„Vielleicht bin ich am Jüngsten Tag überrascht“

Islam oder Christentum – welche Religion ist wahr? Darüber haben der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider und der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, diskutiert. Schneider beklagte die mangelnde Säkularisierung muslimischer Staaten, Mazyek hingegen erklärte, der Islam sporne zur Freiheit an.

Von PRO

"Gott allein ist das Heil, und Christus ist für mich der Weg zu ihm", erklärte Schneider im Interview mit "Chrismon plus Rheinland". Mit anderen Wahrheitsansprüchen könne er dennoch gelassen umgehen, schließlich werde sich zeigen, wer recht habe. "Vielleicht bin ich am Jüngsten Tag überrascht, dass ich woanders stehe, als ich erwartet habe. Vielleicht sind aber auch Sie überrascht, Herr Mazyek, wenn Christus Sie willkommen heißt. Warten wir es ab!", sagte er zu seinem Gegenüber. Mazyek konterte, er glaube, dass nichts ohne Konsequenzen bleibe und dass die Menschen sich für ihr Tun auch vor Gott verantworten müssten. Die Muslime verstünden sich aber als Geschwister der Christen und Juden. "Wir können als Muslime nicht von unserer Religion überzeugt sein und gleichzeitig die christliche oder jüdische Kernbotschaft ablehnen", sagte er mit Blick auf die historische Entwicklung des Islam.

Kirche in muslimischen Ländern nur geduldet

"So wie ich es sehe, beansprucht der Islam die Einheit von Gesellschaft, Staat und Religion. Das ist ein Problem", stellte Schneider fest. "Ich mache das an der Religionsfreiheit fest. In vielen muslimischen Ländern ist die christliche Kirche nur geduldet. In Deutschland ist die Situation für den Islam völlig anders, weil es hier eine klare Trennung zwischen Staat und Kirche gibt." Weiter sagte Schneider: "Die Freiheiten, die Sie haben, um Ihren Glauben zu leben, haben meine christlichen Geschwister in der Türkei nicht, von Saudi-Arabien gar nicht zu reden."

Mazyek unterstellte Schneider daraufhin einen Denkfehler: "Sie schreiben dem Islam etwas zu, was mit ihm eigentlich gar nichts zu tun hat. In der muslimischen Hemisphäre haben wir es weitgehend mit Ländern zu tun, in denen diktatorische Regimes herrschen. Die Völker dieser Länder lehnen sich ja derzeit gerade auf, weil sie die Ketten der Despotie sprengen und Freiheit, Mitbestimmungsrechte, Demokratie und Teilhabe durchsetzen wollen. Motiviert werden sie dabei auch von ihrer islamischen Religion, die sie anspornt, als freie Menschen zu leben." Der Islam formuliere keine Staatsgesetze, sondern religiöse Gebote, aus denen man auch eine Ethik staatlichen Handelns ableiten könne. Dies täten allerdings auch christliche Parteien.

"Verfolgung findet im Koran keine Legitimation"

Der Islam, ist sich Mazyek sicher, werde oft durch Machthaber instrumentalisiert. "Fakt ist, dass niemand in der islamischen Welt auf ihre Propaganda hereinfällt, und ich bin überzeugt, auch nicht der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland. Die Verfolgung von Christen findet im Koran keine Legitimation. Wir müssen nicht ständig die Themen unnötig islamisch bemänteln oder gar islamisieren", erklärte er. (pro)

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