Trotz Altersbeschränkung: Schon Sechsjährige sind bei Tiktok und Instagram

Obwohl Social Media erst ab 13 Jahren ist, umgehen viele Kinder die Altersbeschränkungen, zeigt die KIM-Studie. Ab zehn Jahren ist schon die Hälfte der Kinder bei Tiktok. Die Forscher fordern Eltern zum Handeln auf.
Von Swanhild Brenneke
Drei Kinder sitzend auf einem Sofa, schauen auf Handy und iPad

Schon Grundschulkinder haben Accounts bei Instagram und Tiktok. Das zeigt die Studie „Kinder, Internet, Medien“ (KIM), die der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest (mpfs) alle zwei Jahre durchführt. Besonders die Nutzungszahlen im Bereich Social Media seien besorgniserregend, sagen die Studienmacher. Denn eigentlich gibt es bei allen großen Social-Media-Anbietern Altersbeschränkungen. Sie sind erst ab 13 Jahren zugelassen. Das Mindestalter sei aber leicht zu umgehen oder zu ignorieren, so die Studie.

Deshalb beträgt der Anteil der Sechs- bis Siebenjährigen, die Tiktok nutzen, zehn Prozent. Acht Prozent sind schon bei Instagram aktiv, sieben Prozent bei Snapchat und fünf Prozent bei Facebook. Bei den Acht- bis Neunjährigen sind 17 Prozent bei Tiktok, fünf Prozent bei Instagram, vier Prozent bei Snapchat und sechs Prozent Facebook.

Ab zehn Jahren legt die Nutzung sozialer Medien dann nochmal deutlich zu: Fast die Hälfte der Zehn- bis Elfjährigen (46 Prozent) hat einen Tiktok-Account, 26 Prozent sind aktiv bei Instagram unterwegs, 22 Prozent bei Snapchat und 18 bei Prozent Facebook. Ab zwölf Jahren ist Social-Media-Nutzung dann für einen Großteil der Kinder ganz normal – obwohl das Mindestalter erst ein Jahr später erreicht wird. 71 Prozent der Zwölf- bis 13-Jährigen sind bei Tiktok, 46 Prozent bei Instagram, 40 Prozent bei Snapchat und 27 Prozent Facebook.

Den Macher der Studie bereitet diese Enwicklung Sorgen. „Kinder bewegen sich oft allein im Netz und sind dabei erheblichen Gefahren ausgesetzt“, sagt Marc Jan Eumann, Direktor der Medienanstalt Rheinland-Pfalz. Die großen Plattformen würden ihrer Verantwortung nicht gerecht, „denn eigentlich ist der Zugang zu TikTok, Instagram und Co erst ab 13 Jahren erlaubt – doch Alterskontrollen sind Fehlanzeige“. 

Beliebtester Kommunikationskanal: Whatsapp

Eltern sollten deshalb mehr auf das Nutzungsverhalten ihrer Kinder achten, empfehlen die Forscher. Die Studie zeigt dennoch: 43 Prozent der Eltern stellen eine Obergrenze für die Bildschirmzeit am Smartphone ihrer Kinder ein. 39 Prozent überprüfen die Nutzungsdauer und etwa ein Viertel bespricht die Bildschirmzeit gemeinsam mit ihren Kindern. Aber 55 Prozent verzichten vollständig auf technische oder begleitende Maßnahmen zur Steuerung der Nutzungszeit. 

Generell ist Whatsapp der beliebteste Dienst auf dem Smartphone aller Kinder. 73 Prozent der Sechs- bis 13-jährigen Internetnutzer sind dort mindestens einmal pro Woche aktiv. Das ist mehr als bei der letzten KIM-Studie vor zwei Jahren, als es noch 67 Prozent waren. Auf Platz zwei der Beliebtheitsskala folgt Tiktok mit 42 Prozent. Auch hier waren es vor zwei Jahren weniger, nämlich 37 Prozent. Fast gleich geblieben ist die Beliebtheit von Instagram (25 Prozent) und Snapchat (21 Prozent) auf den Plätzen drei und vier. Facebook ist bei jungen Menschen immer weniger beliebt. Nur noch 17 Prozent der Befragten nutzen die Plattform.

Generell sind junge Kinder immer mehr online. 40 Prozent der Acht- bis Neunjährigen sind täglich online. Vor zwei Jahren waren es nur knapp die Hälfte, nämlich 23 Prozent. Unter allen Kindern im Alter von sechs bis 13 Jahren sind etwas mehr als die Hälfte täglich online (54 Prozent).

Netlix am beliebtesten für Serien und Videos

Fast die Hälfte der Kinder hat zudem ein eigenes Smartphone (46 Prozent). In vielen Schulen ist die Handynutzung aber streng geregelt: 63 Prozent der Schüler dürfen es nur in den Pausen verwenden und 22 Prozent gar nicht. Nur drei Prozent gaben an, dass sie das Handy in der Schule jederzeit nutzen dürfen.

Eine weitere Veränderung zu den vergangenen Studien: Netflix als Streaminganbieter liegt jetzt auf Platz eins der beliebtesten Plattformen für Filme, Serien und andere Videos, nämlich mit 21 Prozent. Vor zwei Jahren haben nur vier Prozent der Kinder Netflix als Lieblingsplattform genannt. Der öffentlich-rechtliche Sender Kika liegt aktuell mit 14 Prozent an zweiter und Youtube mit elf Prozent an dritter Stelle auf der Beliebheitsskala. Schaut man auf die wöchentliche Nutzung, ist Kika aber weiterhin das am meisten genutzte Angebot.

Zu Youtube merken die Forscher an: Die Plattform könne für Kinder gefährlich werden, wenn sie diese uneingeschränkt und ohne Kontrolle nutzen können. Bei Youtube ständen altersgerechte und nicht altersgerechte Inhalte direkt nebeneinander und seien für Kinder oft nicht unterscheidbar.

Auch wenn die junge Generation sehr viel online und bei sozialen Medien unterwegs ist, ist für viele Kinder der persönliche Kontakt zu ihren Altersgenossen immer noch am wichtigsten. Fast die Hälfte (48 Prozent) gibt an, sich jeden oder fast jeden Tag von Angesicht zu Angesicht zu treffen, 96 Prozent der Kinder treffen sich zumindest einmal pro Woche.

An zweiter Stelle folgt dann der tägliche Kontakt über Nachrichten, Bilder und Videos, zum Beispiel per Whatsapp. Jedes dritte Kind kommuniziert so fast täglich im Freundeskreis. Jedes vierte Kind versendet täglich Sprachnachrichten, um sich mit Freundinnen und Freunden auszutauschen, etwa jedes fünfte Kind telefoniert täglich. Zwölf Prozent nutzen für den Kontakt im Freundeskreis die Option der Videochat.

Für die KIM-Studie 2024 wurden rund 1.200 Kinder und deren Haupterzieher im Zeitraum vom 18. September bis zum 7. November 2024 zu ihrem Mediennutzungsverhalten befragt. Die repräsentative Studienreihe wird seit 1999 vom Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest (mpfs) durchgeführt und bildet das Medienverhalten der Sechs- bis 13-Jährigen in Deutschland ab.

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