Trotz Mehrkosten: Berliner Volksentscheid schon im April

Der von der Initiative "ProReli" herbeigeführte Volksentscheid über den Religionsunterricht an Berliner Schulen wird am 26. April stattfinden. Das teilte der Berliner Senat am Dienstag mit. Damit kam Berlins Oberbürgermeister Klaus Wowereit den Aufforderungen, die Wahl auf den gleichen Tag wie die Europawahl zu legen, nicht nach.
Von PRO

Bei der Abstimmung entscheidet die Bevölkerung der Hauptstadt darüber, ob an Berliner Schulen der Religionsunterricht als Wahlpflichtfach wieder eingeführt wird. 2006 hatte die Berliner SPD-Regierung entschieden, diesen durch das verpflichtende Fach Ethik zu ersetzen. Seitdem existiert der Religionsunterricht nur als freiwilliges Angebot am Nachmittag. Das will die Initiative „ProReli“ ändern und sammelte in den vergangenen Monaten über 260.000 Unterschriften von Berliner Bürgern, um einen Volksentscheid herbeizuführen – rund 90.000 mehr als notwendig.

ProReli-Unterstützer wollen am 7. Juni abstimmen

Nun soll der letzte Schritt folgen. Mindestens 610.000 Ja-Stimmen sind nötig, damit die Initiative ihr Ziel erreicht und das Land Berlin gezwungen ist, regulären Religionsunterricht erneut anzubieten. Vertreter von „ProReli“ hatten Wowereit im Vorfeld aufgefordert, den Termin für den Volksentscheid auf den 7. Juni zu legen, den Tag der Europawahl. Die Initiatoren begründeten ihre Forderung mit einem Verweis auf die 2006 von allen Parteien beschlossene Verfassungsänderung zu Volksentscheiden. Darin hatten sich die Parteien geeinigt, diese möglichst gleichzeitig mit anderen Wahlen stattfinden zu lassen. Begründung: Dies sei kostenschonend, bürgerfreundlicher und verspreche eine höhere Wahlbeteiligung.

Eigentlich sieht die Verfassung einen Termin in den ersten vier Monaten vor, nachdem die Stimmen gesammelt worden sind. Bekanntgegeben wurde das Ergebnis offiziell am 9. Februar im Berliner Amtsblatt – dann wäre Anfang Mai die letzte Möglichkeit zur Durchführung gegeben. Auf diese Frist berief sich Wowereit bei der Ansetzung des Termins. Allerdings sind Ausnahmen vorgesehen. In Artikel 62 heißt es: „Die Frist kann auf bis zu acht Monate verlängert werden, wenn dadurch der Volksentscheid gemeinsam mit Wahlen oder mit anderen Volksentscheiden durchgeführt werden kann.“

„Der Partylöwe wird zum Angsthasen“

Wowereit hielt sich nicht an die Vorgabe und teilte gestern mit, schon im April über den Volksentscheid abstimmen zu lassen. Er begründete seine Entscheidung laut „Berliner Morgenpost“ damit, dass die Frage nach Ethik oder Religionsunterricht „eine wichtige bildungs- und integrationspolitische Entscheidung“ sei, die „so schnell wie möglich“ getroffen werden solle. Kritiker werfen ihm vor, dass er den Erfolg von „ProReli“ auf diesem Weg verhindern wolle. Der Fraktionschef der Berliner Grünen, Volker Ratzmann, nannte Wowereits Vorgehen ein „durchsichtiges taktisches Manöver“. Denn hätte die Volksabstimmung am 7. Juni, also parallel zur Europawahl stattgefunden, wären ohnehin viele Bürger an die Urnen gekommen – wie viele von ihnen den Weg nur für den Volksentscheid antreten werden, ist zumindest fraglich.

Andere stimmten in die Kritik ein. Der Berliner FDP-Fraktionschef Martin Lindner verwies auf die Mehrkosten, die durch den eigenständigen Termin entstehen. „Es gibt keinen Grund, die Abstimmung vorzuziehen und so um 1,4 Millionen Euro zu verteuern“, sagte der Berliner FDP-Fraktionschef Martin Lindner laut dem „Tagesspiegel“. Zustimmung erhielt er von Alexander Kraus, Vorsitzender vom Bund der Steuerzahler. „Es geht nicht an, dass sich der Senat aus parteitaktischen Erwägungen über Recht und Gesetz hinwegsetzt und den Steuerzahlern vermeidbare Mehrkosten aufbrummt“, sagte der laut „Berliner Morgenpost“. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla warf Wowereit vor, er kneife vor den Berlinern. „Der Partylöwe wird zum Angsthasen“.

Die Vertreter von „ProReli“ geben sich trotz der Entscheidung zuversichtlich. Gegenüber pro sagte Julia Sebastian, Pressesprecherin der Initiative: „Uns wäre der 7. Juni natürlich lieber gewesen, aber wir akzeptieren die Entscheidung.“ Und weiter: „Die Zustimmung in der Bevölkerung ist da. Wir gehen davon aus, dass wir auch am 26. April gute Chancen haben werden.“ (PRO)

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