TV-Pfarrer Müller: Glaube an Sühneopfer stirbt aus

Der Glaube an das Sühneopfer Jesu hat keine Zukunft. Das hat der umstrittene Pfarrer Burkhard Müller in einem Interview mit der Tageszeitung "Die Welt" gesagt. 2009 machte der "Wort zum Sonntag"-Sprecher erstmals Schlagzeilen, weil er in einer Radioandacht predigte, Gott habe Jesu Tod nicht gewollt.

Von PRO

In einem Europa, in dem die meisten nur noch an Erfahrbares glaubten, sei kein Platz für das Sühneopfer und einen buchstäblichen Glauben an die Bibel, sagte Burkhard Müller im Interview mit dem Journalisten Till-Reimer Stoldt. Das christliche Vertrauen auf die Tilgung der menschlichen Schuld durch Jesu Tod nannte er einen "schaurigen Blutopfer-Glaube". "Diesen Irrglauben halte ich für unbiblisch und unzumutbar", sagte Müller.

Damit bleibt der ehemalige Superintendent seiner Linie treu. 2009 hatte er seine Thesen bereits in Morgenandachten des WDR geäußert. Das habe er getan, "um aggressiven Neoatheisten wie Richard Dawkins eins auszuwischen", erklärte er in der "Welt". Dawkins höhne permanent, Christen glaubten tatsächlich noch an einen zornigen Zuchtmeister, der eine Art Schlachtopfer brauche, um wieder bessere Laune zu bekommen. Er habe beweisen wollen, "dass Christen schon längst nicht mehr so einfältig sind, wie er behauptet". Beim WDR waren nach Burkhards Andachten hunderte Protestbriefe eingegangen.

"Vom kindlichen Glauben rate ich ab"

Das Gottesbild der Sühneopfertheologen sei grausam, wiederholte er in der "Welt". Es proklamiere einen extrem zornigen Gott, der seinen eigenen Sohn sterben sehen müsse, um seine Empörung zu besänftigen. "Wenn aber der eigene Gott so grausam ist, dann steigt auch die Gefahr, dass man selbst Gewalt ausübt und zum Krieger im Namen des Herrn, zum Kreuzritter wird", sagte Müller. Zudem könne dieser Glaube in seelische Gewalt münden. "Denn wenn wir wirklich so schuldig sind, dass Gott deswegen seinen Sohn kreuzigen lassen musste, müssen wir auch mit einem Bewusstsein unserer Schuld gegenüber Gott herumlaufen. Und so wurde und so wird Menschen mancherorts noch immer Schuldgefühl mit der Brechstange vermittelt."

Vom "kindlichen" Glauben an die buchstäbliche Autorität der Bibel rate er ab. Die biblischen Geschichten und Formulierungen müssten stattdessen poetisch verstanden werden. "Wer nach 200 Jahren aufgeklärten Christentums immer noch behauptet, man müsse die Bibel wörtlich nehmen und Gott habe Jesus mit dem Foltermord am Kreuz für unsere Sünden büßen lassen, um kurz darauf seine Leiche wieder zu beleben, der verdeckt die zeitlose Substanz des Glaubens", so Müller. Die Auferstehung sei ein bildlicher Ausdruck für die Erfahrung der Jünger, dass mit dem Tod Jesu und mit unser aller Tod nicht alles vorbei ist, sondern dass der Schöpfer dieser Welt größer ist als der Tod und das Nichts. Darin bestehe das Zentrum der christlichen Botschaft – nicht in der Fixierung auf einen schaurig-sinnlosen Mord am Kreuz, der angeblich erlöse. (pro)

http://www.welt.de/die-welt/regionales/koeln/article8628211/Gott-will-doch-Freude.html
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