Vertrauen in die Medien: „Weniger dramatisieren“

Ein großer Teil der Bevölkerung hat das Vertrauen in die Medien verloren, meint der Kommunikationsforscher Oliver Quiring. Dieses Misstrauen sei aber keine neue Erscheinung und die Medien seien zum Teil selbst schuld daran.
Von PRO
Die Deutschen vertrauen etablierten Medien, wie zum Beispiel Tageszeitungen, mehr als Online-Medien
Deutschland habe in Bezug auf „Manipulation mittels gesteuerter Medien“ eine schmerzvolle Geschichte hinter sich, sagte Oliver Quiring im Interview mit dem Tagesspiegel. Schlechte Erfahrungen hätten die Deutschen unter anderem im Dritten Reich und in der DDR mit Medien gemacht. Heute seien voreilige Meldungen, bei denen anschließend zurückgerudert werden müsse – wie es sie beispielsweise über den Absturz der Germanwings-Maschine oder über die Ukraine gab – Gründe für Misstrauen in die journalistische Berichterstattung. Dabei gebe es einen Unterschied zwischen den verschiedenen Medien. Den öffentlich-rechtlichen Sendern und etablierten Tageszeitungen werde mehr Vertrauen entgegen gebracht als privaten Anbietern oder Quellen aus dem Internet. Der Wissenschaftler betont aber, dass eine schlechte oder gute Meinung der Deutschen über die Medien sehr stark vom eigenen Weltbild abhänge und davon, wie gut die Berichterstattung dort hinein passe. Einen Grund für das Misstrauen sieht Quiring in der dramatisierenden Berichterstattung vieler Medien. „Eine Bevölkerung, der täglich mehr oder minder hysterisch die nächste Schreckensmeldung präsentiert wird, sieht natürlich erstmal genauer hin“, sagte er. Ihre Meinung darüber täten die Leser mittlerweile häufig in sozialen Medien kund. Der Kommunikationsforscher fordert von den Medien, weniger zu dramatisieren und wies darauf hin, dass das „Geschäftsmodell der Medien aber auf Vertrauenswürdigkeit und nicht auf wohltemperiertem Schrecken“ beruht. Zudem beschäftigten sich die Medien immer häufiger selbst mit dem Misstrauen gegen sie. Das führe dann auch zu mehr Aufmerksamkeit für das Thema. Quiring sieht auch im Konkurrenzkampf um eine Vorreiterschaft zwischen klassischen Medien und schnellem Internet ein Problem. Viele Medien versuchten, mit der Aktualität des Internets mitzuhalten. „Das führt oft zu vorschnellen Nachrichten, die dann wieder korrigiert werden müssen. Oder einer recht einseitigen Verengung der Perspektiven.“ Der Wissenschaftler empfiehlt Journalisten, „sich wieder auf das zu besinnen, was sie prinzipiell sehr gut können: uns mit dem vertraut zu machen, von dem wir noch keine Ahnung haben.“ Dabei komme es auf Ausgewogenheit, Sachlichkeit und eine Vielfalt der Argumente an. (pro)
https://www.pro-medienmagazin.de/journalismus/detailansicht/aktuell/medienmacher-reflektieren-germanwings-katastrophe-93689/
https://www.pro-medienmagazin.de/kommentar/detailansicht/aktuell/asyl-mehr-journalismus-weniger-aktivismus-noetig-93334/
https://www.pro-medienmagazin.de/medien/internet/detailansicht/aktuell/solidaritaet-aber-nicht-fuer-alle-92792/
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