US-Demokraten: Die zwei Gesichter von Hillary Clintons Partei
Die Demokraten haben sich auf ihrem Parteitag optimistischer und emphatischer als die Republikaner präsentiert. Doch die Partei hat auch eine hässliche Seite. Ein Kommentar von Moritz Breckner
Feier mit Luftballons: Die Clintons beim Finale des Nominierungsparteitags der Demokraten in Philadelphia
Die Demokratische Partei hat bei ihrem Nominierungsparteitag in Philadelphia zwei Gesichter gezeigt. Zunächst das freundliche: Nachdem die Republikaner in der Vorwoche vier Tage lang auf die Wut und die Angst der Amerikaner bauten, schienen sich die Demokraten Ronald Reagans optimistische „It’s Morning in America“-Kampagne zu eigen zu machen. Gemeinsam sind wir stark, Liebe übertrumpft Hass, eine großartige Zukunft liegt vor uns – Schlagwörter, die den Kontrast verdeutlichen sollen zu einem Mann wie Donald Trump. Der den Republikanern nahestehende Autor Eric Erikson schrieb am Freitagmorgen erstaunt: „Der demokratische Parteitag war diesmal ein Parteitag der Patrioten.“ Die Demokraten seien bei denen, die Amerika lieben, die Republikaner hätten nur Untergangsstimmung und Finsternis verbreitet.
Die wohl beste Rede der Woche hielt ein Mann, von dem es viele bedauern, dass er nicht für die Demokraten kandidieren will: Joe Biden, aktuell Vize von Präsident Barack Obama. Biden sprach über seine 30-jährige Freundschaft mit Hillary Clinton und war als volksnaher Mann der Mitte ihr bester Fürsprecher. Über Trump sagte er, in Anspielung auf eine von dessen Reality-Shows: „Ganz egal, wie wir erzogen wurden: Wie kann man es als Freude empfinden, den Satz ‚Du bist gefeuert‘ zu sagen?“
Arbeiter, Kranke, Minderheiten und Eltern, die sich keine gute Ausbildung für ihre Kinder leisten können – Biden und auch andere Redner verstanden es, sich für diese Gruppen empathisch zu zeigen, ohne dabei den Geruch einer Klientelpolitik zu verströmen, die den ärmeren Schichten ohne Ende staatliche Alimentierung verspricht. Auch Clintons Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten, der Senator Tim Kaine, sammelte Sympathiepunkte. Der nach eigenen Angaben gläubige Katholik, der allerdings das „Recht auf Abtreibung“ unterstützt, berichtete von seiner Zeit als jesuitischer Missionar in Honduras und lobte Clinton als eine Frau, die sich leidenschaftlich für Kinder und Familien einsetze.
Delegierte feierten Abtreibung mit Jubel
Dass die Demokratische Partei auch ein anderes Gesicht hat, bestätigte sich in einem besonders abstoßenden Moment des Parteitags. Als am Dienstag die Abtreibungs-Lobbyistin Ilyse Hogue davon berichtete, wie sie einst ein Kind abgetrieben habe, weil es „der falsche Zeitpunkt“ gewesen sei, Mutter zu werden, waren Applaus und lauter Jubel aus dem Publikum zu hören.
Applaus bekam auch die Cecile Richards, Präsidentin von Planned Parenthood (PP), dem größten Anbieter für Abtreibungen in den USA. Die Organisation unterhält Kliniken, in denen Frauen Gesundheitsvorsorge und beispielsweise auch Behandlungen gegen Krebs erhalten – aber auch Abtreibungen. Knapp 325.000 Babys wurden 2014 in solchen Kliniken abgetrieben. Die Republikaner wollen PP deshalb die finanziellen Zuwendungen des Staates streichen. „Macht euch nichts vor“, sagte Richards, „die Gesundheit und die Rechte von Frauen stehen bei dieser Wahl zur Abstimmung“.
Auftritte wie dieser zeigen, dass die Demokraten eben auch ein unfreundliches Gesicht haben und in vielen Fragen für ein anderes Amerika stehen, als dies die Republikaner tun. Der ehemalige Verteidigungsminister Leon Panetta wurde von Pazifisten im Publikum angeschrien, eine Schweigeminute für gefallene Polizisten mit „Black Lives Matter“-Rufen gestört. Die links außen zu verordnende Senatorin Elizabeth Warren dürfte mit ihrer verbissenen Klassenkampf-Rhetorik Wechselwähler verschreckt haben, Präsident Barack Obama zeigte mit seinem Auftritt einmal mehr, dass er den Wahlkampf sehr viel besser beherrscht als das Regierungsamt.
Clinton: Habe eine Strategie gegen IS
Clinton selbst ging in ihrer Rede nur kurz auf das Thema Abtreibung ein. „Wenn ihr glaubt, dass Frauen das Recht haben, ihre eigenen medizinischen Entscheidungen zu treffen, dann macht bei uns mit“, rief sie dem Publikum zu. Clinton vermeidet es das Wort „Abtreibung“ in den Mund zu nehmen – stattdessen nutzt sie Euphemismen wie „reproduktive Rechte“ oder „medizinische Entscheidungsfreiheit“.
Positiv konnte sich Clinton vor allem außenpolitisch von Trump abgrenzen. Sie kündigte eine Strategie gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) an, die unter anderem Luftschläge und eine bessere Geheimdienstarbeit vorsieht. Wie Trump versprach sie Schutz und Unterstützung für Israel, anders als ihr Kontrahent aber bekannte sie sich zur NATO: „Ich bin stolz darauf, dass wir gegen jede Bedrohung, auch aus Russland, zu unseren Verbündeten in der NATO stehen“, erklärte sie – für die Interessen Deutschlands und Europas einer der wichtigsten Punkte ihrer Rede.
So überrascht es nicht, dass sich gerade Republikaner mit außenpolitischem Schwerpunkt kritisch zu dem republikanischen Kandidaten Trump positionieren. Hier bieten die Demokraten in der Tat eine gute Alternative. Zweifellos: Dass der Demokratische Parteitag ein so gutes Bild abgab, lag auch an der schlechten Vorlage der Republikaner.
„Bei den Demokraten hat man mehr über Gott und das Militär gehört, als bei den Republikanern“, wunderte sich CNN-Veteran John King. „Das habe ich in den letzten 30 Jahren nicht erlebt.“ Die US-Wahl 2016, sie ist anders als in den Jahren zuvor. Am 26. September kommt es zum ersten Fernsehduell zwischen Hillary Clinton und Donald Trump. (pro)
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