Undemokratischer Popstar: Der Dalai Lama im „Stern“

In den kommenden Tagen wird der Dalai Lama in der hessischen Commerzbank-Arena auftreten und Zehntausende werden ihn feiern wie einen Popstar. Wie undemokratisch das Regime des tibetischen Oberhaupts ist, zeigt ein Artikel des Magazins "Stern". In seiner Heimat lässt der Obermönch sogar unliebsame Zeitungen schließen und Glaubensrichtungen verbieten.

Von PRO


Zwischen 10 und 230 Euro zahlen Dalai Lama-Fans für ein Ticket zu seinen Veranstaltungen. Der "Stern" listet auf: "728 deutsche und 908 englischsprachige Bücher sind bei Amazon über und vom Dalai Lama gelistet, 13.200 Videos sind es bei Youtube, fast acht Millionen Einträge bei Google." Keine Frage, der Dalai Lama zählt zu den größten Popstars unserer Zeit. Doch das Religionsoberhaupt hat auch eine andere, in der westlichen Welt kaum beachtete Seite. Wie das Magazin in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, führt der Mönch in seiner Heimat ein unerbittliches Ein-Mann-Regime, das die Meinungsfreiheit unterdrückt und vermeintliche Konkurrenten aus dem Weg räumt.

Kritische Zeitung musste schließen

So sprachen die Journalisten etwa mit dem ehemaligen Chefredakteur der mittlerweile eingestellten Zeitung "Mang Tso". Sie war 1990 zum ersten Mal erschienen und berichtete unabhängig über "Wahlbetrug, Korruption und all das, was es in jedem anderen Land auch gibt", wie Jamyang Norbu über seine damalige Zeitung berichtet. "Die Redaktion ließ sich auch nicht einschüchtern, als mehrere Redakteure Morddrohungen erhielten und die Zeitungsjungen auf den Straßen bedroht wurden", schreibt "Stern". 1996 kam das Aus. Die Zeitung hatte über die Aum-Sekte berichtet. Diese hatte 1995 einen Giftgasanschlag in der Japaner U-Bahn verübt. Der Dalai Lama hatte sich mehrmals mit dem Chef der Terror-Sekte getroffen und ihn als einen "Freund" bezeichnet. Die religiösen Autoritäten zwangen die Zeitungsmacher zum Schließen.

Der Dalai Lama ist die einzige Führungsautorität im von China kontrollierten Tibet – ein Ein-Mann-Regime. Vor dem Einfall der chinesischen Truppen 1950 habe sich das Land "im tiefen Mittelalter" befunden, schreibt der "Stern". "Eine Religionspolizei sicherte das System mit Knüppeln und Peitschen", zudem hätten sich Adlige und Mönche die Macht mit dem Dalai Lama geteilt. Heute ist der Dalai Lama als einzige Autorität geblieben, erklärt der ehemalige Chefredakteur Norbu dem "Stern".

"Demokratie sieht anders aus"

Sein Regime führt der Dalai Lama vor allem mit Hilfe eines Orakels. "Das offizielle Staatsorakel Seiner Heiligkeit heißt Thupten Ngodup, Jahrgang 1958, er wohnt im kleinen Kloster Nechung, gleich hinter dem Parlamentsgebäude die Treppe runter.(…) Wenn der Dalai Lama eine Frage hat, legt Thupten Ngodup sein 40 Kilo schweres Ritualgewand an. Weihrauch wird angezündet, und Helfer setzen ihm eine mächtige Krone auf den Kopf. Dann tanzt das Orakel so lange zu Blas- und Zimbelmusik, bis es in Trance fällt und Sätze murmelt, die nur für geschulte Ohren zu verstehen sind. Der Dalai Lama glaubt fest an seine Prophezeiungen." Der "Stern" urteilt: "Demokratie sieht anders aus."

Eine Trennung von Staat und Kirche sehe die Charta der Exiltibeter nicht vor, sie bekenne sich aber zu den "Idealen der Demokratie". Dennoch verbiete der 74-jährige Dalai Lama Glaubensrichtungen per Gesetz, möglicherweise, weil er die Konkurrenz fürchte. 1996 habe er ein "Verbot des seit dem 17. Jahrhundert angebeteten Schutzpatrons "Shugden" ausgesprochen. Diskriminierungen und Leid in der Bevölkerung seien das Ergebnis gewesen: "Mönche, die sich den Anweisungen des Dalai Lama wiedersetzen, klagen über massive Diskiminierung. Verwandte und Freunde werden unter Druck gesetzt. Geschäfte hängen Zettel an ihre Türen: ‚Kein Zutritt‘ für Shugden-Gläubige." Dennoch halte dar Dalai Lama an dem Verbot fest, weil die Shugden-Verehrung "seinem Leben und ‚der Sache Tibets‘ schade".

In dieser Woche wird der Dalai Lama in Deutschland Auszeichnungen erhalten und sich mit Politikern treffen. Nachdem der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) ihn am Mittwoch herzlich empfangen hatte, trifft er am Donnerstag die Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD). Am kommenden Montag erhält er die Ehrendoktowürde der Universität Marburg. Der Evangelische Pressedienst (epd) meldet, dass der Dalai Lama kein europäisches Land so oft besucht habe wie Deutschland. (PRO)

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