Der erklärte "Springer"-Kritiker
Günter Wallraff hat ausgerechnet der Zeitung "Die Welt"
aus eben jenem Verlag ein Interview gegeben. Der Grund: Der
Journalist will auf Menschenrechtsverletzungen aufmerksam machen.
Von PRO
Foto: wikipedia/Mein Freund der Baum
Er warnt vor einer schleichenden Islamisierung in der Türkei, vor dem religiösen Fanatismus eines Mahmud Ahmadinedschad und erklärt seine Solidarität mit den im Iran inhaftierten "Bild am Sonntag"-Reportern. Die Welt mag viel von dem Enthüllungsjournalisten Günter Wallraff erwarten, aber eine Zusammenarbeit mit dem von ihm immer scharf kritisierten "Springer"-Verlag – das wäre wohl niemandem in den Sinn gekommen. Für eine wichtige Sache, darf man sich auch mal in Feindesland begeben, mag Wallraff gedacht haben, und nutzt das Interview, um Menschenrechtsverletzungen im Zeichen des religiösen Fundamentalismus anzumahnen.
"Man kann die Türkei nicht genug kritisieren"
"Gerade als Freund der Türkei kann man die Türkei gar nicht genug kritisieren. Die schleichende Islamisierung wagt bei uns in Deutschland kaum ein Politiker anzusprechen. Da gibt es Säuberungswellen, da werden laizistische Lehrer an den Schulen gegen islamische oder gar islamistische ausgewechselt, und um Erdogan herum gibt es Positionen, die mit dem Iran kokettieren", sagt er und äußerte seinen Wunsch, dass gerade die Muslime in Deutschland gegen des radikalen Islam aufgbegehrten. Das Interview gab er anlässlich eines Prozesses gegen den in Köln lebenden Schriftsteller Dogan Akhanli. Die türkische Staatsanwaltschaft ermittelte wegen Mordes gegen ihn. Viele halten den Prozess für fadenscheinig. Akhanli soll 1989 eine Wechselstube in Istanbul überfallen und deren Besitzer getötet haben.
Die Türkei hatte den Polit-Aktivisten Akhanli 1992 ausgebürgert. Er war Mitglied der verbotenen Kommunistischen Partei und hatte nach dem Militärputsch von 1980 gegen die Regierung aufbegehrt. Im Sommer reiste er dennoch zurück in seine Heimat, um seinen schwerkranken Vater zu sehen. Dort wurde er festgenommen. Am Mittwoch wurde der Mordverdacht gegen den Autor fallengelassen. "Er hat es ganz sicher der breiten Öffentlichkeit zu verdanken, die wir erzeugt haben", sagt Wallraff im Interview über den Ausgang des Gerichtsverfahrens.
"Ich bin christlich geprägt", erklärt der Journalist seinen öffentlichen Einsatz für die Menschenrechte. Den Iran sieht er als die derzeit größte Bedrohung der Weltgemeinschaft. "Wenn dieser Ahmadinedschad, der an die Rückkehr des Mahdis glaubt und sich am Ende selbst als Vollstrecker sieht – wenn der im Besitz der Atombombe ist, und er steht ja kurz davor, dann ist mit allem zu rechnen." Zwar sei er nach wie vor kritisch gegenüber der "Bild"-Zeitung, sehe aber in den im Iran derzeit inhaftierten Berichterstattern aus dem Hause Springer "mutige Journalisten, die ihrer Aufgabe gerecht wurden, Menschenrechtsverletzungen sichtbar zu machen, und denen meine volle Solidarität zukommt." Die beiden Reporter werden der Spionage verdächtigt, weil sie ein Interview mit dem Sohn der zum Tode verurteilten Sakine Aschtiani führen wollten.
Günter Wallraff ist vor allem für seine investigativen Reportagen bekannt. 1977 schlich sich Wallraff etwa in die "Bild"-Redaktion in Hannover ein und kritisierte den "Springer"-Verlag daraufhin in seinem Buch "Der Aufmacher". Wallraff hat zudem den Hilfsfond "Wenn Bild lügt, kämpft dagegen" ins Leben gerufen, der Menschen unterstützen soll, die sich gegen Berichterstattungen der "Bild"-Zeitung wehren. Am berühmtesten ist wohl Wallraffs Buch "Ganz unten", das 1983 erschien. Darin berichtet er kritisch über Unternehmen, in die er sich als türkischer Gastarbeiter eingeschlichen hatte. (pro)
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