Tod statt Heilung: Starben Gläubige, weil sie auf Medikamente verzichteten?

"Drei AIDS-Kranke starben, weil eine Kirche ihnen Gebet empfahl." Das berichtete der britische Sender BBC am Dienstag auf seiner Webseite. Die Meldung, dass evangelikale Prediger HIV-Infizierten von der Einnahme von Medikamenten abgeraten hätten, brachte auch "Welt online". Die Londoner Christen dementieren dies.
Von PRO
Mindestens drei Frauen seien in London gestorben, weil sie an der HIV-Infektion erkrankt waren, aber auf Medikamente verzichteten. Sie seien dem Rat eines "evangelikalen Pastors" gefolgt und hätten stattdessen auf eine Heilung durch Gott gehofft. Das sagten Freunde der drei Verstorbenen sowie ein Arzt, so die BBC.

Wie der britische Sender weiter berichtet, habe Norman Fowler, der zwischen 1981 und 1987 Minister für Gesundheit und Soziale Sicherheit war, die Praxis verurteilt. Fowler saß dem HIV-Gremium des britischen Oberhauses im vergangenen Monat vor. Lord Fowler hält es für "unverantwortlich" von Pastoren, wenn sie nicht genauer hinsähen und einen "völlig falschen Rat" an die Öffentlichkeit gäben.

Die 48-Jährige Jane Iwu aus Ost-London sagte gegenüber der BBC: "Ich weiß von einer Freundin, die zu einer Pastorin gegangen ist. Die sagte ihr, sie solle ihr Medikament absetzen, Gott sei ein Arzt, und er habe sie geheilt. Sie glaubte ihr und nahm ihre Medikamente nicht mehr. Dann starb sie." Der britische Sender sprach mit einer weiteren Frau aus Ost-London, die von einer Frau berichtete, die gestorben sei, nachdem sie dem Rat der Geistlichen gefolgt war.

Auch Jane Anderson, Leiterin des "Centre for the Study of Sexual Health and HIV" in Ost-London teilte mit, ihr sei ein derartiger Fall schon begegnet. "Das ist gefährlich für die allgemeine Gesundheit", so Anderson. "Uns begegnen häufig Patienten, die glauben, man müsse nur regelmäßig beten, dann würden sie von der HIV-Infektion geheilt. Manche Leute entscheiden sich, ihre Tabletten nicht mehr zu nehmen, manchmal sterben sie."

Das "African Health Policy Network", das afrikanisch-stämmigen Einwohnern Großbritanniens bei der britischen Gesundheitspolitik hilft, bestätigt, dass es viele solcher Fälle in Afrika gebe. Wie die Organisation gegenüber der BBC mitteilte, vermute sie, dass die Kirche namens "Synagogue Church Of All Nations" (SCOAN) derartige Empfehlungen ausspreche. Die Kirche hat einen Ableger in Southwark im Süden Londons. Die Gemeindeleiter hätten sich gegenüber der BBC als evangelikale Christen beschrieben.

"Wir raten niemandem zum Verzicht auf Medikamente"

Leiter der Kirche ist Pastor T. B. Joshua. In seinen Gottesdiensten wurden Menschen von Krankheiten geheilt, Joshua kann nach Berichten vieler Gläubiger zudem prophetisch über Menschen reden. Temitope Balogun Joshua, wie er mit vollem Namen heißt, wurde 1963 in Nigeria geboren.

Die Webseite der Kirche berichtet von Menschen, die bei Gebeten von Krankheiten geheilt wurden. Videos beschreiben, welche Krankheiten sie hatten und wie es ihnen nach der Heilung erging.

Die 44-jährige Frau Mary Buhari aus London sagte gegenüber der BBC, sie habe am Telefon mit Vertretern der Gemeinde gesprochen. Darin habe man ihr auch gesagt, dass sie vom HIV geheilt werden könne. Als die BBC daraufhin bei der Gemeinde anfragte, ob sie glaubten, auch AIDS könne in ihrer Gemeinde geheilt werden, antworteten die Christen: "Wir sind nicht die Heiler. Gott ist der Heiler. Es gibt keine Krankheit, mit der Gott nicht fertigwerden könnte." Weiter sagten sie: "Wir bitten die Menschen nicht darum, die Medikamente nicht mehr zu nehmen. Es gibt Ärzte, die behandeln einen. Gott kann heilen." (pro)
http://www.bbc.co.uk/news/uk-england-london-14406818
http://scoan.org/media/healing/
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