Die Vorgehensweise der Bundesagentur für Arbeit betreffe insbesondere Frauen, die vor der Geburt ihres Kindes eine gut bezahlte Stelle hatten, schreibt die F.A.Z. Das Arbeitslosengeld werde nämlich nicht anhand des realen Gehalts der Frauen berechnet, sondern abzüglich eines Wertes, der sich nach der Zeit der Abwesenheit berechnet. Die Folge seien deutlich niedrigere Zahlungen von Arbeitslosengeld nach einer mehrjährigen Erziehungszeit. In manchen Fällen könne die Höhe der Leistungen um bis zu 40 Prozent niedriger ausfallen als bei Frauen, die das Angebot Erziehungszeit nicht genutzt hätten.
Im Jahr 2006 habe das Sozialgericht Berlin die Lage noch anders beurteilt. Damals sei entschieden worden, dass die Bundesagentur mit einer solchen Vorgehensweise gegen den verfassungsrechtlichen Schutz von Müttern verstoße. In diesem Fall hatte eine 40 Jahre alte Betriebswirtin geklagt. Nach einer mehrjährigen Erziehungszeit und einer anschließenden Kündigung wurden nur zwei Drittel ihres früheren Gehalts bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes berücksichtigt, so F.A.Z.-Autorin Corinna Budras.
Arbeitslosengeld muss durch „Hartz IV“ aufgestockt werden
Viele Frauen seien entsetzt, wenn sie feststellten, dass ihnen nach einer Erziehungszeit gekündigt werde und sie ein niedriges Arbeitslosengeld erhielten, als ihnen gemäß ihrem früheren Gehalt zustünde. Bei allein erziehenden Müttern mit zwei Kindern müsse das Arbeitslosengeld mitunter durch „Hartz IV“ aufgestockt werden, schreibt Budras. Auch auf dem Weg in die Selbstständigkeit würden Frauen durch die ungünstige Berechnungspraxis der Arbeitsagentur benachteiligt. Der so genannte Existenzgründerzuschuss werde nämlich auf Basis des niedrigeren Arbeitslosengeldes ausgezahlt.
Eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums rechtfertigte die Vorgehensweise der Arbeitsagenturen damit, dass Menschen nach einer längeren Arbeitslosigkeit nicht sofort wieder ein gleich hohes Gehalt erhielten wie vorher. Dies sei durch die schnellen Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt bedingt. Nach ihrer Abwesenheit sei ihre Qualifizierung oft gesunken. Aus diesem Grund erhalte man nach einer längeren Erwerbslosigkeit weniger Gehalt und damit auch ein geringeres Arbeitslosengeld. Die Sprecherin verwies zudem darauf, dass nach der Rentenreform auch die Erziehungszeit als Beitragszeit für Rentenzahlungen angerechnet werde, was zum Vorteil der Mütter sei.