Wenig Ökumene im Internet

Evangelikale Christen sind im Internet stärker vertreten als der liberale Protestantismus. Davon ist Christiane Florin, Redaktionsleiterin der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt", überzeugt. Ihrer Ansicht nach verstärkt das Internet die Tendenz der Abgrenzung der Konfessionen untereinander. Im Deutschlandradio diskutierten christliche Medienmacher über die Zukunft christlicher Publizistik.
Von PRO

Neben der "Christ & Welt"-Redaktionsleiterin waren Arnd Brummer, Chefredakteur des evangelischen Magazins "Chrismon" und Wolfgang Kessler, Chefredakteur von "Publik-Forum" in der Sendung "Tag Für Tag. Aus Religion und Gesellschaft" im Deutschlandradio zu Gast. Die Diskussion moderierte Matthias Gierth. Er war bis zur Übernahme durch den "Zeit"-Verlag stellvertretender Chefredakteur der Wochenzeitung "Rheinischer Merkur".

"Das Internet verstärkt auf jeden Fall fundamentalistische Tendenzen", beobachtet Wolfgang Kessler. Seiner Ansicht nach ist eine sachliche Auseinandersetzung im Internet schwieriger als im gedruckten Medium.

Laut Chrismon-Chef Brummer müssten Liberale aller Religionen daran arbeiten, stärker in Gesellschaft und Medien wahrgenommen zu werden. Bisher hätten "Fundis" aus allen Religionen "für die agnostische Medienwelt einen höheren Bilderwert, weil sie das Feindbild erfüllen".

"Christliche Publizistik wird nur durchdringen, wenn sie glaubwürdig ist. Wenn sie es auch schafft, die hohen Gefahrenpotentiale von Religion zu thematisieren und den Kirchen kritisch gegenüber zustehen" sagt Kessler.

"Zweifel ist der Künstlername des Glaubens"

Chefredakteur Brummer sieht es als Hauptaufgabe der Christlichen Zeitungsmacher, nach dem Glauben in der Welt zu fragen. Beispielsweise könne man Atheisten auf ihre "tumbe Wissenschaftsgläubigkeit" hinweisen, ihnen aufzeigen, dass auch sie nur Gläubige sind. "Der Künstlername des Glaubens heißt Zweifel. Wir müssen Zweifel und Glauben in einer Verbindung sehen", so Brummer. Kirche könne aus dem Fundus der biblischen Geschichten eine Menge beitragen, um die Fragen der Menschen zu beantworten. Dies könne sie in jeder medialen Form tun. "Solange es die Frage nach der Plausibilität meiner Existenz gibt, gibt es Glauben, gibt es Religion und auch Medien, die sich damit beschäftigen werden", davon ist Brummer überzeugt.

Solange die Menschen existentielle Fragen haben, werde es auch christliche Zeitschriften und Magazine geben, da sind sich die Beteiligten sicher. "Es gibt in der Gesellschaft ein starkes Bedürfnis, sich mit bestimmten Lebens-und Sinnfragen auseinanderzusetzen.", sagt Florin. Menschen suchten Antworten auf Fragen wie: "Warum bin ich auf der Welt?", "Wie will ich leben?", "Wie will ich sterben und was passiert, wenn ich gestorben bin?" Solange es eine stattliche Zahl an Menschen gebe, die diese Fragen stellten, hätten die christlichen Publikationen einen Wert.

Brummer ergänzt: "Das Bedürfnis nach Transzendenz haben alle." Seiner Ansicht nach seien die Leute heute "nicht weniger interessiert an Glaubens- und Schicksalsfragen als vor 2.000 Jahren". Diese Fragen werde es auch noch geben, wenn die Kirche in der heutigen Form nicht mehr bestehe.

"Eher auf Gefühl setzen als auf intellektuelle Diskussionen"

Für die Zukunft der christlichen Publizistik sei allerdings nicht entscheidend, ob diese in digitaler oder gedruckter Form daher komme, meint Florin. "Die Frage ist, wie wir den Menschen von Gott erzählen? Über welche Themen und welche Fragen machen wir es?" Gerade bei jüngeren Lesern müsse man sehr persönlich, beispielsweise von eigenen Zweifeln, erzählen und eher auf Gefühl als auf kontroverse intellektuelle Diskussionen setzen. (pro)

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