Es sind vor allem die Geschichten einfacher Menschen, die er erzählt. Roberts taucht so noch einmal ein in die schmerzlichen Auswirkungen der Apartheid. Der Autor findet deutliche Worte für ein System, das Land und Leben geprägt hat: „Die Afrikaner haben die Rassentrennung nicht erfunden, sie haben sie perfektioniert.“
Für Roberts sind es die Geschichten kleiner Leute wie Mary O‘ Neal, vor der er tiefen Respekt hat: „Kein Fernseher kann einem geben, was ihre Geschichten mir gegeben haben.“ Für ihn und für viele andere wurde sie zur spirituellen lokalen Führungsfigur. Aber auch seine eigene gläubige Mutter wird ein Vorbild für ihn. Er schätzt ihre Demut, Einfachheit und Hilfsbereitschaft. Durch die vielen Tiefschläge, mit denen sie konfrontiert war, musste sie immer mit Gott in Verbindung sein. Ein weiteres Beispiel für ihn ist Uncle Bob, dessen Einfachheit und Pflichtbewusstsein ihn beeindruckte. „Nichts war ihm zu viel, wenn man ihn um Hilfe bat.“
Friedliche Rebellion
Aber es sind auch die traurigen Erinnerungen an die Apartheid, die Roberts noch einmal weckt. Er prangert die grausamen Methoden der Sicherheitspolizei an, die Ausgrenzung der Farbigen in allen Lebensbereichen und die sinnlose Zerstörung einzelner Siedlungen durch die „eiserne Faust des Staats“. Gerade in diesen Momenten sei es am wichtigsten gewesen, zu rebellieren und mit riskanten und ideenreichen Aktionen zu agieren.
Zu rebellieren gegen die Scheinprozesse an den Gerichten, gegen „hirnrissige Passgesetze“ oder gegen die Unterdrückung an sich. Es sei immer wieder schwierig gewesen, bei der Angst und Wut der Unterdrückten das Vertrauen der Menschen zu gewinnen. Zeichen der Hoffnung und Normalität folgte die Ohnmacht über die „wirkliche Macht der Mehrheit“.
Ein Zustand voller Privilegien
Auch nach den ersten demokratischen Wahlen hätten viele Menschen weiter um ihre Freiheit kämpfen müssen und dafür einigen Schweiß vergossen. „Als Selbsthilfe warteten wir auf ein Friedensprogramm. Wir schickten stille Zeugen, die als Multiplikatoren in den Schulen arbeiten und dort aufklären sollten“, beschreibt Roberts einen Ansatzpunkt, wie die Ereignisse verarbeitet wurden.
Der Autor erzählt in dem Buch bewusst von den stillen Helden Südafrikas. Für Südafrikas Entwicklung wählt er das Bild einer langen sich dahin windenden Straße, die Stein für Stein aufgebaut wurde und auf dem viele ihr Leben gelassen hatten. Es sind auch Menschen, mit denen Roberts gekämpft hat und die – auf außergewöhnliche Weise – zur Befreiung Südafrikas beigetragen hat. Für den Autor sind es zugleich Menschen, denen Südafrikas Bürger viel verdanken, ohne dass sie davon etwas wissen. Er schildert authentisch den alltäglichen Kampf gegen das weiße Regime und zwar von Menschen, „von denen viele einen Nobelpreis verdient hätten“.
Ein Glossar und eine Zeittafel im hinteren Teil des Buches helfen dabei, wichtiges Hintergrundwissen zu erwerben und einige Dinge besser einordnen zu können. Insgesamt ist dem Autor ein interessanter und lebhafter Einblick gelungen, der zeigt, dass gerade die Basis ein Land verändern kann. Es ist ein Mut machendes Buch, das zugleich die Schrecken der Unterdrückung durch ein staatliches Regime aufzeigt.
Der 1949 in Durban geborene Roberts studierte erst Theologie und war dann in der Gemeindearbeit in verschiedener Townships tätig – oft auch an der Seite von Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu. Beide organisierten den gewaltfreien Widerstand und schufen das allererste Friedenszentrum Südafrikas, obwohl Roberts viele für verrückt hielten. Das Buch enthält ein Geleitwort Tutus. Noch heute engagiert sich Roberts für den Frieden und kritisiert die Mächtigen der Welt, vor allem, wenn es um Korruption geht. (pro)
Rommel Roberts: Wie wir für die Freiheit kämpften – Von stillen Heldinnen und Helden in Südafrika, Lokwort, 224 Seiten, 19,90 Euro.