Was Kinder vom Fernsehen lernen

Wenn Kinder selbst sagen dürfen, wo sie "so richtig viel vom Fernsehen gelernt haben", kommen interessante Ergebnisse heraus. Diese entsprechen nicht unbedingt den Vorstellungen der Erwachsenen von einer "lehrreichen Sendung". Das belegt eine Studie des Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI).
Von PRO

Befragt wurden 1.412 Kinder im Alter zwischen sieben und zehn Jahren aus Deutschland, den USA, Schottland, Irland, Argentinien und Kuba. Am meisten lernten die Kinder nach eigener Aussage bei Zeichentricksendungen vom Fernsehen. Erst mit deutlichem Abstand folgen Wissenssendungen für Kinder und Unterhaltungssendungen (Sitcoms). Nur zu einem kleinen Teil beschrieben die Kinder auch, wie sie aus verschiedenen Genres – von Spielfilmen bis zur Dokumentation für Erwachsene – etwas "wirklich Wichtiges" lernen konnten.

Faktenwissen und Gefahrenwahrnehmung



Interessant sind die internationalen Unterschiede: In den USA nennen mehr als die Hälfte der Kinder Zeichentrickserien wie "SpongeBob" als Lernsendungen. In Irland und Schottland sind es vor allem BBC-Formate wie "Horrible Histories", eine Sendung, bei der skurrile Geschichtsfakten im Stil des Monty-Pythen-Humors aufbereitet werden, und Dokumentationen für Kinder. Die deutschen Kinder nannten zur Hälfte speziell für Kinder produzierte Wissenssendungen, wie das Format des Bayerischen Rundfunks "Willi will’s wissen" oder "pur+" im ZDF. Deutlich dahinter rangierten Wissenssendungen aus dem Programm der Erwachsenen, allen voran die Pro7-Sendung "Galileo".

Wie aus einer IZI-Pressemitteilung hervorgeht, sind es vor allem Faktenwissen, Verhaltensweisen, Fertigkeiten und Gefahrenwahrnehmung, die Kinder durch die Formate vermittelt bekommen. Die s

iebenjährige Leonie hat aus der Sendung "Willi will’s wissen" etwa gelernt, "dass Bergwasser von der Natur aus gereinigt ist". Darüber hinaus belegt die Studie, dass Kinder vor allem bei fiktionalen Geschichten überlegen würden, wie sie selbst in diesem Augenblick reagiert hätten. Daraus zögen sie Schlussfolgerungen, was moralisch richtig oder falsch sei. Spitzenreiter mit über 70 Prozent ist Deutschland, wenn es um das Faktenlernen geht.



Fernsehbilder prägen die inneren Bilder



Ein weiterer, kleinerer Teil der Kinder profitiert durch das Fernsehen auch bei den eigenen Fertigkeiten. Die Sieben- bis Zehnjährigen haben zum Beispiel das Gefühl, durch Castingshows singen und tanzen oder durch Bastelsendungen besser malen und gestalten zu lernen. Vereinzelt profitierten Kinder auch in der durch die Sendungen. Der zehnjährige Argentinier Pablo beispielsweise, der in den Nachrichten einen Zugunfall verfolgt hat, meint, "dass es sehr gefährlich ist, mit dem Zug zu fahren". Insbesondere dort, wo Kindern die direkte Erfahrung oder Einschätzung der Gefahr noch fehle, prägten Fernsehbilder ihre inneren Bilder. In allen Ländern nähmen sich Kinder Verhaltensweisen und Lebensweisheiten der Figuren heraus.


Zweifelsfrei sind Identitätsfragen, wie sie bei SpongeBob konsequent aus der Kinderperspektive humorvoll erzählt werden, bereichernd. Gleichzeitig muss es gesellschaftliches Ziel sein, Kindern ein Vollprogramm zur Verfügung zu stellen, das ihnen einen attraktiven Zugang zu Wissen bietet und ein Verständnis ihrer Lebenswelt ermöglicht, heißt es in der Pressemitteilung. Zum wiederholten Male wurde die hohe Informiertheit und das Wissen von Kindern in Deutschland im internationalen Vergleich deutlich – nicht zuletzt wegen der ZDF-Kindernachrichtensendung "logo!".

Die Zahlen für die Studie wurden im Frühjahr 2012 erhoben und erstmals auf dem "Prix Jeunesse International 2012" vorgestellt. Es ist das weltweit älteste und renommierteste Kinderfernsehfestival und findet vom 1. bis 6. Juni in München statt. Zum Thema "Watch, Learn and Grow with Children’s TV" werden ca. 500 Teilnehmer aus 70 Ländern erwartet. (pro)

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