Ursprünglich mussten Videotheken in Deutschland nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes aus dem Jahr 1988 an Sonntagen geschlossen sein. Der Deutsche Bundestag verabschiedete 1998 jedoch ein neues Filmförderungsgesetz, nach dem Videotheken maßgeblich der Filmbranche im Lande fördern und daher eine Öffnung auch am Sonntag erlaubt sein sollte. Nun müssen die Bundesländer selbst über diese Frage entscheiden. Nach wie vor geschlossen bleiben Videotheken sonntags in Thüringen, Sachsen, Saarland, Nordrhein-Westfalen, Baden – Württemberg, Bayern und Hessen.
In Hessen soll sich dies nun allerdings ändern. Videotheken, Büchereien und Autowaschanlagen sollen künftig sonntags ab 13 Uhr öffnen dürfen. Das beschloss der Landtag in Wiesbaden am Dienstag mit der Stimmenmehrheit von CDU und FDP. Die Opposition aus SPD, Grünen und Linke stimmte gegen das Vorhaben. Nach dem neuen Feiertagsgesetz können Videotheken und Bibliotheken von 13 Uhr an öffnen. An hohen Feiertagen wie Karfreitag oder Pfingstsonntag müssen sie aber weiterhin geschlossen bleiben.
Gleichzeitig beschlossen die Politiker, dass Geschäfte künftig am Gründonnerstag spätestens um 20 Uhr schließen müssen. Damit sind in der Nacht zum Karfreitag keine Verkaufsaktionen mehr möglich.
"Sonntagsruhe liegt der CDU am Herzen"
Der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Holger Bellino, sprach von einem "ausgewogenen Gesetzentwurf, der kirchliche Feiertage schützt". Bellino sagte: "Die Sonntagsruhe liegt uns als CDU ganz besonders am Herzen. Deshalb dürfen Videotheken und Bibliotheken an Sonn- und Feiertagen künftig auch erst ab 13 Uhr geöffnet werden, da die Hauptgottesdienste, die üblicherweise bis zu diesem Zeitpunkt stattfinden, dann nicht gestört werden und Hessen ist eines der Bundesländer mit sehr rigiden Vorschriften zum Schutz der Sonn- und Feiertage."
An hohen christlichen Feiertagen wie Karfreitag, Volkstrauertag, Totensonntag, dem 1. Weihnachtsfeiertag, Ostersonntag und Pfingstsonntag darf eine Öffnung der genannten Einrichtungen nicht erfolgen. "An diesen so genannten ’stillen Feiertagen‘ soll die Feiertagsruhe so weit wie möglich geschützt werden, um dem religiösen und kulturellen Bedürfnis nach besonderer Ruhe Rechnung zu tragen", sagte der CDU-Sprecher. Die Beschränkung der Ladenöffnungszeiten am Gründonnerstag auf 20 Uhr trage "der besonderen religiösen Bedeutung" des Vorabends von Karfreitag Rechnung. "Halli-Galli-Veranstaltungen und Feuerwerke – wie sie in der Vergangenheit zu beobachten waren – haben an diesem Tag nichts zu suchen", so Bellino.
Kirche mahnt Sonntagsruhe an
Der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Martin Hein, sowie der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Volker Jung, begrüßten den Schutz des Gründonnerstages. Dieser Vorabend des Karfreitages sei in der christlichen Tradition besonders bedeutsam. "Denn an diesem Abend erinnerten Christen an das erste Abendmahl, das Jesus mit seinen Jüngern gefeiert habe, an den Verrat an Jesus Christus und an seine Verhaftung. Diese besonders ernsthafte Thematik präge diesen Abend im Rahmen des Jahresablaufs in einzigartiger Weise. Er setze damit wichtige menschliche Themen auf die Tagesordnung", so die Kirchenvertreter in einer Stellungnahme am Mittwoch. "Hier schützt das Gesetz ein tieferes Verständnis des Lebens und damit ein Stück Lebensqualität."
Zugleich kritisierten Hein und Jung die Öffnung von Autowaschanlagen, Videotheken und Büchereien am Sonntag als "Schritt in die falsche Richtung". Zwar sei der Respekt vor der traditionellen Gottesdienstzeit am Sonntagmorgen erkennbar. Aber die Öffnung ab 13 Uhr werde mehr Menschen zur Arbeit nötigen. "Die Öffnung dieser Einrichtungen klingt wie mehr Freiheit. Aber in Wahrheit bringt sie mehr Arbeit, zumindest für die Beschäftigten in diesen Einrichtungen. In kleinen Schritten werden so immer mehr Menschen am Sonntag zur Arbeit gerufen. Die Sonntagsarbeit sollte auf notwendige Bereiche begrenzt bleiben. Als Christen sind wir zutiefst davon überzeugt, dass es unserer Gesellschaft gut tut, wenn möglichst viele Menschen gemeinsam einen Tag in der Woche frei haben."
Die Kirchenvertreter fügten hinzu, es gebe am Sonntag "eindeutig besseres zu tun als sein Auto zu waschen", und nannten als Beispiel: "Seinem Sohn beim Fußballspielen zuschauen, mit seiner Tochter etwas spielen, mit seinem Partner etwas unternehmen, die Eltern besuchen, im Gottesdienst über das Leben nachdenken – und Gott dafür danken." (pro)