Verfassungsschutz warnt vor „Online-Dschihad“

Das Internet wird zunehmend als Waffe genutzt. Diese Meinung vertritt Alexander Eisvogel, Vizepräsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS). Das Web 2.0 übernehme heute die Funktion von Koranschulen und Gebetszirkeln.

Von PRO

Nach der Verurteilung des islamistischen Attentäters Arid Uka wegen zweifachen Mordes an US-Soldaten hat der Verfassungsschutz vor einer zunehmenden Radikalisierung durch das Internet gewarnt. Der 22-jährige war am Freitag wegen Doppelmordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Gericht stellte zudem die besondere Schwere der Schuld fest, was eine vorzeitige Entlassung ausschließt. Am 2. März 2011 hatte Uka am Frankfurter Flughafen zwei US-Soldaten erschossen. Der Einzeltäter soll sich laut "Tageszeitung" (taz) innerhalb weniger Monate radikalisiert haben.

Auf seinen Rechnern und seinem iPod fanden die Ermittler demnach hunderte dschihadistische Dateien. Konkreter Auslöser für Ukas Tat soll ein Propagandavideo gewesen sein, das er sich am Abend vor der Tat im Internet anschaute. Der Clip zeige die Vergewaltigung einer Muslimin durch US-Soldaten. Uka habe die Szene für echt gehalten, schreibt die taz – dass sie von Dschihadpropagandisten aus dem Kinofilm "Redacted" herauskopiert worden war, habe er nicht gewusst.

Heiliger Krieg via Internet

Uka sei "ein typischer Fall für eine Selbstradikalisierung durch das Internet", sagte Eisvogel der FAS. "Das Web 2.0 leistet nun auch das, was zuvor allein Prediger, Gebetszirkel oder Koranschule boten: die Bildung einer sozialen Gruppe, die auf andere ausstrahlt."

Man könne heute bereits von einem "Online-Dschihad" – einem "Heiligen Krieg" via Internet – sprechen, sagte Eisvogel. Das Netz bewirke inzwischen zudem, dass individuelle Radikalisierungen stark zunähmen. Auch das Terrornetzwerk Al Qaida werbe im Internet dafür, dass Einzeltäter im Westen Anschläge verüben sollten. Zudem gebe es Hinweise darauf, dass in der islamistischen Szene "Aktivisten darüber nachdenken, das Internet als Waffe zu nutzen, also eine Art von Cyber-Dschihad zu praktizieren", sagte der Verfassungsschützer.

Seine Behörde müsse ihre Ressourcen so konzentrieren, dass "wir noch besser verstehen, was sich im Netz abspielt". Das gelte nicht nur für den militanten Islamismus, sondern auch für den deutschen Rechts- und Linksextremismus, sagte Eisvogel. (pro/dpa)

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