Schirrmachers Buch „Unterdrückte Frauen“ ist im Hänssler-Verlag in der Reihe „Kurz und Bündig“ erschienen und verspricht bereits auf dem Cover: „In nur 2 Stunden wissen Sie bescheid!“. Entsprechend schnell lesen sich auch die 87 Seiten, die fast ununterbrochen Statistiken von Staaten und Nichtregierungsorganisationen wiedergeben. Angesichts dieser Zahlenflut fällt es nicht immer leicht, beim Lesen einen Überblick zu behalten. Zwar überraschen viele der im Buch dargelegten katastrophalen Fakten über die Ausbeutung und Misshandlung von Frauen nicht wirklich, sind aber dadurch nicht weniger schockierend. Dazu gehören: – Gewalt gegen Frauen stellt global gesehen den Hauptfaktor für Tod und Behinderung dar und hat in absoluten Zahlen schlimmere Folgen als Kriege, Krebs, Malaria und Autounfälle zusammengenommen
– 94 Prozent aller Frauen in Ägypten finden Gewalt gegen ihre eigene Person akzeptabel, in Indien 70, in Äthiopien 69 Prozent
– 50.000 Babys weiblichen Geschlechts werden in Indien pro Monat abgetrieben
– In Südafrika werden laut Schätzungen bis zu 1.300 Frauen vergewaltigt – jeden Tag
– In den USA betrugen die medizinischen Folgekosten für häusliche Gewalt 2003 4,1 Milliarden Dollar, hinzu kommen 1,8 Milliarden Dollar wirtschaftlicher Schaden
Eine weitere interessante Erkenntnis des Buches ist der Umstand, dass sich Terrorismus auch aus Menschenhandel finanziert: „Die Taliban verschleiern ihre eigenen Frauen, aber handeln mit Mädchen und Frauen anderer Völker oder verschenken Frauen als Dank an verdiente Kämpfer.“ Auch die deutliche Auswirkung der Stationierung von Soldaten oder Blauhelmen auf die Entwicklung der Prostitution in Krisenregionen ist wissenswert.
Klarstellung der Autoren wäre nötig
Die Schirrmachers beenden ihr Buch mit einem kurzen Kapitel, in dem sie ihre christliche Motivation sowie verschiedene Bibelstellen als Grundlage für ihr Engagement für die Menschenrechte benennen. Im Buch werden freilich auch säkulare feministische Gruppen zitiert. An einer Stelle lässt dies kritisch aufhorchen: In einem Kapitel, das „frauenfeindliche Werbung“ als „strukturelle Gewalt“ bezeichnet, wird eine lange Textpassage der Organisation „Terre des Femmes“ zitiert, in welcher zu lesen ist, die „klischeehafte Darstellung“ von Frauen und Männern in der Werbung trage dazu bei, die „heteronormative Norm“ zu festigen. Hier würde man sich eine Klarstellung von Seiten der Autoren wünschen, was mit „heteronormativer Norm“ gemeint ist, und ob diese wirklich ein Problem darstellt. Ob angeblich frauenfeindliche Werbung so schwerwiegt, dass sie zwischen Zwangsprostitution und Genitalverstümmelung einen eigenen Abschnitt verdient, sei ebenfalls dahingestellt.
„Unterdrückte Frauen“ bietet viel Hintergrundwissen, das an Menschenrechten Interessierte über Ursachen und Auswirkungen von Misshandlung und sexualisierter Gewalt umfassend informiert. In einer zweiten Auflage könnten Flüchtigkeitsfehler wie etwa die Schreibweise des Namens der zitierten Journalistin Christiane Amanpour bereinigt werden. (pro)
Thomas und Christine Schirrmacher: „Unterdrückte Frauen. Gewalt – Ausbeutung – Armut“, SCM Hänssler, 87 Seiten plus Literaturverzeichnis und Fußnoten, 7,95 Euro. ISBN 9783775154802