UN-Sonderberichterstatter: „Religionsfreiheit ist mehr als Toleranz“
"Religionsfreiheit ist mehr als Toleranz". Das sagte der neue UN-Sonderberichterstatter Heiner Bielefeldt in einem Interview mit der Katholischen Nachtrichten-Agentur (KNA). Der studierte Theologe, Historiker und Philosoph sprach sich gegen das Verbannen von religiösen Ausdrucksformen aus staatlichen Einrichtungen aus und informierte über die fehlende Gleichbehandlung der Religion in Europa.
Von PRO
4. August 2010
Foto: missmossie2003 (flickr)
Der 52jährige wies auf das Risiko einer religiös-weltanschaulichen Neutralität des Staates hin. Damit bestehe die Gefahr, "dass Religion in öffentlichen Institutionen überhaupt nicht sichtbar wird". In Staaten, die sich mit einer bestimmten Religion identifizieren, sei die freie Religionsausübung erheblich gefährdet. Hierzu zählten vorrangig Staaten wie China, Vietnam oder Laos, deren religiöse Minderheiten von Amtswegen aus verfolgt werden. Genauso gehörten konservativ islamische Länder wie Pakistan oder der Iran zu den betroffenen Gebieten.
Bielefeldt warnte außerdem: "Die Verwaltung, etwa die Schulbehörden, hätten es am liebsten, wenn die sichtbare Religion überhaupt keine Rolle spielte – gleichsam eine Purifizierung von Teilbereichen der Gesellschaft. Hier besteht die Gefahr, die religiös-weltanschauliche Neutralität des Staates so zu verstehen, dass Religion in öffentlichen Institutionen überhaupt nicht sichtbar wird. Da ist Frankreich ein problematisches Beispiel". Er selbst sei grundsätzlich "für ein unverkrampftes Verhältnis zu religiösen Symbolen – auch in der Schule. Da können ohne weiteres Kruzifixe oder andere Symbole präsent sein. Wenn sie jemand stören, muss man praktische Wege finden, damit umzugehen. Allerdings nicht über staatliche Verordnungen". Zudem sei die Religionsfreiheit ein unerlässliches Menschenrecht, das der Staat "nicht zu gewähren, sondern zu schützen hat." Trotz der Tatsache, dass fast kein Staat mehr die Menschenrechte öffentlich infrage stellen könne, sei die Religionsfreiheit dennoch gefährdet.
In einem vorab veröffentlichten Zeitungsinterview mit der mitteldeutschen Kirchenzeitung "Glaube und Heimat" monierte der UN-Berichterstatter zudem die mangelnde Gleichbehandlung der Religion in Europa. Es bestehe ein spürbares Gefälle zwischen Mehrheits- und Minderheitsreligionen. In Griechenland sei beispielsweise die griechisch-orthodoxe Kirche von der Verfassung derart bevorzugt, dass die Missionstätigkeit anderer Gruppen verboten sei. Aus diesem Grund müsse laut Bielefeldt auch konzeptionell in unterschiedlichen Bereichen für Klarheit gesorgt werden.
Der gebürtige Erlanger leitete zuvor das Deutsche Institut für Menschenrechte. Schon in dieser Zeit setzte er sich in erster Linie für das Menschenrecht auf Religionsfreiheit als Individualrecht ein. Erst vor einem Jahr übernahm er den Lehrstuhl für Menschenrechte und Menschenrechtspolitik an der Universität Erlangen-Nürnberg. Am 18. Juni wurde Heiner Bielefeldt vom UN-Menschenrechtsrat zum neuen Sonderberichterstatter für Glaubens- und Gewissensfreiheit ernannt. Er tritt sein Amt am kommenden Sonntag an und soll der UN-Vollversammlung fortan jährlich über die Lage der Religionsfreiheit in der Welt berichten. Als UN-Sonderberichterstatter gehört es zu seinen Aufgaben, die Einhaltung der religiösen Freiheit durch Länderbesuche zu überwachen, Beschwerden zu prüfen und den interreligiösen Dialog zu fördern. Diese Aufgaben übernahm zuvor die pakistanische Rechtsanwältin Asma Jahangir. (pro)
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