Von der großartigen Idee der Menschenrechte

Sie sollen vereinende Funktion haben, lösen aber weltweit heftige Diskussionen aus: die Menschenrechte. Der Theologe Thomas Schirrmacher schreibt in seinem neuen Buch "Menschenrechte: Anspruch und Wirklichkeit" über die Würde und Freiheit des Menschen – und sucht dabei deren Ursprung im Christentum.
Von PRO

Alle Menschen sind frei und gleich: Auf rund 100 Seiten erklärt Schirrmacher, der auch Sprecher für Menschenrechte der "Weltweiten Evangelischen Allianz" ist, dass die Umsetzung der Menschenrechte oftmals nicht dem angedachten Ideal entspreche. Das macht der Religionssoziologe schon in den ersten Kapiteln seines neuen Buches klar. Er erläutert dort, dass die Menschenrechte heute umstrittener sind denn je. Es fehle nämlich eine gemeinsame Basis. Jede Nation bringe eine eigene Geschichte mit, jeder Staat eigene Gesetze, jedes Problem eine einzigartige Härte.

Allein die Vielfalt der Institutionen zeige schon, dass das Feld der Menschenrechte groß ist. Zwar setzten sich Einrichtungen wie der Europarat, der Internationale Strafgerichtshof und der UN-Sicherheitsrat für die Wahrung dieser Rechte ein, jedoch haben alle einen unterschiedlich großen Handlungsspielraum. Und dieser wirkt sich auch auf die Handhabung aus. Denn trotz der Zielsetzungen und des Einsatzes der Einrichtungen würden Menschen noch immer ihrer Würde und Freiheit beraubt, verfolgt, unterdrückt und ausgebeutet.

"Für Christen selbstverständlich"

Das Buch aus der Reihe "Kurz und bündig" des SCM Hänssler-Verlags verspricht, kompakt und fundiert über die "großartige Idee der Menschenrechte" zu informieren. Der Theologe erklärt nicht nur die einzelnen Institutionen, die sich derzeit mit Menschenrechtsfragen befassen, sondern er geht auch auf den Ursprung dieser Rechte ein. Diese seien ein Produkt der europäischen Geistes- und Religionsgeschichte. "Die Existenz von Menschenrechten ist also prinzipiell ein christlicher Gedanke, der in der überragenden Würde jedes einzelnen Menschen als Ebenbild des Schöpfers wurzelt." Im modernen Menschenrechtsverständnis sei es schließlich zu einer Säkularisierung von christlichen Auffassungen gekommen, einer Vermischung von Calvinismus und Aufklärung.

Die Menschenrechte seien heute für die meisten Christen Selbstverständlichkeiten. Denn als Grundlage gelte: "Menschen, und zwar alle Menschen, nicht nur die Christen, sind Geschöpfe Gottes und Ebenbilder Gottes haben deswegen eine unglaubliche Würde, die allem anderen vorausgeht." Diese Würde sei unabhängig davon, ob ein Mensch Christ ist. Die Begründung der Menschenrechte in christlicher Hinsicht sei schon in der Schöpfungsgeschichte zu verorten: Denn vor Gott sind alle Menschen gleich. So müsse auch ein Staat unabhängig von dem Ansehen einzelner Menschen Recht sprechen.

Menschenrechte und Islam

Schirrmacher widmet sich in seinem Buch nicht nur dem Christentum. Auch der Islam ist Teil seiner Ausführungen. Dieser sei die einzige Religion, die sich mit Menschenrechten "für alle" noch schwer tue, etwa für Frauen und Ungläubige. Zwar spricht sich die islamische "Kairoer Erklärung für Menschenrechte", die von 57 Staaten der Islamischen Konferenz unterzeichnet wurde, für deren Einhaltung aus, in der Praxis jedoch gälten diese nicht. "Mit dem Islam als Religion hat dies nicht viel zu tun, sondern mehr mit den gewachsenen Machtverhältnissen", stellt der Buchautor fest. Die Mehrheit der islamischen Staaten werde von Diktatoren oder von auf Lebenszeit gewählten Autokraten geführt. Gemessen würden die Menschenrechte an der Scharia.

Ewig und unabänderlich

Im Juden- und im Christentum sei das "Denken für die irdische Welt ein Denken in Rechtsstrukturen", schreibt der Theologe. Der Staat sei ein Rechtsstaat, die politische Ordnung eine Rechtsordnung. "Was der liberale Protestantismus einst eher belächelte oder kritisierte, weil er ein gesetzfreies Christentum wünschte, bestimmt heute längst unseren Alltag: das gemeinsame Leben wird vom Recht und Gesetz zusammengehalten."

Schirrmacher hält daher fest: "’Menschenrechte gelten als ewig, unabänderlich und universal‘. ‚Amen‘, will man da ob der religiösen Sprache sagen." (pro)

Thomas Schirrmacher: "Menschenrechte. Anspruch und Wirklichkeit", SCM Hänssler, 128 Seiten, ISBN 978-3-7751-5379-9, 7,95 Euro.

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