„Unser Beruf liegt auf Eis, aber unsere Berufung nicht“

Mit einem Schlag sind alle Auftritte abgesagt – die Corona-Krise trifft auch christliche Musiker mit voller Wucht. Eine pro-Umfrage zeigt: Sie versuchen, das Beste daraus zu machen. Mit Küchenkonzerten, Crowdfunding, Mitmach-Projekten – und Gottvertrauen.
Von Nicolai Franz
Kreativ durch die Krise: Judy Bailey veranstaltet Küchenkonzerte

50.000 Gäste am Küchentisch

Judy Bailey, Sängerin und Komponistin Foto: Judy Bailey
Judy Bailey, Sängerin und Komponistin

„An dem Abend, an dem unser erstes Konzert von einem Tag auf den anderen abgesagt werden musste, haben wir uns gesagt: Wir sind trotzdem nicht abgesagt! Und Musik erst recht nicht. Ganz im Gegenteil: Hoffnungslieder sind noch angesagter, bedeutender als zuvor.

Und so haben wir uns um 19.30 zur besten Konzertzeit in unsere Küche gesetzt und sind via Facebook live gegangen. Mit unseren drei Jungs an Cajon und Bass, Keys und Ukulele. An den folgenden Tagen haben wir andere Künstler eingeladen mitzumachen: Aus Deutschland und England, Kenia und Kolumbien, Neuseeland und Pakistan … Wir sind nicht mehr auf Tour, aber an jedem Abend gibt es ein Küchenkonzert. Alleine an unserem Küchentisch hatte unsere Familie schon über 50.000 Gäste. Freunde, Nachbarinnen und Fremde, die sich über Momente der Hoffnung und Lebensfreude freuen. Und auch bei den anderen Künstlern waren viele zu Besuch!

Und ein zweites Projekt kam hinzu. Der Song ‚Jesus in my house‘ wird 20 Jahre alt. Wir wollten im Laufe des Jahres damit neu rauskommen, weil das Lied immer noch viel gesungen wird … aber wir haben das vorgezogen und suchen ab sofort Sängerinnen und Sänger für unseren ‚Hauschor‘! Den Track gibt’s auf unserer Homepage. Aufnehmen kann man per Handy. Und hier bauen wir den Chor ohne Corona dann wieder zusammen. Die Zeiten sind herausfordernd. Unser Beruf, im Sinne von bezahlten Auftritten, liegt auf Eis. Aber unsere Berufung, mit der Musik Hoffnung zu verbreiten, Mut zu machen, dem Glauben das Fenster zu öffnen, ist äußerst lebendig und wir sind es auch.“

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Crowdfunding für Kinder-CD

Daniel Kallauch, Kindermusiker, Puppenspieler und Unterhaltungskünstler Foto: Uwe Pesch
Daniel Kallauch, Kindermusiker, Puppenspieler und Unterhaltungskünstler

„Es gab einen Tag, an dem ich realisiert habe: Alle Auftritte und Einnahmen fallen wohl für mindestens ein halbes Jahr weg. Gottes Humor: Abends kam eine Lizenzausschüttung. Mir helfen Soforthilfe und ein Hilfsfonds des Landes Nordrhein-Westfalen, meine Angestellten zunächst bezahlen zu können, und ich bin überrascht und dankbar, wie unkompliziert das lief. Für ein geplantes CD-Projekt ‚Knallvergnügt‘ sind Studio und Musiker bereits gebucht. Anstatt allen abzusagen, haben wir ein Crowdfunding gestartet.

Gott allein weiß, wann Familien es wieder wagen, eine Veranstaltung mit vielen Menschen zu besuchen.“

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Als hätte er es geahnt: Lothar Kosses neues Album heißt „Hausmusik“

Lothar Kosse, Gitarrist, Sänger, Songwriter und Produzent Foto: Lothar Kosse
Lothar Kosse, Gitarrist, Sänger, Songwriter und Produzent

„Uns als Künstler betrifft diese Situation natürlich besonders, weil viele Konzerte und Veranstaltungen auf Grund der Corona-Pandemie nicht stattfinden können. Ich habe mich entschieden, diese ‚geschenkte‘ Zeit kreativ zu nutzen. In diesem Jahr wollte ich sowieso vorrangig an eigenen musikalischen Projekten arbeiten und an kreativen Ideen mangelt es mir nicht. Vielleicht brauchen wir alle diese ‚Generalpause‘, um darüber nachzudenken, was für uns wesentlich ist und was nicht.

Außerdem haben meine Frau und ich in den letzten Monaten unsere Duo-CD ‚Hausmusik‘ aufgenommen, auf deren Erscheinen wir uns jetzt freuen. Dass der Titel (der seit langem feststand) einmal so aktuell sein würde, haben wir nicht geahnt …“

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„Die Freude will ich niemals loslassen“

Sefora Nelson, Sängerin und Komponistin Foto: Manuel Höfer
Sefora Nelson, Sängerin und Komponistin

„Vor ein paar Wochen wache ich morgens auf und habe das Lied ‚Freude schöner Götterfunken‘ noch in den Ohren. Ich muss es geträumt haben. Ganz überrascht notiere ich es in meinem Tagebuch, wie alle meine Träume. Gott, was willst du mir sagen?

Das erste, was ich auf Facebook an diesem Morgen sehe, ist eine Musikerkollegin, die genau dieses Lied aus ihrem Fenster singt. Tage später folgen weitere Musiker, überall auf der Welt, alle genau mit diesem Lied. Es erschallt von Balkonen, Feuerwehrleitern, Küchenfenstern … Als hätte mich Gott vorbereitet. Auch jetzt, wo die Krise schon etwas fortgeschritten ist und wir Künstler in der Tat wie Geschwister alle im gleichen Boot sitzen, ob kommerziell erfolgreich oder weniger, Newcomer oder alte Hasen. Auch wenn die Absagen weiterhin reinkommen und niemand weiß, ob wir dieses Jahr noch Konzerte geben werden, ob überhaupt Einkommen reinkommt. Die Freude möchte ich nicht loslassen.“

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„Ohne das Vertrauen auf Gott hätte ich wenig Hoffnung“

David Erler, Countertenor Foto: Björn Kowalewsky
David Erler, Countertenor

„‚Dank Corona im Berufsverbot: alle Konzerte bis mindestens Mai sind abgesagt – als Hauptverdiener einer Familie in der eigentlich besonders arbeitsreichen Passionszeit. Durch das Initiieren einer Petition mit inzwischen über 280.000 Unterstützern bin ich zur Zeit eine Art ‚Klassensprecher‘ der Szene, das hält mich aktiv. Mir helfen auch viele kleine und größere Zeichen der Versorgung: Menschen, zum Teil kaum mit uns bekannt, die uns einfach so Geld schenken.

Ohne den Glauben und das Vertrauen auf Gottes Versorgung und den Zusammenhalt meiner Ehe und Familie hätte ich momentan wohl wenig Hoffnung. Aber Not lehrt ja auch Beten, das hilft mir und uns derzeit enorm. Hoffnung gibt mir natürlich auch die Musik. Und der Zusammenhalt tausender Künstler, die gerade ihre Stimme erheben.“

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„Gott hat schon für mich gesorgt, bevor ich Corona buchstabieren konnte“

Anja Lehmann, Sängerin Foto: Anja Lehmann
Anja Lehmann, Sängerin

„Die Krise trifft mich – wie so manch andere – mitten in einer anderen Krise. Dennoch – hier sitze ich, gesund, gekleidet und satt in der Sonne, für die ich gerade so dankbar bin. Einkommen weg, keine Rücklagen, kaum Zeit (da wunderbare Kinder, die 24/7 zu Hause sind), aber dankbar. Ja, ich habe mich gefragt, warum ich ruhig schlafe.

Vielleicht weil ich mich glücklich schätze, bereits ein wenig krisenerprobt zu sein. Weil ich weiß, dass GOTT schon für mich gesorgt hatte, bevor ich Corona buchstabieren konnte. Weil diese Zeit für mich Chancen bereithält, die mein Leben in jedem Fall bereichern. Und weil ich, auch wenn ich es noch nicht sehen kann – wie Spurgeon schreibt –, bereits im Vorgefühl davon zu singen beginne.“

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„Ich bin dankbarer geworden“

Timo Böcking, Pianist, Komponist und Produzent Foto: Sergej Falk
Timo Böcking, Pianist, Komponist und Produzent

„Als Pianist hat auch mich das Veranstaltungsverbot hart getroffen: mehr als zwei Dutzend abgesagte Konzerte, Workshops und Studiotage bis Ende Mai. Nach einem ersten ‚Schock‘ begann das Sortieren und Umstrukturieren meines Alltags. Mittlerweile genieße ich die Ruhe, nutze die Zeit zum Klavierüben, Komponieren, Lesen und Spazierengehen. Und ich bin dankbarer geworden für all die Privilegien, die Gott mir geschenkt hat und die ich allzu oft als selbstverständlich hingenommen habe. Gott hält diese kranke Welt in seinen liebevollen Händen – das spüre ich gerade intensiver als je zuvor und das schenkt mir Zuversicht.“

Von: Nicolai Franz

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