Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat ein Dekret unterzeichnet, das dem Oberhaupt der Ukrainischen Orthodoxen Kirche (UOK), Metropolit Onufrij, die ukrainische Staatsbürgerschaft entzieht. Wie mehrere Medien berichten, stützt sich die Entscheidung auf Erkenntnisse des ukrainischen Geheimdienstes. Demnach habe Onufrij bereits 2002 freiwillig die russische Staatsbürgerschaft angenommen, dies jedoch nie offiziell mitgeteilt.
Die Behörden werfen Onufrij vor, weiterhin von den Rechten eines ukrainischen Staatsbürgers profitiert zu haben und trotz der offiziellen Trennung der UOK vom Moskauer Patriarchat Kontakte dorthin zu pflegen. Der ukrainische Geheimdienst sieht darin eine bewusste Missachtung der spirituellen Unabhängigkeit der Kirche von Russland. Laut Geheimdienst unterstütze der Metropolit indirekt die Politik der Russisch-Orthodoxen Kirche, die die russische Aggression gegen die Ukraine befürworte.
In der Ukraine konkurrieren zwei große orthodoxe Kirchen. Zum einen die UOK unter Onufrij, die sich 2022 von der russisch-orthodoxen Kirche losgesagt hatte, ihr aber weiter verbunden ist. Zum anderen die kleinere Orthodoxe Kirche der Ukraine, die sich 2018 gründete und von der ukrainischen Regierung unterstützt wird. Die formelle Abspaltung der UOK von Moskau nach dem russischen Angriff 2022 wird von ukrainischen Behörden angezweifelt. Ein ukrainisches Gesetz sieht ein Verbot von Religionsgemeinschaften vor, wenn diese weiterhin Verbindungen zu Russland unterhalten. Der Entzug der ukrainischen Staatsbürgerschaft kann als weiterer Schritt staatlicher Maßnahmen gegen die UOK gesehen werden. Metropolit Onufrij hat in der Vergangenheit beteuert, keinen russischen Pass zu haben.
Präsident Selenskyj verteidigte die Maßnahme in einer Videobotschaft: In der Ukraine sei kein Platz für einflussreiche Persönlichkeiten mit russischem Pass, die die nationale Unabhängigkeit untergraben. Metropolit Onufrij kündigte Medienberichten zufolge an, juristisch gegen die Entscheidung vorzugehen.