Volksbegehren über Religionsunterricht in Berlin zulässig

B e r l i n (PRO) – Der Berliner Senat hat am Dienstag das Volksbegehren für die Einführung eines Wahl-Pflichtfaches Religion oder Ethik an Berliner Schulen zugelassen. Mit rund 34.500 eingereichten Unterstützerunterschriften sei die geforderte Zahl von 20.000 deutlich überschritten worden, sagte Innensenator Ehrhart Körting (SPD). In Berlin müssen seit Sommer 2007 alle Schüler ab der siebten Klasse verbindlich am Fach Ethik teilnehmen. Mit dieser Regelung beschreitet Berlin bundesweit einen Sonderweg.
Von PRO

Welcher Schüler würde nach einem vollen Unterrichtstag nachmittags noch zusätzlich zwei Stunden opfern, um den Religionsunterricht zu besuchen? Nicht viele, meinen die Initiatoren des Vereins „Pro Reli“. „Pro Reli“ ist eine Initiative von Berliner Bürgern, die sich dafür einsetzen, dass in Berlin ebenso wie in den anderen Bundesländern Religion ein „ordentliches Lehrfach an den Schulen wird“. Dazu fordern sie die Einrichtung eines Wahlpflichtbereichs Ethik/Religion an den öffentlichen Schulen. Zu den ersten Unterzeichnern für das Volksbegehren gehörten EKD-Ratspräsident Bischof Wolfgang Huber und Georg Kardinal Sterzinsky.

Zwar begrüßen die Mitglieder von „Pro Reli“ auf der Internetseite des Vereins die Einführung des Faches Ethik, wenden sich aber gegen den „staatlich verordneten Einheitszwang zu Ethik“. „Wir sind überzeugt davon, dass eine Wertevermittlung an der Schule, die allein auf Ethik setzt und damit einseitig die Grundüberzeugungen religionsferner Schichten widerspiegelt, Stückwerk bleibt“, heißt es auf der Internetseite. Mit dem Wahlpflichtfach könnte jeder Schüler zusammen mit den Eltern selbst bestimmen, ob er – je nach weltanschaulicher Grundüberzeugung – lieber Ethik besuchen, oder am jeweiligen Religions- oder Weltanschauungsunterricht teilnehmen will.

Senat gegen Trennung der Schüler durch Wahlpflichtangebote

Der Berliner Senat lehnt es weiterhin ab, Ethik und Religion als Wahlpflichtfächer an den öffentlichen Schulen zu unterrichten und hält an der verpflichtenden Teilnahme am Fach Ethik fest. „Die aus der Wahlmöglichkeit resultierende Trennung der Schüler ist nach Meinung des Senats dem wichtigen bildungspolitischen und erzieherischen Anliegen, einen Raum für ein gemeinsames Gespräch über Grundlagen des Lebens und die Verständigung unter Andersdenkenden zu schaffen, abträglich“, heißt es in der Pressemitteilung. Darin weist der Senat außerdem darauf hin, dass sich die Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften „im Rahmen einzelner Themenbereiche in den Ethikunterricht einbringen und dadurch die Chance nutzen können, das Interesse der Schüler an einem zusätzlichen Religions- oder Weltanschauungsunterricht zu wecken“.

Weil es für das Festhalten an dem Berliner Sonderweg eine Mehrheit von SPD, Linkspartei und Grünen gibt, rechnet Innensenator Ehrhart Körting (SPD) laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung nicht damit, dass das Parlament der Aufforderung der Bürgerinitiative nachkommt. Die Berliner CDU und die FDP-Fraktion unterstützen die Forderungen von „Pro Reli“.

170.000 Stimmen für einen Volksentscheid

„Pro Reli“ möchte nun das in der Berliner Verfassung verankerte Recht auf die Durchführung eines Volksbegehrens oder eines Volkesentscheides wahrnehmen. Dazu muss die Initiative innerhalb von vier Monaten 170.000 Unterschriften von Berliner Bürgern sammeln, die sich für die Durchführung eines Volksentscheides aussprechen, also für eine Abstimmung aller Bürger über den Gesetzesvorschlag. Wenn die Unterschriften fristgerecht zusammengekommen sind, ist das Volkbegehren erfolgreich zustande gekommen. Der Senat müsste dann entweder einen Termin für den Volksentscheid festlegen oder den Gesetzesentwurf ohne wesentliche Bestandsveränderung annehmen. Dann wäre ein Volksentscheid nicht mehr nötig.

Laut der „F.A.Z“ könnte die Initiative „Pro Reli“ die erste sein, die in den Genuss eines neuen Gesetzes zur Erleichterung von Volksbegehren komme. Der Gesetzentwurf soll im Januar im Rechtsausschuss beraten werden, das Gesetz dann möglicherweise bereits im Frühling in Kraft treten.

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