln auch den ‚Glauben an den Glauben‘, wie ihn so viele Menschen hegen: Selbst wenn es gar keinen Gott gebe, so die verbreitete Überzeugung, sei die Religion nützlich, weil sie den Menschen moralische Werte aufzeige. Genau dieses Argument knöpft sich Dawkins in seinem neuen Buch vor. Er hält es nicht nur deshalb für abwegig, weil im Namen der Religion so viel Blut geflossen ist. Dem Zoologen zufolge sind es die Gesetze des Darwinismus selbst, die erklären, warum sich die meisten Menschen durchaus moralisch verhalten. Im Tierreich fänden sich viele Beispiele für Selbstlosigkeit (‚Altruismus‘).“

Zudem seien „mit religiösem Gedankengut infizierte Menschen“ mit rationalen Argumenten kaum mehr zu erreichen und würden keine Selbstzweifel mehr kennen. US-Präsident George W. Bush und den Terrorchef Osama Bin Laden stecken die Atheisten dabei in eine Schublade: „beide auf der Seite des Glaubens und der Gewalt; beide gegen die Seite der Vernunft und des Diskurses“.

„Seine Wanderpredigt kommt an“

Der Feldzug der Atheisten und Darwinisten treibe den Kulturkampf weiter an, der in den USA heftiger denn je zwischen Ratio und Religion tobe. „Die Anschläge vom 11. September haben die Gewichte zugunsten der christlichen Fundamentalisten verschoben“, so der „Spiegel“. Gerade einmal 37 Prozent der US-Bürger könnten sich laut der „Newsweek“-Umfrage vorstellen, einen nichtgläubigen Kandidaten ins Präsidentenamt zu wählen.

Laut der Soziologin Penny Edgell von der University of Minnesota in Minneapolis sähen weite Teile der amerikanischen Öffentlichkeit „Atheisten als Bedrohung der amerikanischen Lebensart“. So seien bekennende Nichtgläubige in den USA kaum zu finden: 300 Millionen Menschen leben in dem Land, ganze 2.500 von ihnen zählten zum Verbund der „American Atheists“. Der „Spiegel“-Autor schließt: „Doch Richard Dawkins hofft, diesen Kreis deutlich zu vergrößern. Und tatsächlich: Seine Wanderpredigt kommt beim Publikum gut an.“

„Zehn Gebote sind trivial, vereinfachend, reaktionär“

Einen ähnlichen Tenor hatte ein kürzlich in dem Magazin „Zeit Wissen“ (Ausgabe 5/2006) erschienener Beitrag des ebenfalls erklärten Atheisten Michael Schmidt-Salomon. „Denn sie wissen nicht, was sie tun“, lautete die Überschrift. Die Kernaussage: „Politiker berufen sich auf ‚christliche Werte‘ und besonders auf die Zehn Gebote. Hört man ihnen zu, so muss man zu dem Schluss kommen, dass sie die christlichen Urtexte nicht wirklich gelesen haben… (Denn) die Zehn Gebote erweisen sich bei genauerer Betrachtung, selbst wenn man vom historischen Wortlaut absieht und nur ihren ‚Geist‘ betrachtet, keineswegs als besonderer Höhepunkt der menschlichen Kulturentwicklung. Sie lassen sich aus heutiger Perspektive vielmehr mit drei wenig schmeichelhaften Begriffen charakterisieren, nämlich als trivial, unzulässig vereinfachend sowie offen reaktionär.“

Weiter schreibt der Philosoph Schmidt-Salomon, der im Vorstand der humanistischen Giordano-Bruno-Stiftung engagiert ist, dass die „heiligen Texte“ des Christentums mit Humanität, mit der Gewährung von Menschenrechten, Demokratie und Meinungsfreiheit wenig zu tun hätten. „Sie stehen weit unter dem ethischen Mindeststandard jeder halbwegs zivilisierten Gesellschaft. Dies gilt nicht nur für die in diesen Texten enthaltenen Gebote, sondern auch für das dort angeblich dokumentierte Verhalten der obersten moralischen Autorität.“

Schmidt-Salomon ist zudem einer der Initiatoren der Aktion „Religionsfreie Zone: Heidenspaß statt Höllenqual“. Die Gruppe rief anlässlich des katholischen Weltjugendtages im August 2005 in Köln zu einer Gegenveranstaltung auf und initiierte etwa eine „Enttaufungszeremonie“ und eine „Kirchenaustrittsparty“.

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