US-Wahlkampf: Vertrauen auf Gott – oder auf Christen?

W a s h i n g t o n (PRO) - Im November 2008 wird der neue Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt. Der wegen seines christlichen Bekenntnisses oft kritisierte George W. Bush kann kein drittes Mal als Kandidat antreten, doch nichtsdestotrotz spielt auch in diesem Wahlkampf eine große Rolle, welcher Präsidentschaftskandidat welche Glaubensansichten vertritt. Und die Demokraten haben inzwischen dazugelernt.
Von PRO

Der Wahlkampf ist längst angelaufen. Schon jetzt werden die Kandidaten der Demokraten und der Republikaner auf Schritt und Tritt verfolgt. „Unter den Liberalen in den USA herrscht Euphorie, denn die beiden heißesten Anwärter der Demokraten für das höchste Amt des Landes sind Barack Obama und Hillary Clinton: ein Schwarzer und eine Frau“, schrieb die „Tageszeitung“ (taz) Mitte Januar. Beide haben begriffen, dass ohne die Christen in Amerika kein Staat zu machen ist.

In diesem Wahlkampf wird es nicht nur um die üblichen Polit-Themen gehen. Vor allem die christliche Überzeugung verhalf Bush junior zu seinen zwei Wahlsiegen, ergaben Umfragen des Meinungsforschungsinstitutes „Pew Forum“. Ein Viertel seiner Wähler sind evangelikale Protestanten, 78 Prozent von ihnen gaben ihm bei der letzten Wahl ihre Stimme. „Prinzipiell gilt: Je seltener jemand in die Kirche geht, desto eher stimmt er für die Demokraten“, bringt es die taz auf den Punkt. Denn für die Liberalen sind das Recht auf Abtreibung, die Befürwortung der Homoehe sowie die Emanzipation der Frau wichtig. Ziele, die Evangelikale größtenteils ablehnen.

Demokraten kämpfen gegen religionsfeindliches Image

Dieses Mal widmen sich auch die Demokraten verstärkt der christlich-konservativen Wählerschaft. „Keine Rede, in der Obama nicht seinen tiefen Glauben an Gott betont, und auch Clinton setzt sich als bibeltreue Christin in Szene“, schreibt Kathrin Hedtke in der taz. Beide haben sich sogar persönliche Berater gesucht, die sich ausschließlich um die religiöse Außenwirkung der Kandidaten kümmern. Im Team von Obama ist das Josh Dubois, für Clinton steigt Burns Strider, Vorsitzender der „Democratic Faith Working Group“ („Demokratische Arbeitsgruppe Glaube“), mit in den Ring.

Die „Democratic Faith Working Group“ wurde von der heutigen Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, vor knapp zwei Jahren ins Leben gerufen, um christliche Werte nicht länger den Republikanern zu überlassen. „Die Arbeitsgruppe wird sowohl eine Quelle der Stärke für unsere Mitglieder darstellen als auch ein Mittel, gläubige Menschen in diesem Land besser zu erreichen“, sagte die Demokratin. Für 85 Prozent der US-Wähler ist Religion wichtig – doch nur 26 Prozent halten die Demokratische Partei für „religionsfreundlich“, fand das „Pew Forum“ heraus. Das soll sich nun ändern.

Die beiden früheren demokratischen US-Präsidenten Jimmy Carter und Bill Clinton haben sich an die Spitze einer Initiative für eine liberale baptistische Sammlungsbewegung gestellt. Ende Januar 2008 wollen sie das neue baptistische Bündnis ins Leben rufen, berichtet die christliche Nachrichtenagentur „idea“. „Die Initiatoren gehören meist den Demokraten an oder stehen ihnen nahe“, heißt es da. Es werde schwer fallen, bei der Gründung im Präsidentschaftswahljahr 2008 den Eindruck einer politisch motivierten Aktion zu vermeiden, gestand der Vorsitzende der Kommission für Ethik und Religionsfreiheit der Südlichen Baptisten, Richard Land, ein.

Auch John Kerry, der erfolglose Herausforderer George W. Bushs bei der Wahl 2004, entdeckte nach seiner Niederlage die Religion für sich und engagierte ebenfalls einen Berater in Glaubensfragen: Shaun Casey, Professor für christliche Ethik am Theologischen Priesterseminar Wesley. Außerdem traf sich Kerry kürzlich mit Rick Warren, dem einflussreichen evangelikalen Prediger der Megakirche „Saddleback Valley Community“ in Kalifornien. Dessen Buch „Leben mit Vision. Wozu um alles in der Welt lebe ich?“ ist mit bisher 26 Millionen verkauften Exemplaren das erfolgreichste Hardcover-Sachbuch aller Zeiten im amerikanischen Buchhandel. Warren stand Bush junior beratend zur Seite. Am 24. Januar warf Kerry jedoch das Handtuch und erklärte, nicht als Kandidat für das höchste Amt des Staates antreten zu wollen.

Auch Hillary Clinton stimmt andere Töne an

Auch die Demokratin Hillary Clinton versucht, sich Gehör bei den christlichen Wählern zu verschaffen. Sie sprach im Januar 2005 in Bezug auf Abtreibung plötzlich von einer „traurigen, sogar tragischen Wahl für viele, viele Frauen“. Außerdem erklärte sie: „Ich respektiere alle, die mit ihrem Herzen und ihrem Gewissen der Überzeugung sind, dass Abtreibung unter keinen Umständen zugänglich sein sollte.“ Für deren Legalisierung streitet sie indes weiterhin. Möglichkeiten, um die Zahl der ungewollten Schwangerschaften zu reduzieren, seien Aufklärung, Verhütung und Abstinenz. „Diese Forderung kommt dem Gebot der christlichen Rechten ‚Kein Sex vor der Ehe‘ bedenklich nahe“, findet die taz. Allerdings dürften hier die Ursachen, die hinter solchen Forderungen stehen, andere sein als bei den Konservativen.

Als Hillary Clinton kürzlich in einer Rede die geplanten Gesetzesverschärfungen gegen Immigranten kritisierte, berief sie sich gar auf die Bibel: Das Vorhaben widerspreche ihrem Verständnis der Heiligen Schrift, sagte sie: „Damit würde buchstäblich der barmherzige Samariter kriminalisiert und vielleicht sogar Jesus persönlich.“

Vom Moslem zum Christen: Barack Obama

Der neue Shootingstar der Demokraten ist Barack Obama. Der junge schwarze Senator gilt als unverbraucht, ehrlich, intelligent, humorvoll und gutaussehend. „Manche verehren ihn wie einen Messias“, stellt „Focus“ fest. Von vielen wird er als der erste schwarze Präsident der USA gehandelt. In Umfragen liegt er jedoch noch weit hinter Konkurrentin Clinton. 40 Prozent der Demokraten würden Clinton wählen, und nur 21 Prozent Obama. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass die ehemalige First Lady sehr viel mehr Millionen Dollar für den Wahlkampf zur Verfügung hat als der politische Neuling Obama. Für Al Gore würden 10 bis 14 Prozent stimmen, und für John Edwards 11 Prozent.

Obama bemüht sich, wie Bush in seinen Reden Gott mit ins Spiel zu bringen. Dabei hat er noch einige Überzeugungsarbeit im christlichen Lager zu leisten. Er wuchs in einem muslimischen, eher unreligiösen Elternhaus auf. Sein Vater stammt aus Kenia und war Moslem, seine Mutter kommt aus Kansas und ist Weiße. Die Eltern gaben ihrem Sohn einen zweiten Vornamen, der ihm heute Probleme macht, so dass er ihn häufig nur mit „H.“ abgekürzt hat. Das „H.“ steht für „Hussein“. Als Obama sechs Jahre alt war, zog seine Mutter mit einem neuen Ehemann und ihm nach Jakarta. „Heute streuen Gegner das Gerücht, dass Obama dort eine Madrassa besuchte, eine fundamentalistische Muslimschule“, berichtet der „Focus“.

Auch Obamas Nachname ist nicht ohne Konfliktpotential. Anfang Januar strahlte der US-Nachrichtensender CNN einen Beitrag über den Anführer des Terrornetzwerkes Al-Qaida, Osama Bin Laden, aus. Am unteren Bildrand stand die Zeile: „Where’s Obama?“ CNN entschuldigte sich beim möglichen Präsidentschafts-Anwärter für den Tippfehler.

Als junger Mann fand Obama zum christlichen Glauben, erzählt er. Er trat der „Trinity United Church of Christ“ bei. Die legt ihre Haupt-Stoßrichtung in die Hautfarbe ihrer Mitglieder. Die Kirche hat 12 Richtlinien aufgestellt, von denen die ersten drei lauten: „1. Hingabe gegenüber Gott. 2. Hingabe gegenüber der Schwarzen Gemeinschaft. 3. Hingabe gegenüber der schwarzen Familie.“ Fünf weitere Punkten legen ebenfalls besonderen Wert auf das „Schwarze Werte-System“.

Obama beschreibt seinen religiösen Wandel so: „Auf Knien unter dem Kreuz hatte ich das Gefühl, dass Gottes Geist mir zuwinkte. Ich unterwarf mich seinem Willen und widmete mich der Entdeckung seiner Wahrheit.“

Im Juni vergangenen Jahres kritisierte er ausdrücklich seine Parteikollegen für ihr Versagen in religiösen Belangen. „Ich denke, wir machen einen Fehler, wenn wir nicht in der Lage sind, die Macht des Glaubens im Leben der Menschen anzuerkennen.“ Der 45-jährige Senator aus Illinois erläuterte: 90 Prozent der Amerikaner glauben an Gott. „Bedeutend mehr Menschen in Amerika glauben an Engel als an die Evolution“, fügte er hinzu.

So lag auch eine Teilnahme an einer Aids-Konferenz von Rick Warren im vergangenen Dezember nicht fern. Prediger Warren antwortete auf die Frage, warum er sich nicht nur mit Bush, sondern auch mit dem Demokraten Obama traf: „Ich mache mir Sorgen, dass die Evangelikalen zu sehr mit der einen oder anderen Partei identifiziert werden. Wenn das geschieht, verliert man seine Rolle als Prophet, der den Mächtigen die Wahrheit ins Gesicht sagen kann.“

„Ohne Gott geht es in den USA nicht“

Trotz seines christlichen Bekenntnisses steht Obama zu gewissen Lastern. Wie der „Focus“ berichtet, bekannte er: „Ich habe viel gefeiert, viel getrunken und Drogen genommen.“ Auf die Frage, welche Drogen das gewesen seien, antwortete er: „Kokain und Marihuana. Und ich hab’s inhaliert – das war ja das Entscheidende daran.“ Letzteres ist eine Anspielung auf Bill Clinton, der sich im Wahlkampf 1992 ebenfalls zum Kiffen bekannt hatte, allerdings mit dem Zusatz, er habe nicht inhaliert. Nach wie vor sei er ein Raucher, gesteht Obama. Focus bemerkt richtig: „Diese Offenheit muss Amerika erst verdauen.“

Als politisches Kernziel gilt Obama die Einheit der Nation. In seinem im Oktober 2006 veröffentlichten Buch „Die Kühnheit der Hoffnung“ beschreibt er seine Mission: es ist egal, ob schwarz oder weiß, liberal oder konservativ, religiös oder weltlich, wenn es auf Gerechtigkeit ankomme. Weiter heißt es in seinem Buch: „Der Kern der amerikanischen Erfahrung besteht aus einer Reihe von Idealen, die bis heute unser kollektives Bewusstsein verbinden; ein roter Faden der Hoffnung, der dafür sorgt, dass unser unwahrscheinliches Experiment der Demokratie funktioniert.“ Er glaubt an die Evolution, betont er; den Irak-Krieg hat er von vornherein kategorisch abgelehnt.

Ob Clinton, Obama oder jemand anderes, wer von den Demokraten bei seinen Bemühungen um die christliche Wählerschaft am überzeugendsten war, wird sich noch zeigen. Die taz-Autorin fasst zusammen: „Ob der nächste Präsident der Vereinigten Staaten tatsächlich zum ersten Mal seit 230 Jahren kein weißer Mann sein wird ist noch offen. Doch eines scheint sicher: Ob Schwarz oder Weiß, Mann oder Frau – ohne Gott geht es in den USA nicht.“

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