Vorlesen macht schlau und gesellig

Kinder, denen vorgelesen wird, sind besser in der Schule, entwickeln mehr Sozialkompetenz und treiben sogar lieber Sport. Das sind die Ergebnisse einer am Dienstag in Berlin vorgestellten Studie. Je häufiger Eltern vorlesen, desto größer ist das Potential ihrer Kinder, erklärten die Forscher.

Von PRO

Für die Untersuchung wurden 500 10- bis 19-Jährige und ihre Mütter im Auftrag der "Stiftung Lesen", der "Zeit" und der "Deutschen Bahn AG" befragt. Die Forscher wollten herausfinden, wie sich das Vorlesen auf die Entwicklung von Kindern auswirkt. Die Antwort ist eindeutig: Eltern, die ihrem Kind vorlesen, fördern es ganzheitlich. So schneiden Vorlese-Kinder in allen Fächern durchschnittlich besser ab als ihre Altersgenossen. Der Anteil der Kinder und Jugendlichen, die mindestens einmal in der Woche Sport treiben, liegt bei denjenigen, denen nicht vorgelesen wurde, um elf Prozentpunkte niedriger, als bei jenen, denen vorgelesen wurde. 54 Prozent der Vorlese-Kinder greifen später gerne auch selbst zum Buch. In der Vergleichsgruppe tun dies nur 38 Prozent. Das Lesen hat auch Einfluss auf die musischen Talente: So liegt die Zahl derjenigen, die ein Instrument spielen, unter denjenigen, denen vorgelesen wurde, um sechs Prozentpunkte höher.

"Defizitäre Vorlese-Situation"

Gerade in bildungsschwachen Familien sei das Vorlesen besonders wirksam, erklärte Simone C. Ehmig, Leiterin des Instituts für Lese- und Medienforschung der "Stiftung Lesen". Das Vorlesen hat außerdem Einfluss auf das Medienverhalten der Kinder und Jugendlichen. Bei den 17- bis 19-Jährigen steigt die Zahl derjenigen, die gerne oder sehr gerne "Nachrichten und Informationen im Internet" lesen, im Vergleich um sechs Prozent. Unter Kindern und Jugendlichen, deren Mutter eine "formal einfache Bildung" hat, sind es 14 Prozent mehr. Die Forscher haben bei ihren Untersuchungen der Wirkung des Vorlesens andere Einflussvariablen, wie Schichtzugehörigkeit oder Bildungsniveau der Eltern, eindeutig ausgeschlossen. Der Einfluss des Vorlesens sei klar belegt, versicherte Ehmig.

Sie stellte fest, dass die "Vorlese-Situation" in Deutschland "defizitär" sei. 42 Prozent aller Eltern lesen demnach selten oder nie vor. Bei Eltern mit türkischem Migrationshintergrund seien es 46 Prozent. Und das, obwohl sich das Lesen und Vorlesen nachweislich positiv auf das Konzentrationsvermögen, die Fantasie oder auch den Wortschatz auswirke. Die Erhebung zeigt auch, dass Jungen stärker vom Vorlesen profitieren als Mädchen. Dem Satz "Bücherlesen macht Spaß" stimmten 44 Prozent der Jungen zu, denen vorgelesen wurde; dem stehen 24 Prozent der Jungs gegenüber, deren Eltern nicht vorlesen. Bei den Mädchen unterscheiden sich die Prozentzahlen ebenfalls, allerdings nur um neun Prozentpunkte.

Bahnchef: Lesen ist Lebensmittelpunkt

"Das Lesen hat in meinem Leben immer einen ganz zentralen Platz gehabt", sagte Rüdiger Grube, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn AG, bei der Vorstellung der Studie. Gemeinsam mit zahlreichen anderen Prominenten unterstützt er einen bundesweiten "Vorlesetag" am 18. November. Rainer Esser, Geschäftsführer der "Zeit", erklärte, der Karriereverlauf von Männern und Frauen sei oft spiegelbildlich zu dem, was sich in der Kindheit abspiele. Jungen seien im Kindesalter oft weniger erfolgreich als Mädchen. Letztere würden oft früher eingeschult, erhielten häufiger Stipendien und hätten im Schnitt bessere Noten. "Damit die Jungs nicht zu weit nach hinten fallen, müssen wir ihnen einfach mehr vorlesen", forderte er. Jörg Maas, Hauptgeschäftsführer der "Stiftung Lesen", betonte, Leser würden nicht zwangsläufig Stubenhocker, auch das zeige die Erhebung. Vor dem Hintergrund von 7,5 Millionen funktionalen Analphabeten in Deutschland sei es an der Zeit, aus der Bildungsrepublik Deutschland eine Leserepublik zu machen. (pro)

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