Vom Lieben und Hassen von Fernseh-Castingshows

"Die Welt mit jedem Akkord ein kleines bisschen besser machen." Das ist das Motto von den Freikirchlern Sarah Nücken und Steffen Brückner. Mit ihrer Band "Mrs. Greenbird" singt das Paar am Sonntag in der Castingshow "X-Factor" auf VOX. Im Interview mit pro erzählen sie, wie sie als Gegner solcher Shows dennoch da reingeraten sind und wie sie ihren Glauben leben.
Von PRO

Seit Herbst 2010 gibt es "Mrs. Greenbird". Sie sagen, sie sind keine explizit christliche Band und wollen nicht nur Musik für die Christenwelt machen, sondern für jeden Menschen. Ihre Musik beschreiben sie als Mischung aus Folk, Country und Pop.

Nücken, die überwiegend den Gesangspart des Duos übernimmt, ist 28 Jahre alt und arbeitet als Sozialpädagogin. Brückner ist 36 Jahre und Mediendienstleister. Er kümmert sich um Promotion- und Eventorganisation sowie Videoproduktion. Die beiden gehen in die evangelische Freikirche "Mosaik Düsseldorf".

pro: Auf eurer Internetseite schreibt ihr über eure Teilnahme in der Castingshow: "Wir haben unsere Seele verkauft." Ist das eure Einstellung zu solchen Sendungen
?

Sarah Nücken: Bevor wir die Castingshow angetreten haben, war das so. Der Spruch auf der Homepage ist allerdings eher witzig gemeint. Ich hab früher nie Castingshows geguckt, und ich wusste auch nicht, was "X-Factor" ist. Ich hatte immer die absoluten Horrorvorstellungen. Aber das Team von "X-Factor" ist super und lässt uns sein, wie wir sind. Grundsätzlich haben wir unsere Seele nicht verkauft, sonst wären wir auch schon längst ausgestiegen.

Wie kam es denn dazu, dass ihr als Castingshow-Gegner an "X-Faktor" teilnehmt?


Steffen Brückner: Beim Einkaufen im Musikladen bin ich in die Castingcrew reingelaufen und habe mich sehr nett mit ihnen unterhalten. Ich war skeptisch, aber das Team war so nett, auskunftsfreudig und ehrlich, dass wir uns davon haben überzeugen lassen. Wir hatten auch nichts zu verlieren und haben nur als Gag mitgemacht. Wir sind davon ausgegangen, dass wir sowieso nicht weiterkommen als das erste Casting.

Gab es irgendwelche Abmachungen von eurer Seite aus?

Steffen Brückner: Wir haben mit ihnen von vornherein klargemacht, dass wir sein können, wer wir sind, dass wir unseren eigenen Namen behalten und unsere künstlerische Freiheit genießen können.

In der TV-Sendung sprecht ihr nicht über euren Glauben. Ist das Absicht?

Sarah Nücken: Wir haben uns bewusst dagegen entschieden, das an die große Glocke zu hängen, weil es ein Privatsender ist. Man hat keinen Einfluss, wie das dargestellt wird. Eventuell würde es falsch dargestellt werden, in Richtung Sekte. Aber wenn uns jemand fragen würde, würden wir auch eine klare Antwort geben.

Ihr geht in die evangelische Freikirche "Mosaik Düsseldorf". Was ist das Besondere daran?

Steffen Brückner: Wir sind keine Gemeinde, sondern eine Gemeinschaft. Wir haben eine ganz klare Ausrichtung, Menschen zu erreichen, die völlig kirchenfern sind. Wir wollen möglichst niedrigschwellig sein, und dazu gehört auch eine Sprache, die die anderen verstehen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass viele mit dem Kirchenjargon nichts anfangen können.

Sarah Nücken: Wir möchten Beziehungen bauen, Menschen erreichen, Liebe versprühen – mit unserer Musik und in der Art, wie wir auftreten und wie wir anderen begegnen. Ich finde es schön, Menschen kennenzulernen und eine Beziehung herzustellen und vielleicht kommt da irgendwann der nächste Schritt, wo man tiefer ins Gespräch geht. Aber wir sind keine Menschen, die mit der Tür ins Haus fallen. Es muss halt passen.

Steffen Brückner: So ist auch unsere Gemeinschaft aufgebaut. Nicht breit streuen und gucken, was übrig bleibt, sondern Beziehungen bauen und darüber Menschen erreichen.

Wie seid ihr zum Glauben gekommen?

Steffen Brückner: Meine Eltern sind mit dem Glauben in Kontakt gekommen, als ich sieben oder acht war. In meinem Dorf gab es eine progressive und sehr offene Brüdergemeinde. Da bin ich jahrelang gewesen, und das hat mich geprägt. Jetzt spielt Gott für mich immer eine Rolle. Egal, ob ich darüber rede oder nachdenke oder nicht. Ich habe ein dauerhaftes Bewusstsein für Gott. Ich muss nicht ständig darüber reden oder darüber nachdenken. Die Auseinandersetzung mit der Bibel und besonders mit Jesus und dem neuen Testament hat mir geholfen, das Gottesbild zu kanalisieren, besser zu verstehen – gerade Jesus als menschgewordenes Beispiel, um das Wesen Gottes zu verstehen und zu erklären. Was man vorher als abstrakte Energie wahrgenommen hat…

Sarah Nücken: Ich hatte schon als Siebenjährige dieses Urgefühl für Gott, auch wenn mir keiner davon erzählt hat, dass da ein Gott ist. Ich habe als Kind nachts im Bett einfach so gebetet. Das war für mich immer da. Gott ist für mich ein liebender Vater, der sehr wohlwollend und vergebend ist und mir dabei hilft, eine bessere Version von mir selbst zu werden.

Hilft er dir auch in der Sendung?


Sarah Nücken: Ich habe dieses Bewusstsein, dass er immer da ist. Dass er auch bei mir ist, wenn was nicht glatt läuft und dass es für irgendetwas gut ist. Und ich weiß auch, dass er uns in diese Show geschickt hat. Egal, ob wir jetzt gewinnen oder verlieren, es hat seinen Grund, und daraus wird am Ende etwas entstehen, was schön ist.

Ihr seid in der Musik ein Duo und privat ein Paar. Wie habt ihr musikalisch zusammengefunden?


Sarah Nücken:
Steffen war in unserer vorherigen Gemeinde "Köln West", eine Evangelische Freikirchliche Gemeinde, Lobpreisleiter. Ich habe auch in der Lobpreisband gesungen. Wir sangen auch auf vielen Hochzeiten. Ich habe dann angefangen, meine eigenen Texte zu schreiben, aber eigentlich nur für mich.

Was änderte diesen Lauf?

Sarah Nücken: Der Schauspieler und Oscarpreisträger Tim Robbins hatte einen Auftritt in Köln. Er benötigte eine Vorgruppe und dann fragte sein Management bei uns an. Ab da haben wir gedacht: Wir machen das jetzt regelmäßig. Und dann kamen mehr Songs und mehr Auftritte dazu.

Und so seid ihr seit Herbst 2010 "Mrs. Greenbird". Woher kommt der Bandname?


Sarah Nücken: Grün ist meine Lieblingsfarbe, und ich habe eine bildhafte Phantasie, benutze viel Bildsprache in meinen Texten. Eines Tages sind wir nach Hause gekommen und da lag ein grüner, toter Papagei vor unserer Haustür. Da haben wir uns einfach gedacht, wir nennen wir uns "Mrs. Greenbird". In Köln gibt es viele grüne Papageien, die mal aus dem Zoo ausgebüchst sind.

An diesem Sonntag singt ihr das erste Mal live im Fernsehen. Werdet ihr vor dem Auftritt beten?

Sarah Nücken: Ja, auf jeden Fall. Das machen wir. Wenn wir es schaffen, dann beten wir vor den Auftritten. Manchmal ist es allerdings so hektisch, dann macht man das nur für sich im Kopf. Bei einer vorhergehenden aufgezeichneten Show hatten wir auch Freunde dabei, und da konnten wir in der Gruppe beten.

Herzlichen Dank für das Gespräch.
(pro)

Die Fragen stellte Martina Schubert.

http://www.mrsgreenbird.com/
http://www.facebook.com/mrs.greenbird?fref=ts
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