TV-Dokumentation verhilft zur Flucht

Ein Fall von modernem Sklaventum im Londoner Stadtteil Lambeth sorgt derzeit nicht nur in England für Schlagzeilen: Ein Ehepaar hatte über 30 Jahre lang drei Frauen als Haussklaven gehalten. Die Opfer fanden ihren Weg in die Freiheit vor allem durch eine Fernseh-Dokumentation über muslimische Zwangsehen.
Von PRO
Für die Dokumentation "Forced to Marry" des britischen Fernsehsenders ITV verkleidete sich eine Reporterin als Mutter eines muslimischen Mädchens
In einem Haus im Stadtteil Lambeth im Londoner Süden muss sich in den vergangenen 30 Jahren eine Tragödie abgespielt haben: Drei Frauen sollen in einem Wohnhaus von ihren Peinigern als Sklavinnen gehalten worden sein. Bei den Opfern handelt es sich nach Medienangaben um eine 69 Jahre alte Frau aus Malaysia, eine 57-jährige Irin und eine Britin im Alter von 30 Jahren. Letztere verbrachte nach Darstellung der Polizei offenbar ihr gesamtes bisheriges Leben in Gefangenschaft. Die Polizei sprach davon, dass alle drei sowohl physisch als auch psychisch von dem Martyrium gezeichnet seien. Die Behörden nahmen am Donnerstag die mutmaßlichen Peiniger fest. Es handelt sich um die Wohnungseigentümer, einen Mann und eine Frau im Alter von jeweils 67 Jahren. „Es sind keine Briten. Genaue Herkunft und Motiv liegen im Dunkeln“, berichtet die Deutsche Presseagentur (dpa). Das Ehepaar „hielt“ sich die Opfer als Sklaven, sexuelle Aspekte spielten offenbar keine Rolle.

Dokumentation im Fernsehen weckt Hoffnung

Ein Grund, warum es zur Befreiung kam, war eine Dokumentation über muslimische Zwangsehen im britischen Fernsehsender ITV. Das jüngste Opfer sah den Film mit dem Titel „Forced to Marry“ (Zur Heirat gezwungen) am 9. Oktober, wie die britische Zeitschrift Mirror berichtet. Es war der erste Teil einer Serie über sexuellen Missbrauch. Die Dokumentation zeigte muslimische Geistliche von 18 Moscheen in Großbritannien, die Hochzeiten mit Kindern im Alter von 13 bis 14 Jahren zustimmten. Die Journalisten hatten 56 Moscheen angefragt, wie sie zur Ehe mit Kindern stehen. Zwei Drittel der Moscheen lehnten laut dem Mirror die Zwangsehe mit Kindern ab. Nach islamischem Recht ist eine Ehe zwischen einem Mann und einem Mädchen erlaubt, sobald diese die Pubertät erreicht hat. Rund 400 Schulkinder, darunter meistens Mädchen aus Asien, werden pro Jahr in England zur Ehe gezwungen, hieß es im Bericht. In der Sendung kam auch Aneeta Prem zu Wort, die Gründerin der britischen Frauenschutzorganisation „Freedom Charity“. Deren Mitarbeiter klären in Schulen über Zwangsehen auf und bieten Betroffenen Hilfe an. Das 30-jährige Opfer entschloss sich neun Tage nach Ausstrahlung der Sendung dazu, die Hotline der Hilfsorganisation anzurufen. „Sie dachte wohl, ich sei eine vertrauenswürdige Person“, sagte Aneeta Prem später dem irischen Radiosender RTÉ. „Wir gewannen über einen gewissen Zeitraum hinweg über Telefonate das Vertrauen der Frauen“, erklärte Prem gegenüber der britischen Zeitung The Guardian. „Sie waren sehr tapfer, dass sie uns anriefen. Es war schwer für sie, ans Telefon zu gehen. Sie nannten uns Zeiten, zu denen wir mit ihnen sprechen konnten.“ „Freedom Charity“ informierte die Polizei, die sich daraufhin in der Nähe des Hauses bereithielt. Am 25. Oktober konnten die Einsatzkräfte die drei Frauen befreien. „Es gab viele Tränen, und wir lagen uns in den Armen“, erzählte Prem. „Die Frauen sind in der Obhut einer Organisation, die sich mit tief traumatisierten Menschen auskennt“, teilte Scotland Yard mit. „Etwas von diesem Ausmaß haben wir bisher nicht gesehen“, sagte ein Sprecher. Es gehe jetzt darum, dass sie ihr Leben wieder in normale Bahnen lenken, erklärte Freedom Charity. Freedom Charity wurde 2010 in London gegründet. Aneeta Prem ist Beamtin in London und stammt aus Indien. Sie hat ein Kinderbuch über Zwangsehen verfasst. Es gebe jährlich über 200 Berichte von Sklaverei in England, sagte Kevin Hyland, Experte der britischen Polizei, gegenüber dem Guardian. Katie Barker von der Organisation „Stop the Traffik“ erklärte, Menschenhandel sei eines der am schnellsten wachsenden Probleme auf der Welt. Allein in England gebe es schätzungsweise zwischen 4.300 und 4.600 moderne Sklaven, teilte die Nichtregierungsorganisation „Walk Free Foundation“ mit. Weltweit gebe es wahrscheinlich 29,8 Millionen Sklaven. (pro)
http://www.itv.com/news/2013-10-06/uk-imams-agree-to-perform-underage-marriages/
http://www.freedomcharity.org.uk/
http://www.mirror.co.uk/news/uk-news/lambeth-slaves-rescue-woman-called-2836476
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