„Erstaunliche Gnade, wie süß der Klang“ beginnt das bekannte Kirchenlied „Amazing Grace“ in deutscher Fassung. Diese Zeilen beschrieben geradezu sein Leben, erklärt Klaus Gerth. Bekannt geworden ist er vor allem durch seine Leitung des christlichen Verlags Schulte & Gerth, der heute den Namen Gerth Medien trägt. In seiner Biografie „Amazing Grace: Das wundersame Leben eines Verlegers“ schildert Gerth seinen interessanten beruflichen Werdegang und den geistlichen Wandel, der sich parallel dazu vollzogen hat.
Das Buch ist in drei Teile gegliedert. In „Amazing“ erzählt Gerth zunächst von seiner schwierigen Kindheit als Halbwaise. Schon früh entwickelt der heute 74-Jährige einen außerordentlichen Ehrgeiz. Als er nach einer kaufmännischen Lehre eine Stelle als Verkaufsleiter bei der erfolgreichen Kosmetikfirma Juvena antreten darf, erfüllt sich für ihn ein Traum. Bald darauf wird er zum Marketingdirektor befördert. Gerth genießt ein Leben „in Saus und Braus“. Doch das soll sich ändern.
Als der junge Mann seine heutige Frau Gaby kennenlernt, machen sich die beiden gemeinsam auf die Suche nach „innerem Frieden“ – denn trotz des luxuriösen Lebens fühlen sie sich leer. Nach verstörenden Erfahrungen in einer Schweizer Sekte findet das Paar durch gemeinsames Bibellesen schließlich zu Jesus. Das verändert Gerths Sicht auf das Leben. „Das Geschäft mit der ‚äußeren Schönheit’ musste wohl ausgetauscht werden mit dem Geschäft der ‚inneren Schönheit’.“
„Wie unbeherrscht von dir, Klaus!“
Die Gelegenheit dazu bietet sich, als er den Verleger Hermann Schulte kennenlernt. Hochverschuldet steht der HSW-Verlag zu diesem Zeitpunkt vor dem Aus. Als Schulte ihm 1974 das überraschende Angebot macht, Geschäftsführer zu werden, trifft Gerth schweren Herzens die Entscheidung, der Welt der Schönen und Reichen den Rücken zu kehren und in den Dienst Gottes zu treten. Im zweiten Teil „Grace“ schildert er die anschließenden Jahre voller „Wunder“, in denen sich der Verlag unter seiner Leitung erholt und zu einem der erfolgreichsten im christlichen Sektor entwickelt.
Schade ist, dass die Zweifel und Tiefen, die es durchaus gegeben hat, in Gerths Ausführungen hier nur angedeutet werden. Noch glaubwürdiger und authentischer wäre sein Bericht, würde er auf diese Aspekte ebenso ausführlich eingehen wie auf seine beruflichen Erfolge, von denen er „zur Ehre Gottes“ berichten will.
So schreibt der Autor über eine Situation, als die Geschäfte nicht besonders gut liefen: „Ich nahm den ganzen Stapel Post, pfefferte ihn gegen die Bürowand und ließ meiner Enttäuschung freien Lauf. ‚Wie unbeherrscht von dir, Klaus!’ Ich schämte mich. Auch wenn mich keiner gesehen hatte, Gott hat es gesehen. Ich erspare meinen Lesern weitere Geschichten, die sicherlich kein gutes Bild auf meine erste Zeit im Verlag geworfen hätten.“ Dabei bergen doch gerade solche Momente das Potential eines glaubhaften Zeugnisses für Gottvertrauen, wenn die eigene Unzulänglichkeit ehrlich zugegeben wird.
Himmel oder Hölle
Umso krasser wirkt der Übergang zum letzten Teil des Buches, „How Sweet The Sound“, in dem Gerth ins Predigen verfällt. Hier erzählt der Autor von seiner Verabschiedung in den Ruhestand, der anschließenden Auswanderung in die USA und einer „persönlichen Erweckung“, die er dort erlebt hat.
Auch wenn mancher Leser mit Gerths Gedanken zu Erweckungsbewegungen und Endzeit-Vorzeichen vielleicht nicht viel anfangen kann, schafft er es dennoch, den Leser zu überzeugen: „In Wahrheit geht es um die Ewigkeit. Es geht um Himmel oder Hölle.“ Endlich spürt man etwas von Gerths leidenschaftlichem Glauben und wird herausgefordert, sich selbst die Frage zu stellen: Brennt mein Herz für Gott?
Das ist es auch, was der Verleger und Autor mit seiner Biografie beabsichtigt: Menschen zu erreichen, zu bewegen und sie zu ermutigen, den Weg mit Gott zu gehen – damit sie die Verwandlung, die er selbst erlebt hat, in ihrem eigenen Leben geschehen lassen. Sollte sich der Leser nach der Lektüre dann tatsächlich für diesen Schritt entscheiden, kann er am Ende des Buches direkt ein entsprechend formuliertes Gebet sprechen und eine Bekehrungsurkunde unterzeichnen.
Empfehlenswert ist dieses Buch für all diejenigen, die mehr über die Geschichte des Verlags Gerth Medien und den Mann dahinter erfahren möchten. Trotz der recht distanzierten, teils sprunghaften Erzählweise bietet es interessante Einblicke in das Leben von Klaus Gerth und seiner Familie. Auch Anekdoten aus seiner Zeit beim Verlag kommen nicht zu kurz. 28 farbige Bildseiten lassen Gerths Lebenslauf zusätzlich lebendig werden.
Fontis statt Gerth Medien
Auf die Frage, wieso er seine Biografie nicht im eigenen Hause veröffentlicht habe, sagte Klaus Gerth, er sei vom Verlag bei einem Gespräch auf der Buchmesse darum gebeten worden, seine frischen Glaubenserfahrungen aus den USA zu Papier zu bringen.
Die Kernbotschaft sollte zunächst Gerths „prophetische Sicht“ sein, die bereits in dessen Buch „Der Antichrist kommt“, das 1980 eine Auflage von 70.000 erreichte, eine große Rolle spielt. Durch die enge Zusammenarbeit sei dann doch eine Biografie mit dem Wunsch entstanden, dass sich Fontis und Gerth gemeinsam für einen Titel stark machen, der nichts anderes wolle, als Jesus zu verherrlichen. Gegenüber pro teilte Fontis mit: „Außerdem glauben wir, dass es jeder Verlegerpersönlichkeit gut zu Gesicht steht, nicht im eigenen Haus zu veröffentlichen.“ (pro)
Gerth, Klaus: „Amazing Grace. Das wundersame Leben eines Verlegers“, Fontis, 252 Seiten, 20 Euro, ISBN: 9783038481256
Von: dem