Vom Kiez in die katholische Kirche

Noch vor einem Jahr lag die Kiez-Größe Michel Ruge mit einer Kalaschnikow und nackten Frauen in der Badewanne. Jetzt ist er Katholik und hat öffentlich erklärt, warum.
Von PRO
Früher lebte Michel Ruge in einer anarchistischen Kommune und teilte sich die Badewanne gleich mit mehreren Frauen.  Jetzt sitzt er sonntags in der Kirchenbank
Michel Ruge ist Autor, Schauspieler und Kampfkünstler. Jahrelang hat er als Türsteher für Berliner Nachtclubs gearbeitet. Der gebürtige Hamburger hatte einen Lebenstraum: Er wollte Bordellbesitzer werden wie sein Vater, der auf Hamburg-St. Pauli drei Freudenhäuser betrieb. In einem Gastbeitrag in der Tageszeitung Die Welt schreibt der 45-Jährige, dass er trotz dessen seit seiner Kindheit Orientierung im christlichen Glauben gesucht habe. „Vor einer Woche bin ich zum katholischen Glauben konvertiert, habe mich jetzt firmen lassen“, schreibt Ruge. An der katholischen Kirche beeindrucke ihn besonders die „tiefe Spiritualität, die Ruhe, Gebete, die Beichte, Gottesdienste und das Abendmahl, die heiligen Sakramente, die nicht bloß pure geistige Erinnerungszeremonien sind, sondern körperlich und spirituell zum Ausdruck kommen und dadurch stärker erlebt werden können.“ Seine ersten Eindrücke der katholischen Kirche stammten zwar aus Mafiafilmen. Seit jeher habe Ruge aber bei Katholiken das Gefühl gehabt, dass der Glaube ernster genommen werde – und somit auch er.

„Keine Religion ist per se schlecht oder gut“

In seinem Umfeld erntete Ruge nicht nur Verständnis: „Was willst du bei den Pädophilen“ habe er sich vor seiner Firmung des Öfteren anhören müssen. „Zwar gab es ungefähr genauso viele Glückwünsche wie resolutes Kopfschütteln, doch die Vehemenz, mit der hasserfüllt über eine der größten Kirchen der Welt und eine der prägendsten Institutionen unserer abendländischen Kultur hergezogen wurde, ist erschreckend“, erklärt der nun Gefirmte. Das Bild der katholischen Kirche sei durch die aufgedeckten Missbrauchsfälle heute stark negativ geprägt. Das belegten die anhaltend hohen Austrittszahlen. In der Öffentlichkeit stünden die Geistlichen häufig unter Generalverdacht. Ruge, der 2010 einen psychologischen Ratgeber für den Umgang mit physischen Angriffen veröffentlichte, widerspricht einer solchen Kollektivschuldgebung: „Keine Religion kann auf ihre negativen Ereignisse reduziert werden. Keine ist per se schlecht oder gut.“

„Ich habe ein geistiges Zuhause gefunden“

Nach Ruges Ansicht sollte die Spiritualität wieder mehr in den Alltag gerückt werden: „Die Zeit tickt in unserer Gesellschaft immer schneller, kaum eine Atempause zwischen Arbeit, Sport, Familie, sozialen Netzwerken und dem Rest Privatleben, das immer mehr von Internet und Entertainment verschluckt wird.“ Der Gang zum Gotteshaus sei genau dafür gut, „sich zu besinnen, abzuschalten, sich ganz auf das Göttliche in sich zu konzentrieren und sich als Teil einer starken und stützenden Gemeinschaft zu erfahren.“ Mit seiner Verlobten habe Ruge vor wenigen Wochen eine Messe in Berlin-Wilmersdorf besucht und – außerhalb von Ostern und Weihnachten – eine bis auf den letzten Platz gefüllte Kirche vorgefunden. Babys hätten gebrabbelt und Kinder nach dem lieben Gott gefragt. „So lebendig und freundlich hatte ich den Gottesdienst nicht mehr in Erinnerung. Ich war im wahrsten Sinne des Wortes ganz beseelt“, schreibt Ruge. In der katholischen Kirche habe er zum ersten Mal seit langer Zeit wieder gespürt: „Hier bin ich mit meinem Glauben und mir, mit Gott an einem Platz ganz verbunden, habe ein geistiges Zuhause gefunden.“ (pro)
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