„Unter den Jüngern waren auch Frauen“ – die Menge jubelt

Marianne Edgar Budde las einst Trump die Leviten. In Hannover spricht sie über die Frauen am leeren Grab. Und wird gefeiert wie ein Popstar.
Von Nicolai Franz

Als die zierliche Frau mit den kurzen grauen Haaren die Bühne betritt, gibt es kaum noch Halten. Die 5.000 Kirchentagsbesucher in Halle 2 der Messe Hannover springen auf, klatschen und jubeln. Mariann Edgar Budde wird empfangen wie der Popstar, der sie hier ist.

Zur Leuchtfigur wurde Budde – die übrigens „Buddy“ ausgesprochen wird – am Morgen des 21. Januar 2025, als sie dem frisch gebackenen US-Präsidenten Donald Trump die Leviten las. Als Bischöfin der Diözese Washington der Episkopalkirche der USA hielt sie den Gottesdienst zu Trumps Amtseinführung. Sie warb für Barmherzigkeit mit den Schwachen, die nun Angst vor Trumps Agenda hätten. Trump war außer sich, dass sich die Theologin anmaßte, ihn öffentlich zu kritisieren. Sie wiederum avancierte zur Trägerin der Hoffnung darauf, dass es doch noch so etwas wie Widerstand gegen das Gebaren der „MAGA“-Truppe um Trump gibt.

Hier auf dem Evangelischen Kirchentag trifft sie auf Menschen, die in ihr schon fast eine Erlöserfigur sehen. Mehrfach brandet Szenenapplaus auf, zum Beispiel als sie schlicht bemerkt, dass unter den Jüngern Jesu auch Frauen waren.

Heute spricht sie über Matthäus 28,1–10, es geht um die Frauen, die morgens zum leeren Grab gehen und schließlich auf den auferstandenen Jesus treffen. Budde springt schnell zu einer allegorischen, also bildlichen Deutung dieser erstaunlichen Wundergeschichte des Neuen Testaments, und zwar mit Fokus auf den Frauen, die zum Grab Jesu gehen.

Die dunkle Stunde vor dem Morgengrauen

Die Frauen seien ja im Morgengrauen aufgebrochen, und sie müssten folglich aus ihren Betten aufgestanden sein, als es noch dunkel war. Budde macht daraus: „Manchmal, wenn es noch dunkel ist, wissen wir noch gar nicht, dass uns neues Leben erwartet. Die dunkelste Stunde ist die vor dem Morgengrauen. Aber wenn das Morgengrauen kommt, erfüllt es das, was vorher dunkel war, mit der Möglichkeit eines neuen Tages.“ Oft fühle man sich nicht besonders stark oder selbstbewusst, um etwas zu tun, das nötig ist. Trotzdem gehöre es dazu.

Das ist zwar eine sehr freie Interpretation des biblischen Textes, aber es passt perfekt in die Erzählung, für die Budde steht: dass das Aufstehen gegen eine „dunkler“ werdende Welt das Gebot der Stunde für Christen ist. Dass sie damit auch den Widerstand gegen Trump meint, muss sie gar nicht erwähnen. 

Jesus sei zwar für die Menschen gestorben, führt Budde weiter aus. „Aber er hat auch für uns gelebt.“ Er habe gezeigt, wie die Menschen leben und lieben sollen, und er habe versprochen, bis zum Ende der Zeiten bei seinen Nachfolgern zu sein.

Ein vorsichtiges „Dankeschön“ auf Deutsch entfährt es ihr noch zum Abschluss, bis die Menge die Bischöfin wieder lautstark feiert. Sofort bildet sich eine Menschentraube um sie, viele wollen Fotos machen. Und sich vielleicht ein Stückchen Hoffnung mitnehmen.

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