Verbotene Computerspiele reizen erst recht

Dass Verbote vor allem Heranwachsende dazu reizen, sie zu übertreten, ist nicht neu. Wissenschafter haben jetzt herausgefunden, dass dieser Effekt auch auf Alterskennzeichnungen von Computerspielen zutrifft. Spiele mit einer Altersfreigabe ab 18 Jahren scheinen vor allem für Jungen besonders reizvoll zu sein.
Von PRO

Die Alterskennzeichnungen der UnterhaltungsSoftware-Selbstkontrolle (USK) zeigen an, ab welchem Alter Kinder und Jugendliche in Deutschland bestimmte Inhalte nutzen dürfen. Seit Juni 2009 müssen die bunten Hinweise deutlich größer und auffälliger auf die Verpackung aufgebracht werden.

Diese Maßnahme hatte nach Ansicht von Experten nur teilweise Erfolg. Laut Forschungsergebnissen der Universität Erfurt und der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover erhöhen die als Warnhinweise gedachten Kennzeichnungen auf Film- und Computerspielverpackungen das Interesse der Gamer sogar. Die Forscher sind der Ansicht, dass Killergames und Horrorstreifen auf diese Weise zu "verbotenen Früchten" werden.

Zwar nähmen die Konsumenten die größeren Hinweise schneller und intensiver wahr als bisher, heißt es in der Pressemitteilung. Gleichzeitig verspürten vor allem die zwölf- bis 13-jährigen Jungen aber auch einen höheren Reiz, die Beschränkung zu missachten.

Altersbeschränkungen wecken Neugier junger Gamer

Mit einem sogenannten Eye-Tracker erfassten die Forscher die Blickbewegungen der Testpersonen und zeichneten auf, wann und wie lange die Studienteilnehmer die entsprechenden Alterskennzeichnungen betrachteten. Das Ergebnis: Sowohl Kinder als auch Eltern nehmen die neuen Kennzeichnungen früher wahr und betrachten sie intensiver als die  bisherigen, kleineren Sticker. Gleichzeitig stieg bei den untersuchten Jungen das Interesse, gerade solche Titel zu nutzen, für die sie eigentlich zu jung sind. Die Forscher sprechen von einem "Forbidden-Fruit"-Effekt (verbotene Früchte).

Das könnte auf andere Altersgruppen ebenfalls zutreffen. "Auch wenn wir uns in unserer experimentellen Studie auf Jungen in einem bestimmten Alter beschränkt haben, zeigt sich, dass die Vergrößerung der Alterskennzeichnungen zumindest bei dieser Gruppe einen solchen Effekt ausgelöst hat", erklärt Christopher Blake, einer der drei Studienleiter.

Die Verbote steigern die Attraktivität bestimmter Inhalte und scheinen somit nicht der richtige Weg zu sein, auf nicht altersgemäße Medien hinzuweisen. Wie Experten und Eltern zudem kritisieren, erfassen die Altersbeschränkungen nicht den tatsächlichen Entwicklungsstand von Kindern, der sich häufig stark unterscheidet. Wie ein Kind bestimmte Bilder und Inhalte verkraftet, ist abhängig vom vielen Faktoren.

Forscher fanden außerdem heraus, dass Eltern sich nicht ausschließlich auf die vom Gesetzgeber veranlassten Alterskennzeichnungen verlassen. "Obwohl wir mit relativ gut informierten Eltern gesprochen haben, zeigte sich immer wieder, dass die Eltern Kriterien unabhängig von Alterskennzeichnungen anlegen. Sie orientieren sich stärker an bestimmten Bildern und Begriffen als an der Kennzeichnung “, sagte Studienleiterin Daniela Schlütz. Eine inhaltliche Begründung für die Kennzeichnung würde Eltern helfen, eine Kaufentscheidung zu treffen. (pro)

Helfen Sie PRO mit einer Spende
Bei PRO sind alle Artikel frei zugänglich und kostenlos - und das soll auch so bleiben. PRO finanziert sich durch freiwillige Spenden. Unterstützen Sie jetzt PRO mit Ihrer Spende.

Ihre Nachricht an die Redaktion

Sie haben Fragen, Kritik, Lob oder Anregungen? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht direkt an die PRO-Redaktion.

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

PRO-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen