Todesdrohung wegen Rap

Mit der Freiheit der Meinungsäußerung ist es im Iran nicht weit her. Weil ein in Köln lebender iranischer Rapper ein Lied über einen vor 1.000 Jahren verstorbenen Imam geschrieben und sich bei Facebook über ihn lustig gemacht hat, wird er aus dem Iran mit dem Tode bedroht.
Von PRO

Am 7. Mai veröffentlichte der 31-jährige Rapper Shahin Najafi das Lied "Imam Naghi". Darin ruft er einerseits ironisch zu einer Wiederkehr des Imam auf und macht andererseits zahlreiche sexuelle Anspielungen. Allerdings starb der Imam Naghi bereits vor über 1.100 Jahren. Er war der zehnte Imam und angeblich ein direkter Nachfahre des Propheten Mohammed. Auf dem Cover zur neuesten CD Najafis ist eine Zeichnung, die eine runde Moscheekuppel darstellt, die gleichzeitig eine weibliche Brust ist. Auf deren Spitze steht eine Fahne in Regenbogenfarben – dem Symbol für die Homosexuellenbewegung.

Auf Facebook stellte Najafi zudem eine Webseite ins Netz, auf der er ironisch Werbung für den Imam macht. Der in Köln lebende Rapper floh vor sieben Jahren aus Angst vor Verhaftung aus dem Iran. Seine Lieder wurden verboten. Wie "tagesschau.de" berichtet, werden seine Songs auf dem Schwarzmarkt gekauft oder im Internet heruntergeladen. Für viele ist Najafi ein "iranischer Eminem".

Najafi studierte im Iran Soziologie, machte jedoch keinen Abschluss. In seinen Liedern protestiert er unter anderem gegen die Unterdrückung von Frauen, wie etwa im Lied "We Are Not Men". Den Song "Neda" widmete er jener jungen Frau, die am Rande einer Demonstration gegen das Regime im Iran getötet wurde, und damit zum Symbol der "grünen Bewegung" wurde, die sich gegen Wahlfälschung im Jahr 2009 formierte.

Über seinen Song "Naghi" sagte Najafi gegenüber der "Bild"-Zeitung: "Er ist eine ironische Anlehnung an eine Facebook-Gruppe, die den 10. Imam Naghi aus seiner Vergessenheit reißen wollte. Im Text flehe ich ihn an, er möge uns von den katastrophalen Missständen, von Korruption, Schönheitswahn und Unterdrückung im Iran befreien."

100.000 US-Dollar auf Ermordung ausgesetzt

Die iranischen Revolutionsgarden finden den Song "Imam Naghi" nicht witzig: Der 92-jährige iranische Großajatollah Ali Safi Golpayegani nannte das Lied eine Gotteslästerung und sprach ein Todesurteil über Najafi aus. Er setzte auf der Website "Shia-Online" eine Summe von 100.000 US-Dollar auf die Ermordung Shahin Najafis aus.

Der Kölner ist laut einem Bericht des "Spiegel" aus seiner Wohnung geflohen und lebt nun seit einigen Tagen unter Polizeischutz an einem geheimen Ort. Seine geplante Europa-Tournee sagte er ab. "Das ist eine Katastrophe. Ich bin nicht Salman Rushdie, der kann auch zu Hause schreiben", sagte Najafi der "Bild am Sonntag". Er sei Künstler und müsse auf die Bühne. Der britische Autor Salman Rushdie musste 1989 untertauchen, weil der damalige iranische Großajatollah Khomeini gegen ihn ebenfalls ein Todesurteil ausgesprochen hatte. Der gebürtige Inder hatte in seinem Buch "Die Satanischen Verse" das Leben Mohammeds mit einer fiktiven Geschichte verwoben. Rushdie stand für mehr als zwölf Jahre unter Polizeischutz.

Wie der "Spiegel" berichtet, stellte Najafi Strafanzeige gegen den iranischen Geistlichen wegen Aufrufs zum Mord. Er räumte ein, die Situation anfangs falsch eingeschätzt zu haben: "Ich konnte es nicht glauben. Erst als ich im Internet das Kopfgeld sah, die 100.000 Dollar, die auf mich ausgesetzt worden sind, verstand ich wirklich, das ist jetzt Ernst." Das nordrhein-westfälische Innenministerium stufe die Lage für Najafi als "sehr ernst" ein, so das Magazin. (pro)

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