„Viel Geld zu haben, ist nicht erstrebenswert“

Daniel Hoster verwaltet als Bankier das private Vermögen der Reichen. Für ihn ist Reichtum aber mehr als Besitz und Geld. Warum das so ist, was ihm Geld bedeutet und was er für erstrebenswert hält, davon spricht er im pro-Interview.
Von PRO
Daniel Hoster ist ein bei Großbanken tätiger Bankier. Im Arbeitskreis Evangelischer Unternehmer gehört er dem Vorstand an.

pro: Herr Hoster, macht Geld glücklich?

Daniel Hoster: Auf diese Frage hätte man gerne eine plakative Antwort. Es gibt viele Menschen, die haben Geld, aber sind nicht glücklich. Und es gibt Menschen, die haben wenig Geld und sind sehr glücklich. Es ist ganz wichtig festzustellen: Glück holt man sich nicht durch Geld, sondern Glück holt man sich durch sehr viele andere Dinge. Trotzdem ist natürlich Geld etwas Gutes und auch etwas, das man genießen kann.

Was bedeutet Ihnen persönlich Geld?

Geld ist ein nützliches Vehikel, um meine Familie zu versorgen, und es macht Spaß, mit Geld Gutes zu tun. Es macht auch Freude, wenn man sich etwas gönnen und es genießen kann. Geld ist immer dann gut, wenn es mich nicht beherrscht und wenn ich davon ein wenig in meinem Portemonnaie habe.

Sind Sie Millionär?

Jeder ist Millionär an Sekunden, die er nutzen kann. Ich bin umso mehr Multimillionär, weil ich den Wert meiner Kinder so hoch schätze, dass ich mit sechs Kindern wirklich ein reicher Mann bin.

Und monetär gesprochen?

Darüber wollen wir lieber nicht reden.

Sie haben auf jeden Fall mit Leuten zu tun, die viel Geld haben, und Sie haben wahrscheinlich auch nicht wenig davon. Wie lebt es sich mit einem relativ großen finanziellen Puffer?

Ich sehe nicht das Geld, ich sehe den Menschen. Wenn ich sonntagnachmittags mit den Flüchtlingen bei uns im Dorf Fußball spielen gehe, dann ist das für mich total bereichernd, und wenn ich jemandem von ihnen helfen kann, etwa einen Praktikumsplatz bei einem Unternehmen zu finden, dann bereitet es mir Vergnügen, meine Kontakte zu nutzen, um etwas Gutes bewirken zu können. Ich möchte nicht in einer Blase leben, wo ich abends nur mit anderen Kollegen ein Bier trinken gehe, sondern ich möchte gerne die verschiedensten Menschen treffen, die, Gott sei Dank, in unserer Welt leben.

Wie erstrebenswert ist es, viel Geld zu haben?

Gar nicht.

Nicht?

Geld zu haben heißt, viele Sorgen zu haben. Im Ernst: Ich glaube, das Erstrebenswerte im Leben ist, sich die Frage zu stellen: Was ist der Sinn des Lebens? Was ist meine Berufung? Was liegt mir, was passt zu mir? Ein Künstler ist viel glücklicher, wenn er seine künstlerischen Fähigkeiten ausleben kann, selbst wenn er nicht den Durchbruch schafft, ein Star zu werden. Wenn jemand ein unternehmerisches Talent hat, dann lohnt es sich, da zu investieren. Ich würde immerzu raten, nicht aufs Geld zu schauen, sondern darauf: Wie kann ich meine Talente besonders gut einsetzen? Wenn das dazu führt, dass jemand viel Geld hat, dann ist das der Nebeneffekt, den man dann richtig managen muss. Aber die Zielsetzung sollte nie sein: Wie komme ich zu viel Geld?

Und was ist Ihre Berufung?

Meine Berufung ist, Bankier zu sein. Unternehmer und ihre Familien zu begleiten und beraten. Stiftungen dabei zu unterstützen, wie sie die Welt ein bisschen besser machen. Und auf der anderen Seite gehört zu meiner Berufung die Familie: junge Menschen zu motivieren, ihnen zu helfen, ihren Weg zu finden, von meinen gesammelten Erfahrungen weiterzugeben.

Sehen Sie Ihre Fähigkeit, gut mit Geld umzugehen, als ein Talent?

Das Talent, gut mit Menschen umzugehen und dann auch gut mit Geld umzugehen – ganz sicher, das ist mir geschenkt. Ich bin ein Visionär und Risikomanager. Konzeptionell zu denken, verschiedene Stränge zu vernetzen, Trends erkennen, die sich gerade entwickeln und die internationalen Zusammenhänge zu verstehen, das sind meine Stärken, die ich gerne einsetze.

Wenn jemand viel Geld hat, kann er oder sie damit Gutes tun. Damit würde Geld doch glücklich machen?

Ich würde eher sagen: Gutes tun macht glücklich. Es ist definitiv mit Geld möglich, Gutes zu tun, und das sollte man auch. Aber wenn jemand seinen Kindern abends eine Gute-Nacht-Geschichte vorliest, dann spielt Geld dabei keine Rolle, trotzdem macht es alle Beteiligten etwas glücklicher.

Sie haben in einem Interview gesagt: Geld bringt Lärm in Ihr Leben. Was haben Sie damit gemeint?

Ein Beispiel: Jetzt kommt wieder ein neues Smartphone heraus. Manche Leute beschäftigen sich einen ganzen Tag damit, erst in der Schlange vor dem Laden zu stehen, um das Gerät zu kaufen, und dann dieses Smartphone so einzurichten, dass man den besten Nutzen davon hat. Aber vielleicht könnte man an demselben Tag auch irgendwo auf einer Parkbank sitzen und ein Buch lesen. Das würde weniger kosten, aber vor allem hat man weniger Lärm im übertragenen Sinne in sein Leben gebracht. Ich nenne Ihnen ein dramatisches Beispiel: Jemand hat sich im Auslandsurlaub spontan ein Ferienhaus gekauft. Jetzt müssen die lokalen Handwerker für die Renovierung organisiert werden, steuerliche Implikationen müssen bedacht werden, behördliche Pflichten verlangen ihren Tribut. Man kann viel Stress erleben gerade durch etwas, was man sich gönnt, um sich besser erholen zu können. Deshalb möchte ich darauf gern aufmerksam machen: Bringe nicht zu viel Lärm in dein Leben, durch das, was du kaufst. Manchmal ist Ruhe die höhere Lebensqualität.

Sie unterscheiden auch zwischen Reichtum und dem Besitz von Geld. Warum ist das nicht dasselbe?

Was ist denn das wirkliche Vermögen, das ich habe? Meine Talente, meine Familie, meine Freunde. Das ist mein Reichtum. Nicht der materielle Besitz allein, sondern vieles Immaterielles macht reich. Es ist wichtig, für sich selber einmal so eine Bilanz aufzustellen, um zu fragen: Was habe ich eigentlich insgesamt?

Wie haben Sie als Kind den Umgang mit Geld gelernt?

So, wie sich das in einer Großfamilie gehört: Man lebt sparsam, man lernt, verantwortungsvoll mit dem Geld umzugehen, Gutes zu tun. Ich habe meine Eltern dafür bewundert, dass sie nicht nur eine große Familie versorgt haben, sondern nebenbei immer viele Menschen eingeladen und Armen geholfen haben.

Und wie bringen Sie heute Ihren Kindern den Umgang mit Geld bei?

Ich hoffe, dass mir meine Kinder das nicht übelnehmen, wenn ich das verrate: Die Kinder müssen Buch führen. Sie müssen also die Ausgaben, die sie haben, in einer Tabelle aufschreiben und die Einnahmen auch. Bei den Ausgaben gibt es noch zwei Spalten daneben, die sich bewährt haben, nämlich „Mit wem habe ich mich bei diesem Kauf beraten“ und „Wie beurteile ich diesen Kauf nach drei Monaten“. Das führt zu guten Gesprächen, wenn wir uns dann mal die Einnahmen- und Ausgabenrechnungen ansehen, und hoffentlich zu dem einen oder anderen Aha-Effekt bei den Kindern. Denn es ist interessant zu sehen, wenn ein Jugendlicher sich etwas kauft, das er unbedingt haben muss, und drei Monate später selber bemerkt: Das benutze ich ja gar nicht mehr.

Inwieweit ist die Bibel ein Finanzratgeber?

Für mich ist die Bibel eine Gebrauchsanleitung für das tagtägliche Leben, auch mit sehr konkreten Impulsen zum Umgang mit Geld. Sehr interessant ist, dass Jesus viel über Geld redet. Angefangen damit, dass er sagt: „Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz“, bis dahin, dass er von Talenten spricht und davon, wie wir diese vermehren können. Aber er erzählt auch von dem, der einen armen Menschen getroffen und ihm geholfen hat, und dem, der es nicht tat, und wie er das einschätzt. Übrigens: Ein besonders wertvoller Finanzratgeber ist das Buch der Sprüche.

Haben Sie einen Tipp aus den Sprüchen?

Wer fleißig arbeitet, wird nicht Hunger leiden.

Sie sind gegenüber den Menschen für Ihr Handeln verantwortlich und als Christ auch vor Gott. Wie wirkt sich das auf Ihre Arbeit aus?

Ich wünsche mir, dass meine Geschäftspartner davon profitieren, dass es eine Controlling-Instanz in meinem Leben gibt, vor der alles transparent ist. In der Präambel des Grundgesetzes heißt es: „Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, […] hat sich das Deutsche Volk […] dieses Grundgesetz gegeben.“ Diesen Satz finde ich sehr wertvoll und den nehme ich für mich selber auch in Anspruch. Fehler passieren, das ist völlig klar, aber wenn ich in Verantwortung vor Gott handele und Entscheidungen fälle, dann werde ich mich automatisch selbst hinterfragen: Ist in dieser Situation diese Entscheidung gerechtfertigt – im Blick für mein Gegenüber und vor Gott? Wenn wir damit alle noch viel bewusster leben, dann, glaube ich, wird unsere Welt zu einem besseren Platz.

Inwieweit gehen Sie als Berater moralisch mit Geld um?

Moral ist immer so ein großes Wort. Das erste Moralische, was ich mit Geld machen kann, ist, hochprofessionell und integer zu sein. Ich habe manche Menschen getroffen, die groß und laut von Moral reden, aber ihren Nächsten schlecht behandeln. Wie gehe ich mit meiner Sekretärin, mit meinen Mitarbeitern um? Wie integer bin ich in Zusammenarbeit mit meinen Kunden und wie professionell bin ich in meinem Geschäft? Da fängt moralisches Handeln an. Und dann kommt man natürlich auch zu vielen Themen, wo man die Frage stellen muss: Wie kann ich unmoralische Investitionen vermeiden? Wie kann ich gezielt Gutes mit dem Geld tun?

Welche Verantwortung haben die wenigen reichen Menschen für die vielen Armen auf der Welt?

Der Staat trägt die Verantwortung dafür, gesunde Rahmenbedingungen für eine möglichst gerechte Wirtschaft zu schaffen. Unternehmer übernehmen Verantwortung, indem sie profitabel arbeiten, Steuern zahlen, Arbeitsplätze schaffen. Jeder Mensch muss verstehen, dass es eine hohe Eigenverantwortung für das eigene Glück, den eigenen Erfolg gibt. Es ist wichtig, das schon den Kindern bewusst beizubringen. Dann gilt natürlich auch, dass diejenigen, die Glück hatten im Leben, die eine irgendwie einflussreiche Position bekleiden, immer auch die Verantwortung haben, zu überlegen: Wie kann ich damit noch mehr dem Gemeinwohl dienen? Da gibt es ganz unterschiedliche Wege, wie man das für sich beantwortet. Der eine spendet Geld, der andere gründet eine Stiftung, wieder andere investieren in Geschäfte, die Gutes bewirken, manche gehen in die Politik oder helfen in Entwicklungsländern.

Gerade Banker haben jedoch einen schlechten Ruf, auch, dass sie verantwortungslos mit Geld umgehen oder das Geld zum Fenster hinauswerfen würden. Trifft das zu?

Statt pauschal alle Banker über einen Kamm zu scheren, will ich Ihnen gern verraten: Ich kenne so manche Banker, die mit viel Verantwortung ihren Job wahrnehmen, und definitiv möchte ich zu denen gehören. Jeder Kunde hat die Möglichkeit, ganz gezielt seine Geschäfte mit solchen Bankiers zu tätigen, die das Vertrauen auch verdienen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte Martina Blatt. (pro)

Das Interview stammt aus der Ausgabe 5/2016 des Christlichen Medienmagazins pro. Sie können es kostenlos und unverbindlich bestellen unter der Telefonnummer 06441/915-151, via E-Mail an info@pro-medienmagazin.de oder online. (pro)

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Eine Antwort

  1. Ich hatte die Möglichkeit die Familie Hoster kennen zu lernen. Damit meine ich Daniel’s Eltern, seine Geschwister und deren Familien. Ich habe mich von dem ersten Moment an wie ein Mitglied dieser Familie gefühlt. Jeder einzelne war sehr freundlich und offen mit mir. Alle haben in irgendwelchen wichtige Jobs und gewiss auch nicht arm, dennoch keiner hat mir je das Gefühl gegeben sie seien was besseres. Sie sind sehr bescheiden und höflich zu alle. Zu der Zeitpunkt war ich frisch in Deutschland, konnte kein Deutsch und hatte kein Vermögen. Sie haben mich reich beschenkt: sie haben mir mut gemacht und Sachen beigebracht die bis heute mir sehr wichtig sind. Diese Menschen kennen zu lernen und ein paar Monate regelmäßig Zeit zu verbringen war für mich sehr wertvoll. Daniel und seiner Familie haben damals noch in NY gelebt aber waren zum Besuch in Deutschland. Diese Großfamilie Hoster schätze ich sehr und werde für immer sehr dankbar sein.

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