Als das Künstlerehepaar Christo und Jeanne-Claude 1995 den Reichstag verhüllte, galt das als Kunst. Beim Besuch des iranischen Präsidenten Hassan Rohani in Italien wird jetzt Kunst verhüllt – aus Rücksicht auf den hohen Besuch. Das Ansinnen ist logisch: Es geht um sehr viel Geld. Ein Kommentar von Johannes Weil
Von PRO
27. Januar 2016
Foto: Berthold Werner / eigenes Werk
Die römische Innenstadt ist bekannt für ihre vielen Statuen. Zum Besuch des iranischen Staatspräsidenten wurden die nackten Statuen verhüllt, um den Gast nicht zu brüskieren
Vier Tage lang ist der iranische Präsident Hassan Rohani derzeit auf Dienstreise in Italien. Dort besucht er nicht nur den Papst, sondern hat auch schon milliardenschwere Wirtschaftsverträge abgeschlossen. Was der Staatsmann nicht sieht, sind antike Statuen nackter Personen. Sie wurden während seiner Anwesenheit verhüllt.
Es war ein absurdes Bild: Bei einer Presseerklärung stehen der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi und sein iranischer Kollege Hassan Rohani in den Kapitolinischen Museen. Sie informieren die Öffentlichkeit darüber, welche Themen auf der Agenda standen und in den kommenden Tagen stehen und wo sie Fortschritte erzielen konnten. Nicht zu sehen sind während des Auftritts die vielen unbekleideten Exponate des Museums. Sie wurden mit schrankähnlichen Konstruktionen verhüllt.
Höflichkeit ja, aber im richtigen Maß
Zugegeben: Es ist die Pflicht von politischen Gastgebern, höflich und respektvoll mit ihren Gästen umzugehen. Aber deswegen die eigene Kultur „verschleiern“ und sie somit gewissermaßen aufgeben? Das geht einen Schritt zu weit. Der Respekt vor der fremden Kultur in allen Ehren, aber in diesem Fall können die Gastgeber doch auch auf ihre eigene Kultur verweisen. Und die sieht nun einmal so aus, wie sie aussieht.
Auf viele – nicht nur künstlerische – Errungenschaften der römischen Geschichte können ihre Nachfahren stolz sein. Die römische Kultur ist in vielen Dingen ein gutes und solides Fundament für die Entwicklung der westlichen Welt. Damit muss sich ein Gastgeber nicht verstecken. Jahr für Jahr besuchen Menschen diese Museen und bezahlen Geld, um genau jene Kunstwerke zu sehen.
Aber: Sowohl für Italien als auch für den Iran geht es um höhere politische Interessen und diplomatische Ziele. Renzi und Rohani wollen im Gas- und Ölgeschäft kooperieren. Hohe Geldsummen stehen dabei auf dem Spiel. Wenn die Gespräche von Erfolg gekrönt sind, werden beide Staaten wirtschaftlich profitieren.
Das Hemd näher als die Hose
Das Verhüllen der Statuen ist ärgerlich und deplatziert. Aber Renzi und der italienischen Regierung ist wahrscheinlich das Hemd näher als die Hose, sie handeln also im eigenen Interesse. Zeit Online erinnert treffend daran, dass der Kunde König ist. Das diplomatische Treffen hat übergeordnete Ziele, in denen es darum geht, den Gast zu umgarnen. Es bleibt spannend, ob das Konsequenzen für Staatsbesuche in naher Zukunft hat.
Von der Privataudienz Rohanis bei Papst Franziskus sind jedenfalls keine protokollarischen Änderungen durchgedrungen. Hier ging es um das Atomabkommen und die Rolle des Iran im Nahen Osten. Gerade dort muss Europa in Zukunft aufpassen und an einer klugen Lösung mitwirken. Sonst steht Europa bei der politischen Entwicklung bald da wie ein nackter Mann – und jeder kann es sehen. (pro)
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