Väter an die Bücher!

Am 26. November findet der bundesweite Vorlesetag statt. An vielen Orten lesen Prominente und Literaturbegeisterte anderen etwas vor. Die Stiftung Lesen hat aus diesem Anlass eine Untersuchung über das Leseverhalten in Familien mit Migrationshintergrund vorgestellt.
Von PRO

Was haben Wolfgang Thierse (SPD), Cem Özdemir (Die Grünen), Volker Bouffier (CDU), Andrea Nahles (SPD), Christine Haderthauer (CSU) und Renate Künast (Die Grünen) in dieser Woche gemeinsam? Die Politiker und viele ihrer Kollegen beteiligen sich in Kindertagesstätten, Bibliotheken oder Schulen am Vorlesetag der Stiftung Lesen.

"Vorlesen fördert Fantasie und Kreativität der Kinder", sagt Simone Ehmig, Leiterin des Instituts für Lese- und Medienforschung der Stiftung, gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Dabei zeigten Studien aus den vergangenen Jahren, dass in vielen Familien die Mutter für das Vorlesen zuständig ist. Dies ist in deutschen Familien Standard, ähnlich ist es auch in Familien mit Migrationshintergrund. Für die Vorlesestudie 2010 wurden 500 Familien, in denen mindestens ein Partner einen Migrationshintergrund hat, interviewt. Demnach lesen 36 Prozent der Mütter, aber nur 12 Prozent der Väter ihren Kindern täglich etwas vor.

70 Prozent der türkischen Väter verzichten ganz auf diese Möglichkeit, ihren Söhnen und Töchtern Bildung zu vermitteln sie lesen niemals vor. "Wenn Väter nicht vorlesen, sind sie speziell für die Jungen auch kein Vorbild", sagt Simone Ehmig. Darin sieht sie einen Grund, warum Jungen schwerer einen Zugang zu Büchern finden als Mädchen. "Lesen ist für sie weiblich besetzt und damit uncool. Man muss also bei den Vätern ansetzen".

Projekt "Mein Papa liest vor"

In Hessen hat die Stiftung Lesen gemeinsam mit der "Hessenstiftung – Familie hat Zukunft" das Projekt "Mein Papa liest vor" ins Leben gerufen. Das Pilotprojekt soll berufstätige Väter in Hessen stärker motivieren. "Väter sind ausgewiesene ‚Vorlesemuffel’. Damit sich dies ändert und mehr Väter als lesende Vorbilder für ihre Kinder in Erscheinung treten, geben wir Hilfestellung und eröffnen über das Intranet des Arbeitgebers Zugang zu geeignetem, aktuellem Vorlesestoff", erklärt Petra Müller-Klepper, Staatssekretärin des hessischen Familienministeriums und Vorstandsvorsitzende der Hessenstiftung. Die Idee ist simpel: Väter können sich am Arbeitsplatz Geschichten ausdrucken und ihren Kindern abends oder am Wochenende vorlesen. "Auf diese Weise ist das Thema für die Väter präsent und ihnen bleibt der Aufwand für die Beschaffung geeigneter Geschichten erspart", erklärt Müller-Klepper.

Mehr Lesen für bessere Bildung

Die Studie zeigte deutliche Unterschiede zwischen den Migrantenfamilien. Beispielsweise werden in Familien mit türkischer Abstammung weniger Geschichten erzählt oder vorgelesen, als bei Müttern und Vätern aus anderen Herkunftsländern. Jedes dritte türkische Elternpaar liest niemals vor. In allen befragten Familien zeigte sich jedoch eine Übereinstimmung: Je höher der Bildungsstand der Eltern ist, desto häufiger lesen diese ihren Kindern vor.

"Wir müssen die Bedeutung des Vorlesens für den Bildungserfolg stärker bewusstmachen und zum Vorlesen und Erzählen motivieren", sagt Ehmig. Dazu müsse man an vielen Stellen ansetzen – in den Kindergärten und Grundschulen, aber auch bei Kinderärzten, beim Gesundheitsamt, in Bibliotheken und Müttertreffs.

Ein interessantes Ergebnis zeigte die Befragung auch: Sowohl in Migrantenhaushalten mit muslimischer als auch mit christlicher Prägung spielen Geschichten zur Vermittlung von religiösen Inhalten eine große Rolle.

Der Vorlesetag findet in diesem Jahr zum siebten Mal statt. Veranstalter sind die Stiftung Lesen, die Wochenzeitung "Die Zeit" und die Deutsche Bahn AG.

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