Vor dem Hintergrund umstrittener Veranstaltungen muslimischer Studentengruppen hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) an die freiheitliche Grundordnung im Land erinnert. Bei einem Besuch der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) am Dienstag sagte Merz: „Diejenigen, die aus der muslimischen Welt zu uns kommen, die herzlich willkommen sind an unseren Universitäten, mögen bitte daran denken, dass wir ein laizistischer Staat sind, dass wir hier eine strikte Trennung haben zwischen Staat und Kirche und dass wir insbesondere an unseren Hochschulen erwarten, […].“
Hintergrund der Äußerung ist, dass bei zurückliegenden Veranstaltungen muslimischer Studentengruppen zuerst in Kiel und später in Berlin Männer und Frauen getrennt saßen und in Kiel einem mutmaßlich salafistischen Redner die Bühne überlassen wurde. Liegt der Kanzler mit seiner Äußerung über das Verhältnis von Religion und Staat richtig?
Verflechtungen zwischen Staat und Kirchen offenkundig
In Deutschland zahlt der Staat den Kirchen beispielsweise Geld für die Enteignung kirchlicher Güter im 19. Jahrhundert. Auch organisatorisch arbeiten Staat und Kirchen direkt zusammen. So zieht der Staat über seine Finanzämter Kirchensteuern der Religionsgemeinschaften als eine Art Dienstleister ein. Auch der konfessionell gebundene Religionsunterricht – zu dem die Lehrer eine kirchliche Bevollmächtigung benötigen – ist an staatlichen Schulen vieler Bundesländern ordentliches Unterrichtsfach. Was die theologische Fakultäten an staatlichen Hochschulen angeht: Die werden aus Steuermitteln finanziert – also vom Staat. Dies gilt übrigens auch für islamisch-theologische Zentren an staatlichen Hochschulen. Laut Goethe-Institut hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung islamische Zentren an den Universitäten Münster, Osnabrück, Frankfurt am Main, Tübingen und Erlangen-Nürnberg über die Dauer von fünf Jahre mit insgesamt 20 Millionen Euro gefördert.
» Wie viel Gott braucht der Staat?
Die Trennung von Staat und Kirche kann daher nicht – anders als von Merz dargestellt und wie in der Berichterstattung von „Welt“ unwidersprochen – in Deutschland als „strikt“, viel weniger als „laizistisch“ gelten. Denn im Gegensatz etwa zum laizistischen Frankreich gibt es hierzulande verschiedene Verflechtungen zwischen dem Staat, den Kirchen und Religionsgemeinschaften. In Frankreich ist dagegen Religion strikte Privatangelegenheit.
Merz forderte dann noch von ausländischen Studierenden „anderer Kulturkreise“ und „anderer Religionszugehörigkeiten“ „Offenheit, Liberalität, Toleranz und religiöse Toleranz“. Bei seiner Erinnerung an die freiheitliche Grundordnung der Gesellschaft in Deutschland in Richtung der ausländischen Studierenden sagte er: „Das erwarten wir und das werden wir gegebenenfalls auch durchsetzen.“