Versteckte Grausamkeit: IS startet „Aufklärungsreihe“
Mit einem neuen Propaganda-Video führt der IS erneut eine britische Geisel vor. Der inhaftierte Journalist John Cantlie soll in einer vierteiligen Serie über die „Wahrheit über den IS“ aufklären – eine groteske und perfide Inszenierung.
Von PRO
Foto: Screenshot Youtube
Der Journalist John Cantlie ist seit 2012 in IS-Gefangenschaft. Nun benutzt ihn die Terrororganisation für ein Propaganda-Video
Der Vorspann des Videos wirkt professionell wie bei einer seriösen Nachrichten- oder Wissenschaftssendung. Bild, Name des Sprechers und Titel der „Sendung“ werden eingeblendet: „Lend me your ears (Hört mich an) – Botschaften von dem britischen Gefangenen John Cantlie“. Nur der Begriff „Gefangener“ wirkt fehl am Platz.
John Cantlie sitzt an einem Tisch. Die Hände hält er vor sich auf dem Tisch ineinander verschränkt. Er trägt einen orangefarbenen Overall und schaut mit ernstem Blick geradeaus in die Kamera. Um ihn herum herrscht Dunkelheit. Was er sagt, liest er von einem Bildschirm neben der Kamera ab, so scheint es.
Der Journalist stellt sich vor: Er arbeite unter anderem für die Zeitungen Sunday Times, The Sun und Sunday Telegraph. Im Jahr 2012 sei er nach Syrien gereist. Dort habe der Islamische Staat (IS) ihn gefangen genommen. Seitdem sitze ist er deren Häftling. Cantlie kündigt an, über die „Wahrheit über die Motivation und das System des IS“ aufzuklären. Westliche Medien „manipulieren“ und „verdrehen“ diese Wahrheit. Die Schuld an seiner Inhaftierung, trägt er vor, habe die britische Regierung. Nur, weil sein Land nicht in der Lage sei, angemessen mit dem IS umzugehen und zu verhandeln, werde er vielleicht geköpft. „Vielleicht lebe ich, vielleicht sterbe ich auch. Ich habe nichts zu verlieren“, sagt Cantlie. Er kündigt weitere vier Folgen einer „Serie“ an, in denen er über den IS aufklären will. Und er fordert die Zuschauer auf, das nächste Mal wieder einzuschalten.
Perfide Inszenierung
Wüsste der Zuschauer nicht, dass das Video von der Terrorgruppe IS stammt, er würde Cantlie ohne Zweifel glauben, was er sagt. Im Verlauf des dreiminütigen Clips wird deutlich: Der Gefangene steht unter Druck. Als die Kamera seitlich auf sein Gesicht zoomt, sind die angespannten Züge zu erkennen. Ein Schweißausbruch, so scheint es außerdem. Trotzdem: Cantlie wirkt professionell. Ganz so, als hätte er diese Situation schon hundertmal durchgespielt. Er sitzt ganz ruhig da, mit Gesten unterstreicht er hin und wieder seine Worte. Seine Rolle spielt Cantlie erschreckend gut. Im Kopf des Zuschauers entsteht dennoch das Bild eines oder mehrerer bewaffneter IS-Milizen, die in der Dunkelheit hinter der Kamera jede seiner Bewegungen verfolgen. Es ist eine perfide Inszenierung, mit der sich der IS die Professionalität eines Journalisten zunutze macht.
Der Spiegel nennt es eine „Parodie auf Fernsehsendungen“ und fasst damit das Groteske in Worte, das dieses Video ausstrahlt. Mehr noch, versteckt hinter der Absurdität der Situation zeigt der Film die Grausamkeit dessen, zu dem der IS seine Häftlinge zwingt. Auf andere Art und Weise ist das Video ähnlich schockierend wie die Enthauptungsszenen, die der IS bereits veröffentlichte. (pro)
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