Was macht man als ganz normaler Agnostiker, wenn man plötzlich den Wunsch verspürt, Gott anzurufen? Hannah Lühmann beschreibt in der Welt am Sonntag eine „ungebrochene Gottessehnsucht“ und eine Reise durch Berlin auf der Suche nach einem geeigneten Ort für ihr erstes Gebet.
Welt am Sonntag-Autorin Hannah Lühmann suchte einen Ort für ihr Gebet, fand ihn aber nicht
„Ich wollte beten. Ich wollte Worte sprechen, ich wollte mich an etwas wenden, dessen Größe der Irrationalität des Geschehenen entsprach“, schreibt Hannah Lühmann in der Zeitung Welt am Sonntag. Sie sei eigentlich Agnostikerin. Was der Anlass für ihren plötzlichen Wunsch, zu beten, war, schreibt sie nicht. Stattdessen erzählt sie von ihrer Suche nach einem geeigneten Ort für ein erstes Gebet und von den Fragen, die sie als Agnostikerin dabei bewegten. „Als ich mich in den Bus setzte, trug ich den Gedanken an Gott in mir wie ein rohes Ei.“ Es sei schließlich selten, „dass man so eine ungebrochene Gottessehnsucht in sich spürt“.
Es sei schwer für sie, die Empfindungen gläubiger Menschen nachzuvollziehen. „Wenn jemand sagt, dass er leidet, dann weiß ich, wie er sich fühlt“, schreibt sie. Ein religiöser Mensch hingegen sei eine „Blackbox“. Man müsse ihm einfach glauben, dass er glaubt. Sie wisse nicht, was gemeint sei, wenn jemand sage, er glaube an Gott.
Lühmann berichtet weiter, wie sie versuchte, eine geeignete Form für ihr Gebet zu finden, nach dem sie sich sehnte. „Einfach so“ ein Gebet zu sprechen reiche ihr nicht. „Ich wollte eine Form für meine Anrufung.“ Außerdem habe sie sich Gedanken darüber gemacht, ob man glauben müsse, um zu beten. „Auch die Menschen, die nicht glauben, beten“, schreibt sie. Das habe zum Beispiel der Hashtag #prayforparis gezeigt, den nicht nur Christen nach dem Anschlägen in Paris benutzt hätten.
„Es braucht doch Worte“
Als sie schließlich eine geeignete Kirche gefunden habe, sei diese gerade geschlossen worden. „Vielleicht musste ich Gott auch gar nicht so direkt mit meiner Anrufung belästigen“, erinnert sie sich an ihre Gedanken in diesem Moment. Weiter auf der Suche nach einem besonderen Ort zum Beten habe sie sich Gedanken über verschiedene Religionen, auch über den Buddhismus und Hinduismus, gemacht. Sie sie jedoch zu dem Schluss gekommen: „Ich wäre eher eine Protestantin.“ Ihr sei es wichtig, ihr Gebet an einen „unmittelbar adressierbaren Gott“ zu richten.
Sie habe dann nach Gebeten gegoogelt, schreibt Lühmann. Die Beschreibung bei Wikipedia, das Gebet sei „eine verbale oder nonverbale Zuwendung an ein transzendentes Wesen“, habe sie irritiert. Ein Gebet als nonverbale Zuwendung könne sie sich nicht vorstellen: „Es braucht doch Worte.“
Auch nach Öffnungszeiten von Kirchen habe sie dann online gesucht, jedoch keine gefunden. Dann habe sie ein Schuldgefühl verspürt. „Wenn man als Atheist den Drang zum Beten verspürt, dann schiebt man ihn zur Seite.“ Bei einem Agnostiker sei das jedoch anders. „In seinem Bewusstsein schlummert die Schuld.“ Im Laufe des Lebens habe man auch als Agnostiker „hin und wieder eine Kerze angezündet“ oder sich in anderer Weise an Gott, „schon damals eher ein Fragezeichen“, gewandt.
Einen Ort für ihr Gebet scheint Lühmann an jenem Tag, an dem sie die Sehnsucht danach spürte, nicht mehr gefunden zu haben. Sie schreibt aber am Ende ihres Textes: „Ich musste mir sehr klar über meine Erwartungshaltung an Gott werden, bevor ich ihm gegenübertrat.“ (pro)
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