Was Hessen glauben: Wunder gibt es immer wieder

Die Mehrzahl der Hessen glaubt an Wunder und ein Geheimnis hinter dem Leben. Dies geht aus einer Umfrage hervor, die der Hessische Rundfunk (HR) beim Zentrum für kirchliche Sozialforschung (Zekis) in Freiburg in Auftrag gegeben hat. Anlass dafür ist die 1.000. Sendung "Horizonte", die am heutigen Mittwoch ausgestrahlt wird. Sie greift seit 1975 immer wieder aktuelle Themen aus Kirche und Gesellschaft auf.

Von PRO

Fast drei Viertel der Befragten glauben laut Studie daran, "dass es hinter oder über unserem normalen Leben ein Geheimnis gibt". Rund 70 Prozent sind davon überzeugt, dass sich Wunder ereignen. Damit glauben mehr Menschen an unerklärliche Phänomene als an die Existenz einer höheren Macht (68,6 Prozent) oder diejenige eines Gottes (66,7 Prozent). Etwas mehr als die Hälfte der Hessen glaubt sogar eher an Engel als an einen Schöpfergott. Der Aussage, "dass sich Gott in Jesus zu erkennen gegeben hat", kann nicht einmal jeder Zweite zustimmen, wobei die ältere Generation weniger an dieser Aussage zweifelt.



Für den Bischof des katholischen Bistums Limburg, Franz-Peter Tebartz-van Elst, ist das Ergebnis ein Zeichen dafür, dass "wir als Christen missionarischer werden müssen". Der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche Hessen und Nassau (EKHN), Volker Jung, wünscht sich, dass die Kirche eine Sprache finden sollte, die den Menschen im Alltag abholt. "Wir müssen zum Beispiel deutlicher zeigen, für was das Kreuz steht", so Jung im Gespräch mit dem "Hessischen Rundfunk".



Keine Antwort auf die Fragen, die einen wirklich bewegen


Die Aussage, "dass das Leben nur dann einen Sinn hat, wenn man ihm selbst einen Sinn gibt", erhielt quer durch die befragten Altersgruppen mit 80 Prozent den höchsten Zuspruch. Obwohl nur wenige der Befragten selbst in die Kirche gehen, wird die Institution an sich mehrheitlich akzeptiert. Mehr als drei Viertel der Befragten, darunter auch Muslime und Konfessionslose, finden es demnach "gut, dass es die Kirchen gibt". Mehr als zwei Drittel schränken allerdings ein, "dass die Kirchen auf Fragen, die sie wirklich bewegen, keine Antwort haben". Rund 40 Prozent der Hessen geben an, sich "selbst an verschiedenen religiösen Traditionen zu orientieren".

Im Interview auf "HR Online" erklärt der derzeitige Moderator der Sendung, Meinhard Schmidt-Degenhard, warum "Religion und das, was die Menschen dazu erklären, immer wichtiger wird": "Ohne Kenntnisse dieses Phänomens ‚Religion‘ kann man die Welt und den Menschen an sich nicht begreifen", macht er deutlich. Im Rückblick auf die vergangenen 25 Sendejahre falle vor allem das erweiterte Themenspektrum auf: "Ich erinnere nur an die gewachsene Bedeutung des Islam."



Gott muss Humor haben



Auch zum Thema Glaube und Humor bezieht der Moderator Stellung: "Der liebe Gott muss einfach Humor haben! Andererseits brauchen wir Menschen auch eine Menge Humor, um zu ertragen, was uns Religionen alles glauben machen wollen. Oder wie kann man sonst Geschichten vom Fegefeuer, der Hölle oder der Wiedergeburt ertragen?" Das mit dem Humor beruhe aber auf Gegenseitigkeit beim lieben Gott und seinen Geschöpfen. 


Aus Sicht des Journalisten werde die Gesellschaft weder dramatisch frommer noch areligiöser: "Die gern zitierte ‚Renaissance der Religionen‘ ist ein sehr differenziert zu betrachtendes Phänomen. In jedem Fall aber gilt für unsere Gesellschaft, dass für viele Zeitgenossen die religiöse Kompetenz der Kirchen im Schwinden begriffen ist." Die Aufgabe der Sendung sieht er darin das Feld Religion – und den Zusammenhang zwischen Politik, Geschichte und Religion darzustellen.



Heute Abend die ausführlichen Ergebnisse der Umfrage



Die ausführlichen Ergebnisse der Umfrage zeigt das HR-Fernsehen heute ab 23.15 Uhr. Gesprächspartner sind der Religionssoziologe Michael N. Ebertz, der die Studie geleitet hat, Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche Hessen und Nassau Volker Jung, Limburgs Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst und der Chefkorrespondent der "Frankfurter Rundschau" Joachim Frank. Im Anschluss daran feiert der Sender mit einer langen Nacht und einem "Best Of" die 1.000 Ausgabe.



Ebenso im Rahmen des Jubiläums wird am kommenden Sonntag von 14.30 bis 15.30 Uhr "Das Sonntagsgespräch" mit der Fragestellung: Welche Moral taugt für die Zukunft? ausgestrahlt. Gesprächsgäste sind dann der Herausgeber Frank Schirrmacher der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" sowie der Theologe und Mitglied des Deutschen Ethikrates Professor Eberhard Schockenhoff. Für 2012 plant "Horizonte" außerdem noch eine Sendereihe über "Die sieben Todsünden".



Seit der ersten Sendung am 2. Februar 1975 wurde immer wieder über aktuelle Themen, wie etwa die Rolle der Kirchen in der DDR, die Live-Sendungen vom Papstbesuch oder Interviews mit großen Persönlichkeiten, berichtet. Elf Jahre später übernahm Meinhard Schmidt-Degenhard die Redaktionsleitung von Carl Bringer. Das sechsköpfige Team produziert Sendungen für den HR und "Das Erste". Die Sendereihe erhielt bereits etliche Auszeichnungen, darunter den Geisendörfer-Preis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), den Katholischen Medienpreis der Deutschen Bischofskonferenz und die Auszeichnung des Festivals des Religiösen Films der Europäischen Kirchen. (pro)

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