WDR-Beitrag: Sind christliche Privatschulen gefährlich?

Christliche Bekenntnisschulen sind wie alle Privatschulen zur Einhaltung des Lehrplanes der Landesregierung verpflichtet. Die WDR-Sendung "Tag 7" hat am Sonntag untersucht, ob die 35 freikirchlichen Schulen in Nordrhein-Westfalen ihren Auflagen gerecht werden, oder ob dort "Parallelgesellschaften" herangebildet werden. Am Samstag wird die Sendung wiederholt.
Von PRO

Von insgesamt 300 christlichen Bekenntnisschulen stehen 35 „unter Führung bibeltreuer Gruppierungen“, berichtet die WDR-Sendung „Tag 7“. „Weitere Genehmigungsverfahren laufen im Moment.“ Die Reporter stellen fest: „Privatschulen liegen im Trend, auch christliche. Vor allem freikirchliche evangelische Gruppierungen eröffneten in den letzten Jahren in NRW ihre eigenen Schulen.“

Die Privatschulen sind verpflichtet, die vom Schulministerium verabschiedeten Lehrpläne einzuhalten. Außerdem dürfen christliche Bekenntnisschulen ihre eigenen Wertvorstellungen vermitteln. Der WDR berichtet: „Neben dem Gebet kann auf die moralisch-ethische Weltsicht der Schüler ebenso viel Einfluss genommen werden wie auf ihr Wissen und ihre Leistungen: Die Bibel ist dafür das unangefochtene Leitbild.“

Kritiker befürchteten deshalb eine Manipulation der Schüler und sähen eine „schleichende Verbreitung evangelikaler Wissenschaftsfeindlichkeit“. Statt der Evolutionstheorie würde in diesen Schulen etwa der bibeltreue Kreationismus gelehrt, meinen sie.

Der Film mit dem Titel „Mit der Bibel zum Abitur“ von Peter Moers und Frank Papenbroock, der am vergangenen Sonntag in der WDR-Reihe „Tag 7“ ausgestrahlt wurde, sieht sich die freikirchlichen Schulen in NRW näher an. „Sind sie eine Bereicherung des Bildungssystems und stärken sie die Vielfalt der Angebote? Oder sind sie Ursprung eines neuen christlichen Fundamentalismus?“, lautete die Fragestellung.

Gründe und SPD skeptisch gegenüber „bibeltreuen“ Schulen

Die Reporter interviewten unter anderem Lehrer christlicher Bekenntnisschulen. Diese erklären, dass sie sowohl die Evolutionstheorie als auch mögliche andere Erklärungen für naturwissenschaftliche Phänomene im Unterricht lehren, etwa auf dem Gebiet der Biologie oder der Geologie.

Immer wieder sorgen bibeltreu-christliche Privatschulen auch in NRW für Proteste. In Hennef bei Bonn etwa hat eine Baptistengemeinde eine eigene Privatschule erbaut. Die Pläne stießen bei den staatlichen Schulen in Hennef auf „erhebliche Bedenken“. „Hier wird der Weg in eine Parallelgesellschaft vorgegeben“, warnten die Leiter von Grund- Haupt- und Realschule sowie von Gymnasium und Gesamtschule in einem gemeinsamen Schreiben. Auch die Georg-Müller-Schule mit insgesamt vier Standorten in Bielefeld und Steinhagen rief Gegner auf den Plan. Die Schule behandelt nach eigener Auskunft die Bibel „als einzige Richtschnur für Leben und Lehre“.

Die Schulministerin von NRW, Barbara Sommer (CDU) begrüßt im WDR-Beitrag jedoch ausdrücklich jede privat getragenen Schule, auch die christlichen. Sie freue sich über eine „bunte Vielfalt“ in der Schul-Landschaft NRW, so die Ministerin im Fernsehbeitrag.

Anders sehen das die Abgeordneten von den Grünen und den Sozialdemokraten. Sie warnten im Landtag davor, dass in einigen Schulen die biblische Schöpfungsgeschichte die Evolutionstheorie verdränge. Die Grünen-Abgeordnete Sigrid Beer spricht sich vehement dagegen aus, dass Ansichten des Kreationismus oder des „Intelligent Design“ Platz im Biologieunterricht an nordrhein-westfälischen Schulen bekommen, oder dass das Schulbuch „Evolution. Ein kritisches Lehrbuch“ benutzt wird. Zudem protestierte sie dagegen, dass der „Gideon-Bund“ Bibeln an Schulen verteilt. Beer stellte zu diesen Themen bereits zwei Mal kleine Anfrage im Landtag in Düsseldorf.

Die Schulaufsichtsbehörde sieht die derzeitige Kontrolle der Bekenntnisschulen indes als ausreichend an und kann keine Verstöße gegen das Gesetz ausmachen, wie ein Vertreter den WDR-Journalisten erklärte. Die Reporter besuchten für ihren Beitrag auch einen Vortrag von Reinhard Junker, Biologen und Geschäftsführer der christlichen Studiengemeinschaft „Wort und Wissen“, und sprachen mit den Gästen der Veranstaltung.

Für Aufsehen sorgten die beiden WDR-Autoren Peter Moers und Frank Papenbroock 2006 mit einem Beitrag für einen „ARTE-Themenabend“ zum „christlichen Fundamentalismus“. In ihrem Film „Von Göttern und Designern – Ein Glaubenskrieg erreicht Europa“ berichteten sie, dass in den USA und mittlerweile auch in Europa „bibeltreue, evangelikale Christen“ gegen die Evolutionstheorie „kämpften“ (pro berichtete).

Die Sendung „Mit der Bibel zum Abitur“ wird am Samstag, den 30. Mai, um 9.30 Uhr im WDR Fernsehen wiederholt. (PRO)

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