Verfassungsgericht stärkt Rundfunkfreiheit

Das Bundesverfassungsgericht hat die Durchsuchung eines Hamburger Radiosenders und die Sicherstellung von Redaktionsunterlagen für verfassungswidrig erklärt.
Von PRO

Im Oktober 2003 hatten Beamte den Hamburger Lokalsender "Freies Sender Kombinat" (FSK) durchsucht, nachdem der Sender einen Beitrag über angebliche Übergriffe von Polizisten bei einer Demonstration ausgestrahlt hatte. Der Moderator spielte darin Mitschnitte von zwei Telefongesprächen zwischen einem Pressesprecher der Polizei und einem Mitarbeiter des Senders vor. Der nicht namentlich genannte Journalist konfrontierte den Polizeisprecher mit Vorwürfen von Zeugen, dass Beamte Teilnehmer einer Demo angegriffen hätten. Der Polizeisprecher erwiderte, dass die Polizei keine Erkenntnisse zu derartigen Vorfällen habe.

Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes ein. Der Polizeisprecher sagte aus, dass er mit dem Journalisten keine Aufzeichnung der Telefongespräche vereinbart habe. Die Polizei durchsuchte die Redaktion, auch um die Identität des Journalisten herauszufinden. Dieser meldete sich während der Durchsuchung freiwillig. Die Beamten hatten bei der Aktion auch Grundflächenskizzen und Fotos der Redaktionsräume gemacht sowie Aktenordner und ein Notizbuch beschlagnahmt.

Verfassungsgericht: Redaktionen nicht "einschüchtern"

Das Landgericht Hamburg befand dieses Vorgehen für rechtens. Dieses Urteil hat das Bundesverfassungsgericht nun gekippt: Das Landgericht habe nicht ausreichend geprüft, ob der polizeiliche Eingriff in die Rundfunkfreiheit angemessen war. Die Durchsuchung einer Redaktion störe darüber hinaus das Vertrauensverhältnis der Journalisten zu ihren Informanten. Außerdem könne eine Durchsuchung der gesamten Redaktion diese derart "einschüchtern", dass sie künftig nicht mehr kritisch über staatliche Angelegenheiten berichtet.

Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit schützt neben der Eigenständigkeit des Rundfunks auch die Vertraulichkeit der Redaktionsarbeit. Staatlichen Stellen ist es grundsätzlich verboten, sich Einblick in die Arbeit von Redaktionen zu verschaffen. Durch das Redaktionsgeheimnis sind auch Unterlagen über Arbeitsabläufe, Projekte oder die Identität der Mitarbeiter einer Redaktion geschützt.

Das nichtkommerzielle "Freie Sender Kombinat" versteht sich als linkes Radio und ist ein Zusammenschluss mehrerer Radiogruppen, die sich im Trägerverein "ArbeiterInnengemeinschaft im FSK e. V." zusammengeschlossen haben. (pro/dpa)

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