Übertreibt der Papst?

Der neue Papst Franziskus überwindet Grenzen und verändert die Kirche schneller und intensiver als viele seiner Vorgänger. Dass der „fröhliche Menschenfischer“ mit seiner Volksnähe übertreiben könnte, befürchtet Thomas Schmid im Leitartikel der Welt am Sonntag.
Von PRO
Schadet die Distanzlosigkeit des neuen Papstes auf lange Sicht der Kirche. Diese Frage stellt sich Welt-am-Sonntag Redakteur, Thomas Schmid, in seinem Leitartikel

Bereits Johannes XXIII. habe erste Versuche unternommen, den Papst als Mensch erscheinen zu lassen. Aktuell bemerkt Schmid, „dass das Oberhaupt einer Institution, die ihren Anker im Jenseits hat, die neugierigen und begeisterten Blicke vieler auf sich zieht“. Papst Franziskus sei kein Getriebener der Massenbegeisterung, sondern er beherrsche Sprache des weltlichen Körpers.

Ermunterung, statt Verbote und Weltabgewandtheit

Vieles lasse den Papst menschlich erscheinen, „der wie unser Nachbar aussieht“. Er wirke alleine durch sich und nicht über den Umweg der Kirche. „Man hat bei ihm das Gefühl, vor einem freien Menschen zu stehen“, zitiert Schmid einen Menschen aus dem näheren Umfeld des Papstes „So verkörpert er ein zuversichtliches, fröhliches Christentum: eines der Ermunterung, nicht eines der Verbote und der Weltabgewandtheit“, schreibt Schmid.
Auch der Titel des neuen Papst-Buches „Meine Tür ist immer offen“ stehe für das Programm des Papstes, der gesellig, berührbar und bescheiden sei. Mit seiner Haltung und dem Verzicht auf Pomp und Prunk, scheine der Papst auch einen reformerischen Impuls anzukündigen: theologisch konservativ, aber doch in der Moderne angekommen. Seine Äußerung zur Homosexualität hätten einige als Einstimmung in den Wertewandel gedeutet. Schmid interpretiert es jedoch als viel wichtiger, dass darin der Respekt vor jedem Leben enthalten sei. „Franziskus will eine dienende Kirche, die für die Menschen da ist.“

Dauerhaft auf dem Weg

Diese Kirche sei nie am Ziel, sondern befinde sich immer auf dem Weg. Der neue Papst versuche der katholischen Kirche eine „heitere Stimmung des Aufbruchs zu verpassen“, mit einem Gott und einem Papst, die immer zu Überraschungen bereit seien. Allerdings hätten die Gesten, „mit denen er sich dem Volk zuneigt, etwas von gnädiger Herablassung, mit der sich einst so mancher Monarch helfend unters Volk mischte“.
Papst Franziskus wolle die Kirche verschlanken, entschlacken und auf das Wesentliche, die Pflege und Förderung des Glaubens, konzentrieren. Darin sieht Schmid ein mögliches „Dilemma der Distanzlosigkeit“: „Es kann sein, dass Franziskus‘ Haltung am Ende dazu führt, dass das Amt des Papstes seine Aura verliert und die Kirche vollends und auf Kosten ihrer Besonderheit in dieser Welt ankommt.“ Bleibe die Kirche, wie sie war, werde ihre Stimme schwächer. Lasse sie sich ganz auf die moderne Welt ein, dann laufe sie Gefahr, sich von dieser nicht mehr zu unterscheiden. „Die Last dieser Alternativen liegt auf seinen Schultern. Und er weiß, dass die Kirche diesem Dilemma nicht leichthin entkommen kann“, bilanziert Schmid. (pro)

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