„Übergriffe auf christliche Flüchtlinge kein Massenphänomen“

Religiös motivierte Übergriffe auf Christen in Flüchtlingsheimen sind kein Massenphänomen. Das sagten mehrere Redner bei einem Expertengespräch der Unionsfraktion im Bundestag. Flüchtlinge nach Religionen getrennt unterzubringen, sei keine Lösung.
Von PRO
In Flüchtlingsheimen kommt es immer wieder zu Übergriffen auf Christen. Von einem Massenphänomen wollen Verantwortliche aber nicht sprechen.
Die gesonderte Unterbringung von Christen in Flüchtlingsheimen ist nicht der richtige Weg. Diese Ansicht vertrat der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, bei einem Expertengespräch seiner Fraktion am Montag in Berlin. Die Tagung mit 400 Teilnehmern beschäftigte sich mit dem Thema „Verantwortung für Religionsfreiheit – Religiöse Minderheiten in Flüchtlingsheimen besser schützen“. Kauder zufolge müssten Religionsfreiheit und Sicherheit in Deutschland gewährleistet werden. Wünschenswert sei es zudem, mehr Christen in Heimen zusammenleben zu lassen. Es sei besser, wenn 30 Christen unter 200 Muslimen lebten, als wenn nur drei Christen unter ihnen lebten. Angesichts der Zahlenverhältnisse in Flüchtlingsheimen sei die Bereitschaft, Vorfälle zu melden, bei Christen vermutlich gering. Auch wenn die Übergriffe gegen christliche Flüchtlinge möglicherweise kein Massenphänomen seien, könne man sie nicht akzeptieren. Kauder: „Wir wollen keine Religionskriege in unserem Land.“ Der Vorsitzende des Stephanuskreises der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Heribert Hirte, forderte dazu auf, in Flüchtlingsunterkünften religiöse Erziehung anzubieten, um die Religionsfreiheit zu gewährleisten. Man müsse der Entchristlichung im Land etwas entgegensetzen. Zudem müsse man genauer als bisher hinschauen, wer nach Deutschland kommt. Neben Schutzbedürftigen kämen auch potenzielle Terroristen.

Erzbischof Koch: Deutschland kann nicht alle aufnehmen

Laut dem katholischen Erzbischof von Berlin, Heiner Koch, kann Deutschland nicht alle Menschen aufnehmen: „Wir können nicht die Welt retten. Wir sind nicht der Heilsbringer.“ Es falle schwer, diese Grenze zu akzeptieren. Dennoch könne Deutschland vielen Menschen helfen. Viele Christen hätten Flüchtlingen ihre Hilfe angeboten. Phasenweise hätten in den von Kirchen betriebenen Flüchtlingsheimen mehr Ehrenamtliche zur Verfügung gestanden, als gebraucht wurden. In den eigenen Reihen gebe es jedoch auch viel Unverständnis bis hin zu Fremdenfeindlichkeit. Nach den Worten Kochs bringen viele christliche Flüchtlinge die Angst vor Verfolgung bereits mit nach Deutschland. Sie seien geschockt, dass sie hier wiederum der Verfolgung durch andere Flüchtlinge, aber auch durch Heimpersonal ausgesetzt seien. Von vielen Christen höre man den Satz: „Wir dachten, wir kämen in ein christliches Land.“ Nach den Recherchen der Caritas sei die Verfolgung christlicher Flüchtlinge jedoch kein Massenphänomen. Es gebe auch viele positive Beispiele. Koch zufolge kann die Religionszugehörigkeit bei der Belegung von Heimen nicht berücksichtigt werden. Es sei nicht zulässig, diese zu erfassen.

Journalist: Mobbing gegen Christen ist eine „gigantische Grauzone“

Nach Ansicht des Redakteurs des Bayerischen Rundfunks, Stefan Meining (München), bilden Hass, Mobbing und Übergriffe gegen christliche Flüchtlinge eine „gigantische Grauzone“. Bei Vertriebenen könnten schon einzelne Schimpfworte Angst und Panik auslösen. Häufig würden Enge und Stress in den Unterkünften als Gründe für die Übergriffe angeführt. Dies spiele in der Regel jedoch keine Rolle. Viele Fälle spielten sich in ganz normalen Heimen ab. Schwierig sei es, Übergriffe zu beweisen. So sei es für Flüchtlinge schwierig, zwischen Sicherheitspersonal und Polizei zu unterscheiden. Viele Flüchtlinge hätten Angst vor den Behörden, da diese in ihren Heimatländern zu den Unterdrückern gehörten. Laut Wolfram Pemp von der Zentralstelle Prävention beim Landeskriminalamt Berlin sind nur wenige Übergriffe bekannt, in denen Religion die Ursache ist. Das bedeute nicht, dass es solche Fälle nicht gibt. Denkbar sei, dass viele Fälle bei der Polizei nicht ankommen. Man ermutige dazu, bei allen Übergriffen Anzeige zu erstatten. Vermutlich sei dies derzeit nicht der Fall. Um die Kommunikationswege zu verkürzen, gebe es für jedes Flüchtlingsheim in Berlin bei der Polizei einen persönlichen Ansprechpartner.

Muslime wollen Teil der Lösung sein

Laut Gottfried Martens, Pfarrer der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche Berlin-Steglitz, halten die Übergriffe gegen Christen an. Woche für Woche werde er mit neuen Fällen konfrontiert. Er habe die Hoffnung aufgegeben, dass man durch Anzeigen bei der Polizei etwas erreiche. Darauf werde von muslimischen Mitbewohnern mit Gegenanzeigen reagiert. Die Christen würden von den Heimleitungen als Unruhestifter angesehen. Martens: „Dieser Schuss geht jedes Mal nach hinten los.“ Dem Pfarrer widersprach die Ehrenamtskoordinatorin in einer Erstaufnahmeeinrichtung der Arbeiterwohlfahrt, Gerit Probst: Zwar gebe es in Heimen gegen Christen häufig „subtiles Mobbing“, sagte sie. Manche Vorwürfe erwiesen sich jedoch auch als haltlos. Von einem Massenphänomen zu sprechen, sei übertrieben. Nach Worten des Geschäftsführers der Sehetlik-Moschee in Berlin-Neukölln, Ender Cetin, kommen viele Muslime aus einfachen Verhältnissen und haben wenig Bildung. Man müsse aufpassen, dass sie nicht den „Rattenfängern“ eines islamistischen Extremismus folgten. Zu seiner theologischen Überzeugung gehöre es, jeden Menschen als Geschöpf Gottes anzusehen, so Cetin. Moscheen könnten Teil der Lösung des Flüchtlingsproblems sein. Voraussetzung dafür sei, mit ihnen zusammenzuarbeiten.
https://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/detailansicht/aktuell/christen-in-fluechtlingsheimen-in-der-schusslinie-95537/
https://www.pro-medienmagazin.de/politik/detailansicht/aktuell/kauder-will-christlichen-fluechtlingen-helfen-95202/
https://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/detailansicht/aktuell/von-der-beschraenkten-freiheit-gefluechteter-christenmenschen-95115/
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