Vorwurf: Homosexualität als therapierbar dargestellt

Der hessische Sozialminister Stephan Grüttner (CDU) überprüft derzeit die Zusammenarbeit des Landes Hessen mit der "Offensive junger Christen" (OJC). Auslöser dafür ist eine kleine Anfrage des Grünen-Landtagsabgeordneten Kai Klose. Er kritisiert die OJC, weil sie mit dem "Deutschen Institut für Jugend und Gesellschaft" (DIJG) die Therapie von Homosexuellen propagieren soll.
Von PRO

Grüttner will nun laut Angaben des Hessischen Rundfunks (HR) prüfen, inwieweit das Institut weiterhin als Träger für das Freiwillige Soziale Jahr anerkannt wird. In Absprache mit der Bundesregierung gehe es auch darum, Mindeststandards für diejenigen festzulegen, die das Freiwillige Soziale Jahr ausrichten. Der evangelische Verein mit Sitz in Südhessen gehört zu den anerkannten Trägern für das Freiwillige Soziale Jahr in Hessen. Seit 2009 wurde er laut Angaben des Ministeriums vom Land mit rund 13.000 Euro gefördert.

Diskriminiert und verunsichert?

Klose, der sich offen zu seiner Homosexualität bekennt, schreibt auf seiner Internetseite, das DIJG in Reichelsheim und seine Leiterin Christel Vonholdt hätten seit Jahren die Auffassung vertreten, Homosexualität sei eine Krankheit und solle therapiert werden. Dadurch seien Lesben und Schwule diskriminiert und Jugendliche verunsichert worden. "Es ist allerdings bedauerlich, dass es erst unseres Anstoßes bedurfte, damit die Landesregierung handelt“, urteilt der lesben- und schwulenpolitische Sprecher der Grünen Klose.

Die Grünen fordern auch die Evangelische Kirche zum Handeln auf. "Die Evangelische Kirche Hessen-Nassau gilt gerade in gesellschaftspolitischen Fragen als fortschrittliche Kraft." Da die Landesregierung explizit darauf verweise, das Anbieten eines Freiwilligen Sozialen Jahres sei der OJC bisher ohne Prüfung erlaubt, weil sie Teil der Evangelischen Kirche sei, stelle sich die Frage nach deren Verantwortung. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die evangelische Kirche daran mitwirken will, dass Jugendliche ihr Freiwilliges Soziales Jahr in Einrichtungen leisten, in denen solche kruden Geisteshaltungen propagiert werden", so Klose.

Entsprechender Hinweis auf der Homepage

Durch die Mitgliedschaft zur Trägergruppe der Evangelischen Kirche braucht die OJC nicht durch die Landesbehörde zugelassen werden. Grüttner erklärte, dass solche Einstellungen zur Homosexualität keinen Einfluss auf Jugendliche im Freiwilligen Sozialen Jahr haben dürfen. Homosexualität sei "keine Krankheit" und müsse daher auch nicht therapiert werden: "Wenn nicht sichergestellt werden kann, dass die Einstellung des DIJG zu den Themen Homosexualität und Gleichberechtigung der Geschlechter keinen Einfluss auf die pädagogische Begleitung des Vereins Offensive Junger Christen hat, wird es einen entsprechenden Hinweis auf der gemeinsamen Homepage der Landarbeitsgemeinschaft FSJ und des Sozialministeriums geben", heißt es in der schriftlichen Antwort auf die Anfrage, die im Internet nachzulesen ist.

Als verleumderische Aussagen bezeichnete die OJC-Pressesprecherin Elke Pechmann gegenüber pro die Vorgänge: "Wir wollen weder homosexuelle Menschen heilen noch sie diskriminieren." Die OJC-Offiziellen wollten sich nun zusammensetzen und auch rechtliche Schritte prüfen: Das, was vom Hessischen Rundfunk wiedergegeben werde, entspreche nicht der eigenen Position.

Das Deutsche Institut für Jugend und Gesellschaft teilte in einer offiziellen Stellungnahme am Mittwoch mit: "Das DIJG bietet keine Therapien an. Es berät Ratsuchende ergebnisoffen und verweist auf Therapiemöglichkeiten." Ein Verbot der Therapie von ich-dystoner Homosexualität wäre eine Bevormundung jedes Ratsuchenden und damit ein massiver Eingriff in die Selbstbestimmungs- und Freiheitsrechte jedes Bürgers. Weiter heißt es: "Wir respektieren die Würde, Autonomie und den freien Willen jedes Menschen. Wir sind der Auffassung, dass homosexuell empfindende Menschen das Recht haben, eine homosexuelle Identität anzunehmen; sie haben aber ebenso das Recht, einen Weg der Veränderung zu gehen mit dem Ziel, ihr heterosexuelles Potential entfalten zu können."

Homosexualität ablehnen heißt nicht, den Homosexuellen ablehnen

Nach biblischer Auffassung dürfe die Ehe nur zwischen einem Mann und einer Frau geschlossen werden. Dies betont der Lübecker Bischof i.R. und Professor Ulrich Wilckens gegenüber pro. Wilkens hatte Anfang 2011 gemeinsam mit sieben anderen evangelischen Altbischöfen einen offenen Brief gegen einen Beschluss der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) geschrieben, wonach es Pastoren erlaubt sein soll, mit gleichgeschlechtlichen Partnern im Pfarrhaus zu wohnen. "Wenn sich ein Christ sexuell anders verhält, steht er im Widerspruch zu Christus", so Wilckens, der auch heute noch zum Inhalt des offenen Briefes steht. Daher dürfe die Kirche keine Segnungen von homosexuellen Paaren durchführen, findet der Altbischof. "Wenn man das öffentlich sagt, dann diskriminiert man aber keinen Menschen. Die Praktiken der Homosexualität nicht gutheißen, heißt nicht, den Menschen, die es tun, als Menschen zu disqualifizieren." (pro)

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