Top und Flop: „Narnia“ schlägt UFO-Suche

Wahrscheinlich hat er es nur gut gemeint. Der Samstagabend sollte wohl ein unterhaltsamer Fernsehabend für die ganze Familie werden, Gänsehaut beim Gedanken an bevorstehende Botschaften von Außerirdischen inklusive. Was Uri Geller bekam, war die wohl schlechteste Fernsehkritik landauf landab, die seit langem über eine Sendung ausgeschüttet wurde.
Von PRO

Uri Gellers Live-Show „Uri Geller – Ufos & Experimente“ und die anschließende Alien-Show mit Rocksängerin Nina Hagen auf ProSieben haben etwas erreicht, was selten passiert: in Zeitungen, auf Internetportalen und in Weblogs lassen sich die Menschen derzeit ohne Ausnahme dermaßen negativ über die am Samstag ausgestrahlten Sendungen aus, dass viele bereits hoffen, man werde den britisch-israelischen „Mentalisten“ als Folge nicht mehr so bald auf dem Bildschirm sehen.

Froh zeigten sich die meisten Kritiker über die sagenhaft schlechte Einschaltquote, die ProSieben am nächsten Tag registrieren musste, denn die zeige, dass intelligentes Leben vor allem auf der Erde hinter den Fernsehapparaten zu finden sei. 1,40 Millionen Zuschauer sahen die Sendung. Das bedeutete ein Marktanteil von 4,8 Prozent – gerade für ProSieben grenzt das an ein Desaster. Was sahen die Menschen stattdessen? Sat1 zeigte zeitgleich den ersten Film der „Chroniken von Narnia“ des christlichen Autors C.S. Lewis. Der Film „König von Narnia“ fesselte 3,25 Millionen Zuschauer. Marktanteil: 27,6 Prozent. Im Vergleich zu Uri Gellers Alien-Show wirkte das Fantasy-Epos mit biblischer Botschaft „wie eine realistische Dokumentation“, schreibt der Medien-Blogger und F.A.Z.-Autor Stefan Niggemeier.

„Größte Unverschämtheit dieses Jahres“

Einig sind sich die Kritiker in Bezug auf die UFO-Suche vor allem in einem Punkt: die Sendung war nicht nur einfach schlecht. Sie war eine Unverschämtheit.

Das Medienmagazin „DWDL.de“ kommentierte die schlechten Einschaltquoten mit den Worten: „Die Macht der Vernunft hat gesiegt“. Chefredakteur Thomas Lückerath schrieb über die „größte Unverschämtheit, die ProSieben und Constantin Entertainment dem deutschen Publikum in diesem Jahr vorgesetzt haben“: „Es braucht also keinen Reich-Ranicki um Qualität im deutschen Fernsehen zu fordern: Der Zuschauer nutzt die Macht seiner Fernbedienung.“ Dieses „Machwerk“ hinterlasse allerdings „bleibendere Spuren als eine schlechte Einschaltquote. Es wirft die Frage auf, was man bei ProSieben und Constantin Entertainment unter Qualität versteht.“

Zudem habe man „Galileo“-Moderator Daniel Aminati „in diesem pseudo-wissenschaftlichen Umfeld“ seine Glaubwürdigkeit demontieren lassen. „Aminati stand während der Sendung – so hieß es zumindest – in einem Kontrollraum des wiederum tatsächlich existierenden Radio-Teleskop nahe der Stadt Evpatoria in der Ukraine – und durfte immer wieder betonen, wie spannend und unheimlich alles sei. Extra eingespielte Ton- und Bildprobleme legten allerdings beinahe den Verdacht nahe, dass sich Aminati mit ein paar schlechten, Wissenschaftler darstellenden Schauspielern im Nachbarstudio aufhielt. Als wissenschaftlicher Kooperationspartner von ProSieben sollte man die Ernsthaftigkeit eines Formats wie ‚Galileo‘ und ihres Moderators vielleicht künftig zumindest leise anzweifeln.“ Gleiches gelte für Nachrichten-Moderatorin Verena Wriedt, die assistierte. „Man mag es kaum glauben: Die Frau hat studiert und machte den Hokus-Pokus dennoch ohne ein erkennbares Augenzwinkern mit.“

„TV-Unterhaltung unter Normal-Null“

Auch „Spiegel Online“ schöpfte bei den gewollt schlechten „Außenaufnahmen“ Verdacht: „Aminati kann genauso gut in Castrop-Rauxel gestanden und ein paar blasse Schauspieler engagiert haben, die für ihn Russisch sprechen – ProSieben war an diesem Abend ja auch sonst nichts zu blöd, um sein Publikum hinters Licht zu führen.“ Das Magazin konstatierte eine „ganz neue Dimensionen des Blöd-TV“. Das Rauschen, das die Zuschauer aus dem All zu hören bekamen, habe eindeutig einen guten Tipp enthalten: „Schaltet endlich die Glotze ab!“

Für „Welt.de“ stand fest: „Der Etikettenschwindel, den sich ProSieben gestern mit Uri Geller erlaubte, senkte die Messlatte für TV-Unterhaltung am Samstagabend spürbar unter Normal-Null.“ Weiter heißt es in der Zeitung: „Unglaublich, aber wahr: Für ein so genanntes TV-Experiment überließen die Aliens aus der Chefetage (von ProSiebenSat.1 Media AG, d.A.) das Ruder einem Mann, der dafür bekannt ist, dass er seine Zuschauer für dumm verkauft.“

Nach dem Pseudo-Experten Erich von Däniken, dem Zauberkünstler Vincent Raven und dem Astronauten Ed Mitchell, der die angeblichen „Beweise“ für die Existenz von Außerirdischen leider nicht nannte, war laut „Welt.de“ der „Höhepunkt der Show“ der Auftritt eines Mannes , der angeblich über einen direkten Draht zu Aliens verfügt. „Schließlich, behauptete er, hätten sie ihm zur besseren Überwachung Implantate eingesetzt, im Nacken und im Ohr. Soso.“ Zusammenfassend schreibt die Kritikerin Antje Hildebrandt unter der Überschrift „Kein Schwein ruft an bei der sinnfreien Aliensause“: „Es scheint doch noch intelligentes Leben in diesem Universum zu geben, gerüchteweise sogar auf der Erde. Bloß bei ProSieben wird man es wohl nicht mehr finden.“

Selbst UFO-Gläubige waren enttäuscht

Sogar der deutsche Ufo-Experte Werner Walter habe die Show nur mithilfe von Alkohol ertragen, schreibt „Welt.de“. Die Show vom Samstagabend halte der Begründer einer UFO-Meldestelle in Mannheim jedenfalls für „verschwendete Lebenszeit“. Er bewertet die Sendung als einen „Alien-Gammelfleisch-Skandal der abgeschwirrten Art“. Auch die Resonanz der Zuschauer in einem von ProSieben eingerichteten Chat sei entsprechend gewesen: „Nur Hohn und Spott!“, so Walter.

Selbst unter den Fans von Außerirdischen habe es nur „vernichtende Reaktionen“ auf Gellers UFO-Suche gegeben. „Welt.de“ berichtet, in dem eingerichteten ProSieben-Forum fielen immer wieder Stichworte wie „Scharlatan“, „Volksverdummung“ und „kranke Medienwelt“. So meinte der User „gloop75“ beispielsweise: „Man sollte und muss diesen Menschen anklagen. Er ist maßgeblich daran beteiligt, Menschen in die Irre zu leiten, Eindrücke zu erwecken, Menschen mit Lügen zu manipulieren … Zeigt diesen Spinner an.“ Empört zeigte sich auch User „Orbitalkreisel“: „Uri Geller ist ein geschäftstüchtiger Blender, der mit der Dummheit der Menschen einen Haufen Geld verdient.“ Irgendwann war selbst Nina Hagen das Spektakel zu viel. „Ich denke, der Mensch sollte sich nicht um den Finger wickeln lassen“, zweifelte sie mit säuerlicher Miene und bekam Spontanapplaus aus dem Publikum.

„Stern“-Autor Mark Stöhr schrieb unter der Überschrift „Die Unterirdischen sind zurück“ über eine „Quatschparade der Mentalisten und Magier“. „Es gibt sie die Unterirdischen, wir haben sie gesehen. Gestern Abend auf ProSieben feierten sie fast drei Stunden lang eine Messe ihres Halbwissens.“ Der Journalist fasst zusammen: „Was für ein sagenhafter Quatsch.“

Das Internetportal „Zoomer.de“ überschrieb einen Kommentar zur Sendung mit den Worten: „Mehr Zuschauer-Verarsche geht nicht„. David Harnasch merkte an, ProSieben habe mit der Sendung an Zuschauerverachtung alles getoppt, was er jemals gesehen habe. Am Schluss merkt er noch in Bezug auf Uri Geller bissig an: „Während Israel und die Schweiz sehr erfolgreich darin sind, die klügsten Köpfe der Welt zur Einwanderung zu bewegen, entsorgen sie gleichzeitig Menschen, mit denen man es in diesen kleinen Ländern nun wirklich nicht aushalten mag, nach Deutschland. Und dort landen sie umgehend vor einer ProSieben-Kamera. Danke.“ (PRO)

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