Einen Tag lang zeigen Filmemacher in Echtzeit, wie Menschen in Jerusalem leben. Dabei nehmen sie Christen, Muslime und Juden in den Blick - und versprechen eine neutrale Perspektive. Am 12. April ist die Dokumentation „24h Jerusalem“ ab 6 Uhr morgens auf Arte und im Bayerischen Rundfunk zu sehen.
Von PRO
1. April 2014
Foto: Arte/BR
24 Stunden lang blicken Filmemacher auf Jerusalem – fragt sich nur, aus welcher Perspektive
Einen Film über den „Wahnsinn, der in dieser Stadt herrscht“ zeigen die Sender laut Arte-Geschäftsführer Peter Latzel am Samstag der kommenden Woche. Mit diesen Worten zumindest erklärte er das Projekt, an dem insgesamt 70 internationale Filmteams beteiligt sind, bei der Vorstellung am Dienstag in Berlin. Nun erschließt sich selbst vielen, die seit Jahren in Jerusalem leben, der Wahnsinn der Stadt nur fragmentarisch. Dennoch haben sich Produzent Thomas Kufus und Projektregisseur Volker Heise an das 2,4 Millionen Euro teure Projekt herangewagt.
Nach dem Vorbild der Dokumentation „24h Berlin“, die Arte und der Sender rbb im Jahr 2009 ausstrahlten, begleitet „24h Jerusalem“ verschiedene Protagonisten einen Tag lang mit der Kamera in ihrer Heimatstadt und zeigt das Ergebnis ebenfalls einen ganzen Tag lang unter anderem im deutschen Fernsehen. Drei Jahre lang haben die Verantwortlichen das Projekt vorbereitet, ein halbes Jahr lang drehten sie in Jerusalem. Ungleich schwieriger als in Berlin sei die Umsetzung der Idee dort gewesen, erklärte Heise, der auch an der Produktion der ersten Dokumentation beteiligt war. Um politische Vereinnahmungen zu umschiffen, beteiligten die Macher zu gleichen Teilen palästinensische, israelische und europäische Filmer. Dennoch kam es während der Dreharbeiten zum Boykott, wie Kufus in einem Begleitheft zur Doku erklärt: Drei Wochen vor Drehbeginn hätten palästinensiche Gruppen beanstandet, der Film sei politisch nicht korrekt angelegt. Protagonisten und Kreative seien zum Teil unter Druck gesetzt worden, bis schließlich alle abgesagt hätten.
Palästinensischer Boykott der Dreharbeiten
Ein weiterer Drehtag wurde geplant. Am Ende erfüllten die Macher Bedingungen der Protestler, etwa die, dass palästinensische Teams während des Drehs nicht mit Israelis zusammenkommen. „Mit Ach und Krach“ hätte das Filmteam die dadurch entstandenen Zusatzkosten noch stemmen können, sagte Kufus in Berlin. Von Wut auf die Palästinenser ist bei ihm dennoch keine Spur. Im Begleitheft rechtfertigt er den Boykott: „Wir mussten erkennen, dass dies eines der wenigen Mittel ist, das sie überhaupt noch haben. Die Palästinenser haben in Ostjerusalem keine Stadtverwaltung und damit nur wenige Bürgerrechte. Nach dem Ende der 2. Intifada ist es jetzt der Kampf mit friedlichen Mitteln.“
Trotz dieser Parteinahme sind Kufus und Heise davon überzeugt, mit ihrem TV-Projekt einen neutralen Blick auf die vielschichtigen Probleme und Konflikte in Jerusalem zu werfen. Allein durch die zahlreichen beteiligten Dreh-Teams sei eine Balance garantiert, erklärten sie auf Nachfrage. Palästinenser und Israelis kämen zu gleichen Teilen im Film vor, ebenso europäische Migranten. Einen einstündigen Ausschnitt bekamen Journalisten bei der Vorstellung bereits zu sehen: Darin begleiten die Filmer einen radikalen Siedler, der auf dem Tempelberg für den Wiederaufbau des jüdischen Heiligtums betet, einen Palästinenser, der sich über den israelischen Mauerbau in Jerusalem und mangelnde Bürgerrechte beklagt, einen christlichen Mönch, der nur seine sakrale Musik im Kopf hat, oder auch einen in einem Jerusalemer Hotel als Putzmann arbeitenden Palästinenser.
An das TV-Projekt ist eine breite Internetaktion gekoppelt. Während der Ausstrahlung können sich Interessierte auf der Homepage der Dokumentation an Debatten über den Film beteiligen und eigene Videos, Kommentare oder Fotos zum Thema hochladen und Zusatzmaterial ansehen – allerdings nur, wenn sie innerhalb Europas online gehen. In Israel und dem Nahen Osten ist das Programm geblockt. Das habe rechtliche Gründe, man habe aber auch verhindern wollen, dass Polemiken von beteiligten Akteuren das Programm stören, erklärte Kufus. (pro)
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